The Pigeon Detectives

The Pigeon Detectives

Britische Bands überschwemmen seit Jahren den internationalen Musikmarkt. Darunter sind auch The Pigeon Detectives, die in diesem Jahr bereits ihr zweites Album "Emergency" veröffentlichten und damit im Berliner Lido zu Gast waren.

{image}Was bedeutet eigentlich der Begriff "Hype"? Laut Lexikon bezeichnet es "meist kurzlebige, in den Medien aufgebauschte oder übertriebene Nachrichten […], die gezielt von Interessensträgern zur Werbung […] lanciert werden." Ein solcher Interessensträger stellt in Großbritannien in der Musikbranche unzweifelhaft der "New Musical Express" dar. Das auch mit NME abgekürzte, wöchentlich erscheinende Musikmagazin hat seit Jahren entscheidenden Einfluss darauf, dass heute eine Vielzahl von britischen Bands auf dem internationalen Musikmarkt wie Bohnen aus der Erde schießen. So ist es vor allem ihrer intensiven Promotion kleinerer Newcomer-Bands zu verdanken, dass Gruppen wie Franz Ferdinand oder Kaiser Chiefs in ihrer Entstehungsphase das benötigte öffentliche Interesse zuteil wurde und auf dem hier aufgebaut werden konnte. Eine Band, die ihren Erfolg dabei wohl auch dem NME zu verdanken hat, sind die aus Leeds stammenden The Pigeon Detectives.

Die Musiker der fünfköpfigen Truppe kennen sich schon seit ihrer frühen Kindheit. So besuchen Bassist Dave Best und Gitarrist Ryan Wilson dieselbe Kindergrippe und stoßen ein paar Jahre später in der Grundschule auf Sänger Matt Bowman, den zweiten Gitarristen Oliver Main und Schlagzeuger Jimmi Naylor. Zunächst wollen alle Fußballprofis werden. Doch als Oliver die Beatles entdeckt und sich eine eigene Gitarre kauft, steht bei den fünf Freunden ein Entschluss fest: Sie möchten eine Band gründen! So entsteht aus diesem Wunsch heraus 2002 The Pigeon Detectives. Bekannt in der Öffentlichkeit werden sie schließlich durch den BBC-Moderator Steve Lamacq. Er entdeckt sie 2006 aufgrund des in typischem britischem Akzent gesungenen Ohrwurmsongs I’m Not Sorry. Im Herbst desselben Jahres beginnen sie mit den Aufnahmen zu ihrem Debütalbum Wait For Me. Hier schlägt besonders der Song I Found Out und das dafür nochmal neu aufgenommene I’m Not Sorry erfolgreich in den britischen Charts ein. Nach einer langen Tournee im Jahr 2007, brachten sie in diesem Jahr schließlich ihr im Vergleich zum ersten Album musikalisch sehr ähnelndes Zweitalbum Emergency auf den Markt.

{image}Im Lido fällt Sänger Matt Bowman besonders durch seinen außerordentlichen Bewegungsdrang auf. Er rennt voller Energie ständig von einer Seite zur anderen Seite der Bühne, springt vom kleinen Schlagzeug-Podest rauf und runter und übt sich im Werfen und Auffangen seines Mikrofons und denen mit Wasser gefüllten und zahlreich auf der Bühne platzierten Plastikflaschen. Bei entsprechendem Erfolg entleert er daraufhin den Inhalt entweder gleich über seine Haare oder trinkt die Flaschen zunächst aus, um die Flüssigkeit kurz danach wie eine Fontäne aus seinem Mund kommend senkrecht in die Luft zu spuken, so dass ein zarter Nebel aus kleinen Wassermolekülen über sein Gesicht niederrieselt. Und das Mikro schwingt er dann gleichzeitig immer wieder kreisförmig hin und her und benutzt es dann auch mal unfreiwillig als eine Art Lasso. So verheddert es sich letztendlich am Mikrofon-Ständer seines Gegenübers. Gleichzeitig stellt dies jedoch auch eines von drei Missgeschicken dar, die dem Sänger an diesem Abend passieren. So wäre ihm zuvor schon das am Ständer befestigte Mikrofon heruntergefallen, wenn er es nicht mit einer reflexartigen Reaktion aufgefangen hätte. Und ganz am Anfang des Konzerts rutscht er zu seiner nachträglichen Belustigung auf einem der auf der Bühne ausgelegten Mini-Teppiche aus. Verunsichern tut ihn das bei seinem energievollen Auftritt jedoch keineswegs. Eher scheint es den lockenköpfigen Sänger noch ein wenig in seiner Lust zum Showgehabe anzuspornen.

Er versucht das Publikum gleich zu Beginn des Konzerts mit gestenreichen Armbewegungen zu dirigieren und verleitet dazu, die Zeilen "Going out with" im Song I Found Out lautstark mitzusingen. Dazu wird auf der Tanzfläche natürlich euphorisch getanzt und wild herumgesprungen. Einzige Ausnahme ist die Ballade Nothing to do with you. Hier reißen alle Zuschauer ihre Arme nur in die Höhe und schwenken dafür ihre Hände rhythmisch und träumerisch hin und her, bevor Songs wie das melodiösem Don’t You Wanna Find Out oder das vorwärtstreibende You Don’t Need It in den Zuschauern wieder den Willen zum ausgiebigen Tanzen aufkeimen lassen. Schließlich stürmen die Fans beim letzten Song I Am Not Sorry sogar die Bühne. Nicht zur Freude aller Bandmitglieder: Die beiden Gitarristen gucken etwas mürrisch. Sänger Bowman dagegen setzt selbst nochmal zu Tanzaktionen an, bevor er sich mitsamt seiner Band nach etwas mehr als einer Stunde in den Backstage-Bereich verzieht.

Und so muss man feststellen: Der Hype um The Pigeon Detectives hält auch nach zwei Jahren Bandgeschichte weiter an. Wenn man weiß, dass der "Hype" in den Lexika als kurzlebig bezeichnet wird, könnte man diesen Begriff wohl als relativ deuten. Oder in anderen Worten gesprochen: Das nennt man dann Beständigkeit.

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