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Rope (live beim Winteraward 2024 in Mannheim) © Daniel Nagel

Im 11. Jahr seines Bestehens zeigt der Winteraward, dass das Eintages-Underground-Festival mit der stets verlässlichen Bandauswahl zu punkten vermag, aber auch bereit ist, neue Wege zu gehen und mit Erfolg ein Genre zu featuren, dass bisher nie vertreten war: Jazz.

Es ist möglicherweise der kälteste Winteraward, aber ganz sicher der schneereichste. Dennoch findet schon zum Auftakt um 18 Uhr eine beachtliche Zahl von Musikfans ihren Weg zum Jugendkulturzentrum Forum, um die 11. Ausgabe des winterlichen Pendants zum sommerlichen Brückenaward mitzuerleben.

Von tanzbar zu düster

Den Auftakt macht Sori, der bei Backstage PRO ausgewählte Act. Der junge Mann präsentiert eine originelle Mischung aus tanzbaren elektronischen Sounds (hauptsächlich Jungle, aber er hat auch einen House-Track am Start) und Hip-Hop. Dafür erntet er reichlich Applaus.

Der nächste Act könnte nicht unterschiedlicher sein. Die Heidelberger Band Lyge hat düsteren Doom-Metal am Start, der mit ungeheurer Wucht daherkommt. Der gutturale Gesang von Sänger Johannes durchzieht das Forum, dazu gibt es eine mächtige Dröhnung von Schlagzeug und Bass und wabernde Gitarrensounds.

Schnörkellos und experimentell

Mit Hysterese haben die Organisatoren des Winterawards eine geradlinige, schnörkellose Punk-Rock-Band verpflichtet. Inzwischen ist die Menge im Forum nochmals stark gewachsen und feiert den energetischen Auftritt der Band aus Tübingen. 

Schließlich folgt das große Experiment des Abends: Die drei in Mannheim wohlbekannten Jazz-Musiker Erwin Ditzner (Schlagzeug), Matthias TC Debus (Bass) und Lömsch Lehmann (Sax & Klarinette) präsentieren ihr Programm "Die Motive des Richard W."

Welten treffen aufeinander

Da die drei fantastische Musiker sind, gelingt es ihnen, die Zuschauer auf ihre Seite zu ziehen. Gerade zu Beginn gibt es angesichts der sehr ruhigen und detailreichen Musik viele Störgeräusche aus dem Publikum. Aber das Trio lässt sich nicht aus der Ruhe bringen und steigert sich in ein ekstatisches Feuerwerk, das die Zuschauer immer mehr fasziniert.

Wer die Idee eines Jazz-Trios beim Winteraward für seltsam hielt, wird schnell eines besseren belehrt. Außerdem ergeben sich zwei interessante Effekte: Das musikalisch sehr offene Publikum des Winterawards wird mit hochklassigem Jazz konfrontiert und feiert ihn. Außerdem hat der Auftritt der Musiker einige ältere Jazzfans ins Forum gelockt, die sicher den Winteraward vorher nie besucht haben. Das Experiment glückt also in jeder Hinsicht. 

Psychedelischer Rock und Noise-Rock

In vertraute musikalische Bahnen kehrt der Winteraward mit der aus Pirmasens stammenden Band Zoahr zurück, die vornehmlich instrumentalen psychedelischen Rock mit jeder Menge Energie zelebriert. 

Zum Abschluss tritt die in Berlin ansässige Band Rope auf. Ihr aktuelles Album "Higher Violence" ist ein relativ melodisches Album, das mit seinen langsamen Tempi trotz der sich auftürmenden Gitarrenwände an Slowcore erinnert. Live ist die Musik wesentlich schneller und kommt mit sehr viel Druck daher, was sie aber nicht weniger einnehmend macht.

Damit geht kurz nach halb eins am frühen Sonntag ein sehr abwechslungsreicher, musikalisch hochklassiger Winteraward zu Ende, der beweist, dass das Konzept nach 11 Jahren immer noch frisch und vielseitig ist. Die 12. Ausgabe kann kommen.

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