Broken Social Scene

Broken Social Scene © City Slang

Das Konzert des kanadischen Indie-Rock-Kollektivs Broken Social Scene im Frankfurter Mousonturm steht im Zeichen ihrer Hinwendung zum Pop, was nicht alle Besucher erfreut. Der Vorgruppe Midlake gelingt es indessen nicht, in die Fußstapfen von Crosby, Stills, Nash and Young zu treten.

{image}Die Musik von Midlake ist stets gefällig, aber nur selten aufregend. Ihre vier Gitarristen (plus Drummer und Bassist) und der Harmoniegesang beschwören Erinnerungen an CSNY herauf, die nicht nur musikalisch, sondern auch stilistisch als Vorbild fungieren. Im Gegensatz zu CSNY können Midlake aber nicht auf den unerschöpflichen Fundus erstklassiger Songs von vier Songwritern zurückgreifen. Die Lieder vom neuen Alben The Courage Of Others verblassen neben den Klassikern des Vorgängeralbums The Trials Of Van Occupanther. Roscoe und vor allem das euphorische Head Home vermitteln einen Eindruck vom Potential der Band, das die übrigen Songs nur erahnen lassen.

{image}Broken Social Scene versammeln sogar eine achtköpfige Band auf der Bühne. Im Mittelpunkt steht der charismatische Sänger Kevin Drew, aber auch Brendan Canning, Lisa Lobsinger und Andrew Whiteman übernehmen Gesangsparts. Damit ist schon das erste Problem des Konzerts benannt: Kevin Drew ist der mit Abstand beste Sänger und die von ihm gesungenen Lieder, insbesondere der Auftakt mit World Sick, Stars And Sons, Texico Bitches, 7/4 Shoreline, Fired Eye’d Boy und Cause = Time sind die klaren Highlights des Konzerts. Andrew Whitemans bewältigt seinen Part bei Art House Director zufriedenstellend, während Brendan Canning allein Water In Hell überzeugend darbieten kann. Lisa Lobsinger zeigt sich hingegen mit ihren Leadvocals überfordert, so bei Anthems For A Seventeen Years Old Girls und besonders bei der zärtlichen Ballade All To All.

{image}Genauso problematisch wie die wechselhafte Qualität des Gesangs ist der Spagat zwischen Indie-Rocksongs und funkigem Indie-Pop, den Broken Social Scene an diesem Abend vollziehen. Selbstverständlich ist es auch eine Frage persönlicher Vorlieben, ob man den rockigen Sound der Anfangsjahre oder das poppige neue Album Forgiveness Rock Record bevorzugt, aber beide Stile lassen sich nur schlecht auf einen Nenner bringen. Die rockigen Songs überzeugen durch einen wunderbaren, nuancierten Gesamtsound, der nicht auf Lautstärke oder Wucht, sondern auf der feinen Abstimmung der Instrumente basiert. Im Gegensatz dazu verblasst die Mehrzahl der neueren, poppigeren Songs, die im Vergleich zu den Klassikern früherer Jahre alle etwas gewöhnlich und flach wirken, und zwar auch dann, wenn sie wie Texico Bitches Hitpotential besitzen. Broken Social Scene sind, so könnte man polemisch sagen, eine erstklassige Indie-Rockband, aber nur eine zweitklassige Indie-Popband.

Dass das zweistündige Konzert dennoch keineswegs schlechte Erinnerungen zurücklässt, liegt an dem glänzend aufgelegten Kevin Drew, der Klassiker wie 7/4 Shoreline oder Stars And Sons wunderbar engagiert und lebendig singt und durch seine Bühnenpräsenz besticht. Das Publikum ist jedenfalls begeistert und applaudiert trotz der schwülen Hitze im Mousonturm lange und ausgelassen, wenn auch nicht enthusiastisch.

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