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Feist (live in Stuttgart, 2012) © Achim Casper

Mit ihrem aktuellen Album "Metals" trat Feist letztes Jahr exklusiv in Berlin auf, jetzt spielte sie hierzulande drei weitere Shows. Die kanadische Sängerin/Songwriterin präsentierte sich bei ihrem Konzert in der fast ausverkauften Frankfurter Jahrhunderthalle als unangepasste, selbstbestimmte Künstlerin mit klarer kreativer Vision. Ihr ebenso stilistisch vielfältiger wie abwechslungsreicher Auftritt wurde vom Publikum mit begeistertem Applaus bedacht.

Vielleicht wundert sich Leslie Feist an manchen Tagen, wie sie zum internationalen Star wurde. Ihre Musik kennt einnehmende Sanftheit ebenso wie das Wilde, Sperrige, Unzugängliche. Dennoch oder deshalb hat Feist im Verlauf ihrer Karriere 2,5 Millionen Alben verkauft hat und schafft es ohne große Mühe, die weitgehend unbestuhlte Frankfurter Jahrhunderthalle fast gänzlich zu füllen.

Für eine Künstlerin, die der kanadischen Indie-Szene entstammt, ist das eine beeindruckende Leistung. Ihre langjährigen Gefährten der Broken Social Scene bringen es höchstens auf einige hundert Zuschauer.

Neue Dimensionen

Dass Feist nicht daran interessiert ist, die bezaubernde, zierliche Sängerin zu spielen, ist gleich zu Beginn des Konzerts klar, als "A Commotion" von ihrem letztjährigen Album Metals mit seinem rockigen Klang die Halle durchströmt. Es deutet auch ein herausragendes Element des Konzerts an, nämlich die exzellente Percussion, die der Musik im Vergleich zu den Studioaufnahmen eine vollkommen neue Dimension hinzufügt.

Interessanterweise hat sie mit diesem rockigen Sound das Publikum sogleich auf ihrer Seite. Andere Lieder von "Metals" funktionieren weniger gut, beispielsweise "How Come You Never Go There", das außer Feists betörendem Gesang wenig zu bieten hat. Das ist ein grundsätzliches Problem aller Alben: Auf jedem gibt es Lieder, die nur schön klingen, aber als Song kaum Substanz besitzen.

Probleme mit Fotografen

Solche Schwächen gelingt es Feist aber durch ihren eigenwilligen Humor und die Einbeziehung des Publikums zu überwinden. Sie animiert die Zuschauer zum Mitsingen, spielt das "Woher kommt ihr?"-Spiel und lebt ihre Abneigung gegen Fotografen aus.

Nachdem sie das europäische Publikum dafür gelobt hat, dass nicht alle fotografieren und mitfilmen wie in Amerika, bittet sie einen Mann, der das Konzert aufzeichnet, ihr die Kamera auf die Bühne zu geben (so sieht es jedenfalls aus). Erst nach einer ganzen Weile erhält der Mann sein Spielzeug zurück. Die offiziellen Fotografen hat Feist schon damit gequält, dass sie sie in den hinterletzten Teil der Halle verbannt hat.

Herausragender Schluss

In der Mitte des Konzerts folgt ein Block der bekanntesten und besten Lieder von Feists zweitem Album "The Reminder": "I Feel It All" und "My Moon My Man" sind die Songs an diesem Abend, die am ehesten zu etwas wie Tanzbewegungen einladen, da sie melodische und rhythmische Klasse vereinen.

Dann erhält die a cappella-Gruppe Mountain Man die Gelegenheit, Bright Mountain Stars Are Rising a cappella vorzutragen. Feist-Fans sind über die Einbeziehung des Trios gespalten, aber es gibt Augenblicke während des Konzerts, in denen die vier Singstimmen sich geradezu wunderbar miteinander vereinen. Wer allerdings "Feist pur" bevorzugt, hat daran vermutlich wenig Freude.

Wirklich herausragend ist dann der Schluss des regulären Sets, das sich wiederum auf Songs von "Metals" stützt: "Comfort Me" sticht mit seiner pointierten Bissigkeit heraus, ebenso wie das sparsam instrumentierte "Caught A Long Wind" und das perkussiv außerordentlich vielfältige "Get It Wrong", "Get It Right". Unter den Zugaben ragt das soulige "The Limit To Your Love" ebenso heraus wie "Let It Die", das Titelstück ihres (sagen wir mal) ersten Albums.

Sperrige Persönlichkeit

Ganz zum Schluss spielt sie noch "Secret Heart", ein Lied ihres kanadischen Landmanns Ron Sexsmith, als Teil der zweiten Zugabe. Obwohl sie das Lied für ihr Debütalbum aufgenommen hat, vergisst sie den Text, bricht ab und entdeckt im Publikum wieder den Mann, der immer noch das Konzert aufzeichnet.

Sie bittet daraufhin einen anderen Zuschauer, ihm die Kamera abzunehmen, sucht dafür die Unterstützung des Publikums. Sie benötige einen Sündenbock für das verbockte Lied, erklärt sie, bevor sie die Performance fortsetzt. So sperrig wie ihre Musik ist, kann Feist auch als Person sein. Seien wir froh darum, denn es trägt dazu bei, ihre Musik in etwas Außergewöhnliches zu verwandeln.

Setlist

How Come You Never Go There| A Commotion| Graveyard| The Circle Married The Line| Mushaboom| Anti-Pioneer| So Sorry| The Bad In Each Other| My Moon My Man| I Feel It All| Sea Lion Woman| (Moutain Man: Bright Mountain Stars Are Rising)| Comfort Me| The Undiscovered First| Caught A Long Wind| Get It Wrong Get It Right

Zugabe: Limit To Your Love| Pine Moon| Let It Die || When I Was A Young Girl| Secret Heart| Intuition

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