Nein, das ist kein aktuelles Foto. In Köln herrschte komplettes Fotografierverbot

Nein, das ist kein aktuelles Foto. In Köln herrschte komplettes Fotografierverbot © My Bloody Valentine

Zweiundzwanzig Jahre nach ihrem letzten Deutschlandkonzert spielte die irisch-englische Shoegaze-Band My Bloody Valentine in der Kölner Live Music Hall ein begeisterndes Konzert. Der Auftritt wurde auch deshalb ihrem legendären Status gerecht, weil Kevin Shields seinem Ruf als Perfektionist vollauf gerecht wurde.

Um kaum eine Band ranken sich so viele Mythen und Legenden wie um My Bloody Valentine. Das erklärt sich durch die Tatsache, dass die Band um Kevin Shields nach der Veröffentlichung ihres Meisterwerks Loveless jahrelang komplett von der Bildfläche verschwand.

Anfang dieses Jahres erschien völlig überraschend ein neues Album von My Bloody Valentine mit dem Titel mbv. Es ist ein würdiger Nachfolger, obwohl es nicht die Klasse von Loveless besitzt. Die dazugehörige Tour führte sie auch nach Köln, wo sie bei tropischen Temperaturen in der gut gefüllten Live Music Hall ihr erstes Deutschlandkonzert seit einer halben Ewigkeit spielten.

Laut, aber nicht brutal laut

My Bloody Valentine-Konzerte haben sich den Ruf als extrem laute Veranstaltungen erworben. Das ist nicht unberechtigt, aber das Konzert in Köln besaß nichts von der brutalen, alles plattwalzenden Dynamik des Swans-Konzerts in Frankfurt, gegen das Ohrstöpsel nur unzureichend schützten.

My Bloody Valentine spielen sehr laut, aber dennoch differenziert. Die Instrumente bilden keinen Klangmatsch, sondern verschmelzen auf wunderbare Weise miteinander. So entsteht ein einnehmender Sog, der den Zuschauer völlig in den Bann schlägt. Man wird von diesem gewaltigen Klang regelrecht umschlugen, verschmilzt damit.

Vertrauter Sound, entfernte Stimmen

Es existiert ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen beiden Bands: Während die Alben der Swans mit ihrer Livemusik nicht viel gemein haben, gleichen sich Live-Erlebnis und Plattensound bei My Bloody Valentine weitgehend. 

Man erkennt die großen eingängigen Songs von Loveless mühelos wieder. Die Melodielinien von Soon oder When You Sleep besitzen auch im Konzert eine erfreuliche Präsenz und bieten Haltepunkte in einem Meer aus verzerrten Gitarren, Bass und Drums.

Der Gesang von Shields und Bilinda Butcher ist hingegen kaum zu vernehmen. Nur in manchen Momenten vermögen die Stimmen sich in einem Meer aus Instrumenten Gehör zu verschaffen. Es sind flüchtige Augenblicke in einem tosenden Orkan, der gerade deshalb auch eine faszinierende Ruhe und Schönheit ausstrahlt.

Ein Perfektionist

Das Konzert verdeutlicht auch, warum Kevin Shields als extremer Perfektionist gilt, der nichts veröffentlicht, das nicht zu 100% seinen Vorstellungen entspricht. Irgendetwas gibt es aus seiner Sicht immer zu kritisieren.

In Köln schüttelt er nach jedem zweiten Lied mit dem Kopf, spricht mit den Roadies, schreit sogar einmal die Techniker an. Wenn er zum Publikum spricht, wirkt er freundlich und etwas scheu. Aber es besteht kein Zweifel daran, dass er die Tour sofort abbrechen würde, wenn er den Eindruck hat, dass seine Musik nicht angemessen umgesetzt und wiedergegeben wird.

Gegen Ende des Konzerts lächelt Kevin Shields sogar einmal. Das zeigt: Der Auftritt kann mit dem minutenlangen Feedback-Gewitter von You Made Me Realise seinen würdigen Abschluss finden. My Bloody Valentine haben nichts von ihrer kreativen Kraft eingebüßt.

Da das Konzert in der Münchner Tonhalle abgesagt wurde, werden der Auftritt in Köln und beim Berlin Festival die einzigen in Deutschland bleiben. Vielleicht für lange Zeit. Man wird sich lange daran erinnern.

Setlist

I Only Said | When You Sleep | New You | You Never Should | Honey Power | Cigarette in Your Bed | Only Tomorrow | Come in Alone | Only Shallow | Thorn | Nothing Much to Lose | Who Sees You | To Here Knows When | Wonder 2 | Soon | Feed Me With Your Kiss | You Made Me Realise

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