Muff Potter
Foto: Felix Gebhard

Muff Potter Foto: Felix Gebhard © Universal Music Group

Muff Potter sind schon lange im Musikgeschäft dabei, genauer gesagt seit 1993. Dieses Jahr gibt es also etwas Großes zu feiern, nämlich das 15-jährige Bandbestehen. Deshalb ist die Band derzeit auf ihrer Geburtstagstour und machte vor wenigen Tagen auch im Berliner Lido Station. "Wenn das Konzert scheiße war, dann ist der ganze Tag gelaufen, denn wegen dem Konzert sind wir doch hier" - diese Bandphilosphie hatten sie uns schon in einem Interview verraten. Happy Birthday?

{image}Muff Potter sind eine deutschsprachige Punkrock-Band aus Rheine und Münster, die sich nach dem unschuldig des Mordes angeklagten Sargtischler aus Mark Twains Roman "Die Abenteuer des Tom Sawyer" benannt hat. Gleichzeitig mit der Bandgründung 1993, gründeten sie auch ihr eigenes Label namens "Hucks Plattenkiste". Bis heute veröffentlichen sie dort ihre Alben, auch wenn – seit dem Album Von Wegen im Jahr 2005 – ihre Musik von Universal vermarktet wird. 15 Jahre gibt es die Band nun schon, eine lange Zeit. Muff Potter verbrachte diese vornehmlich mit dem Spielen von Konzerten. Hiermit finanzierten sie sich anfangs auch ihr Leben. Doch der große Erfolg blieb trotz Supporttouren für die Ärzte und Queens of the Stone Age aus, sodass die Musiker heute nun auch noch andere Nebenverdienste besitzen. So arbeitet der Gitarrist Dennis Scheider als Produzent und Komponist für Theater, Film und Fernsehen. Der Schlagzeuger Thorsten Brameier probiert sich als Schauspieler und Sänger Thorsten Nagelschmidt singt zusätzlich solo unter dem Bandnamen Freunde der Nacht/Ruhe.

Nichtsdestotrotz sind das jedoch keine Gründe, warum sie ihren 15. Geburtstag nicht mit einer Geburtstagstour ausgiebig feiern sollten. Und so begannen sie an diesem Abend im Berliner Club Lido unter dem Motto "Weisheit und Demenz" ihre kleine Fünf-Städte-Tour. Dabei hatten sie vieles angekündigt: Die Vorband Herrenmagazin, einen Film sowie illustre Gäste. Man konnte also gespannt sein, doch man wurde dann schlussendlich eher enttäuscht.

{image}Die Band Herrenmagazin wirkt mit ihrem Indiepop/Rock zwar anfangs noch ganz nett. Besonders wie sich der Sänger trotz angeschlagener Stimme verausgabt, bringt ihm Sympathien ein. Später singt er auch als Gastmusiker auf der Bühne mit Muff Potter, zusammen mit zwei weiteren Gästen von den Bands Home Of The Lame und Ghost Of Tom Joad. Was allerdings das sogenannte "Kino" mit dem von der Band produzierten Kurzfilm "Weisheit und Demenz" werden soll, wird dem Autor ein Rätsel bleiben. Sollte dieser Film lustig sein, ist das Klamauk oder sind das nur nachpubertäre Auswüchse einer heute erwachsenen Band? Es ist nichts von diesen Möglichkeiten. Der Film hätte nicht "Weisheit und Demenz" lauten sollen, sondern lieber schlicht "Demenz". Denn ist das wirklich so lustig, wenn ein Roboter irgendwelche Knirsch-Geräusche von sich gibt? Soll es lustig sein, wenn ein Jogger sich dauernd an verschiedenen Orten übergibt oder jemand, in Frauenkleidern verkleidet, durch die Gegend torkelt? Der Band Muff Potter ist der Film im Nachhinein wohl auch eher peinlich. Zumindest beteuern und entschuldigen sie sich mehrmals für den ihrer Meinung "schlechtesten Film aller Zeiten". Jedoch war das noch nicht mal ein Film, es war purer Trash. Grausamer Trash dazu. Das Publikum lacht trotzdem. Unverständlich für den Autor.

{image}Kurz danach kommen Muff Potter dann auf die Bühne, zum Glück als Band und nicht als irgendwelche Filmfiguren. Hier spielen sie sich nun über knapp 105 Minuten durch 15 Jahre Bandgeschichte. Musikalisch ist der Auftritt solide, wirklich mitreißen kann er aber nicht. Einzig der Herrenmagazin-Sänger bringt durch seinen kurzen Gastauftritt etwas Schwung in die ansonsten auf der Bühne etwas versteift wirkende Band. Vielleicht will sich Sänger Nagelschmidt deshalb auch mit zwei Flaschen Rotwein auf der mit Nachttischlampen versehenen Bühne etwas auflockern.

Das junge Publikum beklatscht die Band. Nur mit dem Crowdsurfing klappt es nicht, reihenweise stürzen die jungen Surfer-Lehrlinge ab. Sänger Nagelschmidt meint dazu zynisch: "Eigentlich habe ich gedacht, dass ich noch nie so schlechte Crowdsurfer wie letztens beim Blackmail-Konzert gesehen habe" (-> unser Konzert-Review: hier). Das kann er nicht ganz ernst meinen, wurde dort doch sehr erfolgreich gecrowdsurft. Auch sonst spürt man an diesem Abend des Sängers Lust, sich mit sarkastischen Bemerkungen Feinde zu machen. Dies kriegen vor allem der Musiksender MTV und die Biofleisch-Verbraucher zu spüren.

{image}Schließlich endet das Konzert nach gut 105 Minuten. Dabei hatte nur der Film dem Konzert eine kleinen Überraschungscoup beschert, allerdings einen eher im negativen Sinn. Eine Bilanz, die für eine Geburtstagsfeier eher enttäuscht. Sie hätten sich vielleicht einmal das Eels-Konzert vor drei Monaten in der Volksbühne Berlin anschauen sollen (-> unser Konzert-Review: hier). Denn diese Kultband hatte vor dem Konzert auch einen Film gezeigt, allerdings einen qualitativ wertvolleren und ernsteren Film. Vielleicht hätten sie sich hiervon inspirieren lassen sollen – oder vielleicht erst gar keinen Film drehen. Und vielleicht hätten sich Muff Potter dann auch mehr auf etwaige Überraschungen während der Show konzentriert. So blieben diese aus und so wirkte die Veranstaltung eher wie ein normales Konzert, anstatt einer Geburtstagsfeier. Schade eigentlich, "der ganze Tag gelaufen" also. Dabei können Geburtstagsfeiern doch so schön sein.

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