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Red Hot Chili Peppers (live in Frankfurt, 2016) © Achim Casper

Mit ihrem aktuellen Album “The Getaway” im Gepäck befinden sich die Red Hot Chili Peppers momentan auf großer Flucht durch Europa. In der ausverkauften Frankfurter Festhalle sorgen die Alternative-Helden dabei für viel Euphorie beim Publikum.

Fans der Red Hot Chili Peppers konnten sich in diesem Jahr freuen. Im Juni erschien nicht nur das von Danger Mouse produzierte neue Album “The Getaway“, sondern die vier Kalifornier verzückten trotz miserablen Wetters auch die Festivalbesucher bei Rock am Ring und Rock im Park.

Mit ihrer erfolgreichen Scheibe im Reisegepäck macht die Band gerade Europa unsicher und freut sich über ausverkaufte Häuser. Eins davon ist die bis zum Bersten gefüllte Frankfurter Festhalle.

So wird ein Schuh, äh, Huf draus

Hat man erst einmal die sehr viel länger als üblich dauernde Einlasskontrolle passiert, bietet sich auf der Bühne ein interessantes Bild: Die kalifornische Indie-Band Deerhoof, bestehend aus den zwei Gitarristen John Dieterich und Ed Rodriguez, dem mit Vehemenz seine Felle bearbeitenden Drummer und Bandgründer Greg Saunier und der wild auf der Bühne umhertanzenden japanischen Sängerin Satomi Matsuzaki.

Dass sie sehr experimentell und sperrig zur Sache gehen, sollte für viele Fans eigentlich eine willkommene Abwechslung sein. Wirklich überzeugend ist ihr Auftritt allerdings nicht, weil man irgendwie nicht so wirklich weiß, wo die Reise hingehen soll. Streckenweise wirkt es, als wüssten Deerhoof das selbst auch nicht wirklich.

Der Moment mit der wahrscheinlich größten Resonanz ist, als Saunier versucht, sich auf Deutsch an das Publikum zu richten. Die Band sei ein bisschen blau. Ob er damit das aus dem Englischen kommende "traurig", das weitgehend in dieser Farbe gehaltene Bühnenlicht oder einfach nur stark alkoholisiert meint, ist jedoch nicht überliefert. Gegen Ende ihrer Performance wird die Musik dann immerhin etwas straighter und rockiger.

Pump Up The Jam

Nach der Umbauphase betreten zunächst Drummer Chad Smith, Basser Flea und Gitarrist Josh Klinghoffer die Bühne und beginnen mit dem typischen "Intro Jam" der Chili Peppers. Als Sänger Anthony Kiedis gegen Ende der gelungenen Improvisation die Bühne betritt, kocht die Festhalle bereits. Das erste richtige Stück des Abends, das funkige "Can’t Stop", feiern die Zuschauer anschließend mit einem Höllenlärm ab.

Daraufhin stellen sich Kiedis, Flea und Klinghoffer zusammen und es sieht so aus, als würden sie diskutieren, was sie nun spielen sollten. Am Ende fällt die Entscheidung auf den "Californication"-Hit "Otherside", bei dem der im Blaumann hinter dem Drumkit sitzende Smith auf seine Felle und Becken eindrischt, dass es eine wahre Freude ist. Nach einem darauffolgenden, kurzen Bass-Solo von Flea entsteht dann eine ohrenbetäubende Lautstärke im Innenraum und auf den Tribünen.

Gar nicht so düsterer Funk

"Snow ((Hey Oh))" sorgt danach für den ersten richtigen Mitsingmoment des Abends, und das Publikum tut genau dies während des Refrains auch aus voller Kehle. Dazu demonstriert Flea seine weiterhin vorhandene Gelenkigkeit, als er während des Stückes mehrfach in die Luft springt. Immer wieder jammen die Kalifornier zwischen den Stücken, so auch im Anschluss an "Snow". 

Anschließend geht die Band zum schön funkigen “Dark Necessities“ vom aktuellen Album über. Die Nummer kommt gut an. Selbst auf den oberen Rängen zappelt das Publikum inzwischen herum. Unterstützt wird das Ganze von farbenfrohen, teilweise leicht psychedelisch anmutenden Comic-Animationen auf den Videoleinwänden und einem Flea, der ganz alleine auf der rechten Seite der Bühne steht wie kniet und somit dem Publikum ganz nahe kommt.

Die Festhalle bebt

Der Basser richtet sich dann auch zum ersten Mal an das Publikum, bedankt sich bei den anwesenden Fans und stellt die links und rechts von Smith stehenden Tastendrücker, Pianist Nate Walcott und Keyboarder Chris Warren, vor. Mittlerweile sind die Red Hot Chili Peppers live nämlich vom Quartett zum Sextett mutiert, da auch die neueren Songs immer mehr solcher Elemente enthalten. Danach bringen die Peppers “Wet Sand“ mit einer in lila und blau gehaltenen Bühne, gelben und weißen Spots auf die Band und einem umherhüpfenden Klinghoffer mit Solospot.

Auf den ohrenbetäubenden Jubel zum Ende des Stückes folgt eine erneute kurze Improvisation des Bassisten und die wohl mit Abstand härteste Nummer des Abends, "Me & My Friends" von "The Uplift Mojo Party Plan", mit der sich die Red Hot Chili Peppers wieder in ihre Anfangstage als Indie-Kultband aus Los Angeles zurückbegeben. Die Tribünen der Festhalle vibrieren unter dem Schalldruck des Heavy Funk-Stückes, während auf den Videoleinwänden schnell wechselnde Shots der Musiker zu sehen sind.

Der tanzende Floh

Weitere Unterstützung holen sich die Kalifornier für "My Robot" auf die Bühne. Mit Samuel Bañuelos III kommt ein zweiter Bassist zum Einsatz, und einmal mehr groovt die gesamte Festhalle. Flea genießt die Freiheit, die ein zweiter Tieftöner bietet, sichtlich. Er hüpft erneut auf der rechten Seite der Bühne wie ein Floh umher. Während Klinghoffer soliert und beinahe explodiert, wechseln die über Publikum und Band umherschwebenden Leuchtstäbe in rasendem Tempo zwischen rotem und weißem Licht hin und her und anschließend abwechselnd in den gleichen Farben aufblitzen.

Das Publikum klatscht und jubelt, als die Band "Parallel Universe" begleitet von hippiemäßigen, psychedelisch-spacigen Animationen und gelben Blitzern anstimmt. Während des das gesamte Farbspektrum abdeckenden Stückes entsteht im Innenraum und auf den Tribünen echte Partystimmung. Am Ende wackelt die gesamte Halle, nicht nur vom Sound der Band, sondern auch durch den tosenden Jubel von den Rängen.

Von hart bis zart

Flea darf beim nächsten Jam dann auch noch zum Mikrofon greifen. Überraschenderweise bringen die Instrumentalisten der Red Hot Chili Peppers nun eine etwas improvisierte wie überarbeitete Version von Depeche Modes "I Feel You" an, das Cover weniger schwermütig, aber sehr viel groovender als das Original daherkommt. Mit "Sick Love" und dem Titelsong des aktuellen Albums rahmen zwei neue Stücke das schwermütige, erstmals seit 2012 wieder live aufgeführte "Don’t Forget Me" ein. Bei "The Getaway" mit seinen bunten Sixties-Style-Animationen bauen die Peppers mit weiblichem Hintergrundgesang ein weiteres neues Element ein.

Danach wird es wieder brachial. Die Band begibt sich zurück in ihre erste Dekade und liefert ihre knallharte Version des Steve Wonder-Klassikers "Higher Ground" von "Mother’s Milk" ab, die gerade am Ende noch einmal an Intensität gewinnt. Das eher ruhige "Soul To Squeeze" ist da beinahe schon eine willkommene Abwechslung, bietet es doch eine kurze Verschnaufpause und wird vom Publikum entsprechend honoriert. "By The Way" mit seinen blitzschnellen Animationen, die Zuschauer vielfarbig anstrahlenden Spotlights und hüpfenden, springenden und singenden Fans beschließt das reguläre Set. 

Kämpferischer Schlussspurt

Nachdem sich die Red Hot Chili Peppers von der Bühne verabschiedet haben, läuft ein Video, das Flea zeigt, wie in grüner Unterhose und lila Augenbinde gegen einen maskierten Wrestler in den Ring steigt. Sicherlich ein nettes Gimmick, aber nach einiger Zeit fragt man sich als Zuschauer durchaus, was genau die Band damit bezweckt. "Goodbye Angels" von der aktuellen Scheibe als erste Zugabe funktioniert da schon eher, liefert es dem exzentrischen Basser doch die Möglichkeit, seine Künste an dem Instrument erneut zu demonstrieren.

Nach lautem Jubel gehen die Peppers schließlich zu dem Stück über, auf das alle gewartet haben. Beim finalen Stück "Give It Away" hüpfen, tanzen und singen die Zuschauer mit, während insbesondere Kiedis und Flea wie von der Tarantel gestochen auf der Bühne umherrennen und –springen. Als die restlichen Bandmitglieder den Saal bereits verlassen haben, dreht Chad Smith unter tosendem Jubel noch seine Ehrenrunden und beendet ein intensives, stimmungsgeladenes Konzert in der Festhalle.

Etwas seltsame Songauswahl

Wenngleich es an den letzten Studioalben einiges zu kritisieren gab, haben die Red Hot Chili Peppers in Frankfurt demonstriert, dass man sie live nicht abschreiben sollte. Spielfreudig wie eh und je zählen sie vor Publikum weiterhin zu den Großen. Wundern muss man sich allerdings über die etwas seltsame Setlist bei diesem Auftritt. Statt ihrer Megahits "Under The Bridge" und "Californication" gab es Deep Cuts ihrer Studioalben und jede Menge von "The Getaway".

Es ist definitiv eine gute Sache, dass die Band auf dieser Tour ihr Programm täglich durchmischt. Im Vergleich zu anderen Europakonzerten haben sie in der Festhalle jedoch in ein, zwei Punkten danebengegriffen. Anstelle von "Wet Sand" oder "Sick Love" wären "Aeroplane" oder die beiden erwähnten Megahits die bessere Wahl gewesen.

Auf die Begeisterung der Fans und ihre eigene Spielfreude hatte das jedoch keinen Einfluss. Wahrscheinlich hätten die Kalifornier fünf Jahre nach ihrer letzten Europatournee an diesem Abend aber auch so alles Mögliche spielen können und es wäre gut angekommen.

Setlist

Intro Jam / Can’t Stop / Otherside / Snow ((Hey Oh)) / Dark Necessities / Wet Sand / Me & My Friends / Go Robot / Parallel Universe / I Feel You [Jam] / Sick Love / Don’t Forget Me / The Getaway / Higher Ground / Soul To Squeeze / By The Way // Goodbye Angels / Give It Away

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