Jennifer Rostock (live in Mannheim, 2009)

Jennifer Rostock (live in Mannheim, 2009) © René Peschel

Schon beim Bundesvision Song Contest hat sich angedeutet: diese bis dato unbekannte Band mit Namen Jennifer Rostock trifft den Ton der Zeit und kann mit unglaublichen Live-Qualitäten die Zuschauer überzeugen. Dementsprechend gut gefüllt war auch die Alte Feuerwache in Mannheim und das Publikum hat 90 Minuten lang eine Show geboten bekommen, bei der man nicht nur musikalisch, sondern vor allem durch nicht ganz jugendfreie Sprüche von Frontfrau Jennifer unterhalten wurde.

{image}Doch schon die Supportband Bakkushan wusste ganz genau, wie man das Publikum fest in der Hand hält. In guter alter Stefan Raab Manier hat Sänger Daniel Schmidt die Zuschauer applaudieren und wieder aufhören lassen, was wunderbar funktionierte. Aber großartig animieren musste man das Publikum sowieso nicht, vom ersten Song an standen sie vor der Bühne gedrängt, tanzten und feierten zu Baby, du siehst gut aus, Alles aus Gold und Springwut. Deutscher Indierock in der nächsten Generation: wer sind schon Kettcar oder Madsen, Bakkushan bringen neuen Wind in die Sparte der deutschsprachigen Bands, mit Songs, die nicht nur extrem tanzbar, sondern auch mit intelligenten Texten ausgestattet sind. Und eine Zugabe durfte dann ausnahmsweise auch noch gespielt werden, schließlich war es die letzte Show als Support für Jennifer Rostock. Und auch wenn Bakkushan nach Berlin übergesiedelt sind, immerhin haben sie sich in Mannheim zusammen getan und einige Jahre dort gewohnt. Als die vier Jungs nach 40 Minuten schließlich die Bühne verlassen haben, haben sie ein Publikum zurück gelassen, das bestens warm gesprungen war für den Hauptact des Abends.

{image}Und Jennifer Rostock ließen nicht lange auf sich warten. Power in ihrer gebündelten Form ist mit Frontfrau Jennifer auf die Bühne gekommen und schleuderte sie aufs Publikum. Dabei machte die Sängerin vor nichts und niemandem Halt, so dass man nicht mehr wusste, was einem jetzt geboten wurde: war sie nun die freche, rotzige, pöbelnde Berliner Schnauze oder die aufreizende, teils schon Lapdance tanzende Frau, die im knappen Outfit die männlichen Zuschauer ins Schwitzen brachte. Das ständige Wechseln ihrer Arten machte den Auftritt zugleich verstörend und interessant. Keine Frage, was Jennifer Rostock musikalisch geboten haben, gehört in die oberste Klasse von Liveshows. Die Songs sind laut, punkig, dann wieder mitreißend und gefühlvoll, und das alles mit einer Stimme versehen, die jede Stufe von Emotionalität ausdrücken kann. Jennifer Rostock haben niemanden unberührt gelassen, im wahrsten Sinne des Wortes. Bei Mona Lisa holte sich Jennifer einen männlichen Zuschauer auf die Bühne, der mit dem Rücken zur Menge ein klein wenig sein Tanzbein schwingen sollte. Als dann die Textstelle "Die Hand im Schritt" kam, packte die Frontfrau kräftig zu.

{image}Und das war nicht die einzige Aktion, die sich im Laufe des Abends auf der Bühne abgespielt hat. Entweder machte sich Jennifer über ihr Publikum lustig, pöbelte es an oder zeigte ihm den Mittelfinger. Sprüche wie "Wenn Jungs in der ersten Reihe stehen, sind sie meistens schwul" oder "Es gibt nichts Romantischeres als Brüste" kamen quasi am Laufband, und das waren noch die harmlosen. Doch es ist ihre Art, dem Publikum und vor allem der männlichen Zuschauerschaft zu sagen, dass die ständigen "ausziehen" Rufe völlig fehl am Platz sind, schließlich steht eine Band auf der Bühne, die wegen ihrer Musik erfolgreich ist und nicht nur durch eine gut aussehende Frontfrau. Doch Jennifers Reaktion auf solche Rufe: sie holte sich einen Typ auf die Bühne, dem die Hände auf dem Rücken leicht gefesselt wurden, stellte ihn wieder mit dem Rücken zum Publikum hin und fing an, ihm die Hose auszuziehen. Stimmt ja, das Publikum wollte, dass sie jemanden auszieht! Doch als es an die Boxershorts ging, konnte er sich befreien und man konnte nichts mehr von dem großen Mundwerk sehen, das er zuvor gehabt hatte.

{image}Einer der Highlights des Abends kam von Keyboarder Joe, der mit den Worten "Jetzt kommt ein wenig Homosexualität auf die Bühne" alleine auf selbiger gelassen wurde. Dann spielte er ein Medley aus vier Songs und die Zuschauer konnten vor Lachen nicht mehr: zuerst If I Were A Boy von Beyoncé, danach Material Girl, dann spielte er von Britney Spears I'm Not A Girl, Not Yet A Woman an und schließlich noch Girls Just Wanna Have Fun. Nach rund 90 Minuten und zwei Zugaben verließen Jennifer Rostock die ausgepowerten Zuschauer, denn von Ermüdungserscheinungen seitens der Band keine Spur. Wer auf eine grandiose Liveshow, sehr gute Songs, derbe Sprüche und extremes Entertaining steht, der sollte auf keinen Fall ein Konzert von Jennifer Rostock verpassen, denn Jennifer Rostock haben noch einige Überraschungen parat. 

Setliste:

Leben auf Zeit | Nichts tät ich lieber | Wieder geht's von vorne los | Himalaya | Mach mich nicht verliebt | Blut geleckt | Der Gärtner | Kopf oder Zahl | Irgendwo anders | Mona Lisa | Es tut wieder weh | Medley von Joe | Paris | Du willst mir an die Wäsche | Ich will hier Raus

Zugaben: Feuer | Wo willst du hin | Nenn micht nicht Jenny

Die gesamte Fotogalerie von Jennifer Rostock und Bakkushan am 10.11. in der Alten Feuerwache in Mannheim findet ihr —> hier <—

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