Frank Zumbruch sorgte für die Schaffung eines Kreativwirtschaftzentrum in der Alten Feuerwache in Heidelberg.

Frank Zumbruch sorgte für die Schaffung eines Kreativwirtschaftzentrum in der Alten Feuerwache in Heidelberg. © Rothe

Zahlreiche Städte haben erkannt, dass die Kultur- und Kreativwirtschaft ein dynamischer, wachsender Wirtschaftszweig ist. Die Politik tut sich bisweilen mit dieser Erkenntnis noch schwer. Umso wichtiger ist es, die Ergebnisse am Beispiel des neuen Kultur- und Kreativwirtschaftszentrum Dezernat 16 in Heidelberg unter die Lupe zu nehmen.

Der Gemeinderat der Stadt Heidelberg setzte zunächst auf durch Vorsicht geprägten Elan: Die Mieter des Kultur- und Kreativwirtschaftszentrums, Dezernat 16, konnten zunächst nur auf Probe in die Emil-Maier Straße 16 einziehen. Erst nach der so genannten Beta-Phase wollte sich der Gemeinderat für eine Unterstützung und den Betrieb der alten Feuerwache entscheiden.

Die Wissenschaftlerin und der Praktiker

Nach anfänglichem Zögern wirkte der laute Knall, der den Startschuss begleitete, umso überraschender: Der Gemeinderat der Stadt Heidelberg entschied sich gegen die Gründungseele der alten Feuerwache, Frank Zumbruch. Eine hitzige Debatte entbrannte.

Mittlerweile hat Katharina Pelka ihre Arbeit als Ansprechpartnerin für Kultur- und Kreativwirtschaft der Stadt Heidelberg aufgenommen. Nicht zuletzt unterstützt durch den nicht zimperlichen Zumbruch. Ihr vermeintlicher Kontrahent arbeitete sie in die Gegebenheiten und Strukturen des Dezernats 16 ein und widmet sich in der ehemaligen Feuerwache an der Czyernybrücke mit altbewährtem Elan eigenen Projekten.

33 Mieter aus Kultur- und Kreativwirtschaft

Es wirkt ganz so, als sei Ruhe um das Dezernat 16 eingekehrt. Doch vermittelt diese Ruhe ein falsches Bild: Denn in der Emil-Maier Straße 16 bewegt sich einiges. Ein Blick nach drinnen lohnt sich durchaus. Die Mieter wie Onkel Lina, Pando Diferente, Fuchs&Otter, Grano Velo und viele viele mehr tun ihr bestes, um aus dem altgedienten Gebäude heraus festen Stand zu finden und zu wachsen.

Hier wird Kreatives geschaffen, werden neue Wege begannen, gequatscht, sich ausgetauscht und es ergeben sich auch hier und da mal Kooperationen und kleinere Projekte zwischen den Mieterparteien. Ein durchaus fruchtbares Projekt.

Motivierendes Zusammenleben

"Wenn man so sieht was andere hier so treiben, welche Ideen sie verfolgen und einfach wie sie arbeiten – das motiviert ungemein", meint Oskar Dammel, einer der drei Gründer von Onkel Lina. "Der Onkel", das sind neben Oskar Dammel noch Tobi Möller und Patrick Bischler, der auch unter dem Namen "Bischler" als begnadeter Singer-Songwriter aus Heidelberg auftritt.

Die drei Gründer waren bereits bei der Beta-Phase im Dezernat 16. Onkel Lina macht Booking, Video/Film- und Tonproduktion und organisiert auch mal einen Bingo Abend in der Leitstelle, dem Café/Bar und Wohnzimmer des Dezernats 16. Hier kann man auch mal bei Bier oder Fritz Cola die Katze an den Haken hängen, lässt sich in einen bequemen Sessel fallen und lauscht "Tipps für Wilhelm" aus Berlin. Das Konzert organisierten Onkel Lina.

Schneewittchen-Dasein trifft auf stoische Umtriebigkeit

Von Mieterseite ist zu hören, dass man noch ein bisschen mit dem Schneewittchen-Dasein der "Kreativen" in Heidelberg zu kämpfen habe. Die Stadt der Wissenschaft, Romantik und Medizin scheint sich noch nicht ausgiebig mit den Kultur- und Kreativschaffenden beschäftigen zu können. Veranstaltungen wie der Tag der offenen Tür, oder auch „Zünder für Gründer“ sind recht gut besucht, ebenso wie einige zahlreiche Konzerte und gestalterische Abende in der Leitstelle.

Dennoch wird das Dezernat 16 noch gar nicht als ein Kultur- und Kreativwirtschaftszentrum wahrgenommen. Allerdings fehlt es auch noch an einer einheitlichen Außendarstellung und auch der Haupteingang ist für Ungeübte etwas schwer zu finden. Die Liste der Mieter ist noch mit Klebestreifen am allgemeinen Briefkastenportal befestigt. Doch übereiltes Urteil lenkt in die falsche Richtung: Es gibt sicherlich viel zu tun, dennoch sind manche Schnittstellen erst seit einem halben Jahr besetzt und die vielen kleinen Baustellen des 1954 fertig erbauten Gebäudes zahlreich. Nicht vergessen werden darf auch, dass das Zentrum bisher ohne finanzielle Förderung auskommt.

Lest im zweiten Teil mehr zur Rolle des Dezernat 16 als produktives Netzwerk und der Bedeutung der Kreativwirtschaft für die Stadt Heidelberg.

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Das Dezernat 16 als produktives Netzwerk

"Ohne das Dezernat 16 würde ich zwar auch als Selbstständiger existieren, aber ich profitiere durchaus von den Kontakten hier vor Ort", weiß Benjamin Schnepp von Fuchs&Otter die gemeinsam genutzte Netzwerkstruktur zu schätzen. Es sei anders als in einem großen Bürogebäude, wo man kaum weiß, wer eigentlich der Nachbar ist.

Fuchs&Otter machen Editorial Design, Unternehmenskommunikation, Szenografie und Web Design und erstellen auch mal Ausstellungskataloge für Museen der Region. Das Konzept eines von der Stadt betriebenen Kultur- und Kreativwirtschaftszentrums scheint im Dezernat 16 aufzugehen. Auch wenn das allgemeine Interesse noch lahmt.

Jeder für sich und doch alle zusammen

Die Mieter aus allen verschiedenen Altersgruppen verstehen sich als Unternehmer. Sie kämpfen um Marktanteile und wollen weg vom stereotypen Bild des haltlos-kreativ schaffenden Chaoten. Bei aller Vielfalt der Mieter scheint das der gemeinsame Tenor zu sein.

Und so wird weiter produziert, Mode gemacht, ein Projekt gestartet. Hier arbeitet jeder für sich und doch alle zusammen an einem gemeinsamen starken Bild für die Kultur- und Kreativwirtschaftsszene in Heidelberg.

Hoffnung auf weitere Unterstützung der Stadt

Auch Katharina Pelka ist oft im Dezernat 16 zu sehen. Sie arbeitet ihre Aufgabe als Weichenstellerin aus. Berät vor Ort, arbeitet konzeptionell an einer fortlaufenden Etablierung eines sich entwickelnden Kultur- und Kreativwirtschaftslebens in Heidelberg.

Es ist zu hoffen, dass die Mieter sich weiter organisieren und etablieren. Und dass das Dezernat 16 als Zentrum, in dem Wirtschaft fernab von großen Konzernen geschieht und ganz ohne vordefinierte Strukturen funktioniert, auch nach den fünf Jahren bisheriger Planung vom Gemeinderat und den Bürgern der Stadt weiter getragen wird.

Zum Schluss noch mal draußen

Eine Studie der Universität Heidelberg, die von der Stadt in Auftrag gegeben wurde, zeigte bereits 2010, dass in diesem Sektor viel Potential schlummert: Heidelberg galt dort als wirtschaftsstärkste Stadt in der Kultur- und Kreativwirtschaft der Metropolregion.

Im Jahr 2011 generierten die Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft bereits 5,4 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Umsätze. Nach Auszug aus dem Unternehmensregister gab es 2011 bereits 850 Unternehmen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft – immerhin 11,7 Prozent aller Unternehmen in Heidelberg.

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