Tomte (Alte Feuerwache)
Photos: Jonathan Kloß

Tomte (Alte Feuerwache) Photos: Jonathan Kloß © regioactive.de

"Die schon wieder" werden sich viele gedacht haben, als sie die Plakate neulich sahen. Aber was heißt "schon wieder"? Für die Fans tickt die Zeit in einem gänzlich anderen Rhythmus. Tomte entwickeln sich für ihre Stammgäste zu einer Art von gutem alten Freund, mit dem man gerne einen trinken geht. Man vermisst den Gefährten, wenn man ihn länger nicht sieht und sobald seine Stimme erklingt (in diesem Fall jene von Thees Uhlmann), freut man sich bereits wieder auf das nächste Wiedersehen.

Der Karlstorbahnhof war mit Schweiß durchtränkt am gestrigen Donnertagabend, denn der Saal war mehr als gut gefüllt und die Temparaturen hoch. Tomte hatten zwei Vorbands als Support, um die Hitze im Saal noch zu steigern: The Ghost of Tom Joad und die schwedische Band Stompin’ Souls.

Zuerst versuchten sich The Ghost of Tom Joad in dieser Disziplin. Die drei Musiker spielen eingängigen und melodiösen Indie-Rock. An den richtigen Stellen lassen es die Musiker auch krachen. Dennoch springt der Funke zwischen Band und Publikum nicht ganz über und so bleiben The Ghost of Tom Joad nur eine in Teilen interessante Fußnote des Abends.

Als nächstes betreten die Stompin’ Souls die ehrwürdige Bühne des Karlstorbahnhofs. Die sechs Schweden bieten ein Extrakt aus den letzten 40 Jahren des Rock’n’Roll. Wenn man Gimme Shelter, einen sehr lustigen Rolling Stones Tourfilm von 1973, CDs der Backyard Babies, das Tambourin von Liam Gallagher und das Keyboard der Killers durch eine Saftpresse quetschen würde, kämen die Stompin’ Souls unten raus. Nichts gegen gute Rock-Reminiszenzen, aber das an diesem Abend dargebotene ist mit dieser Geballtheit leider einfach zu eklektizistisch. Das Songwriting der Band ist mit „medioker“ ganz gut umschrieben. Platte Gitarrenriffs wechseln sich mit trashigen Keyboard-Effekten ab. Dazu stolziert ein untalentierter Sänger über die Bühne, der ganz offenbar gerne so agil wie Mick Jagger wäre. Die Band ist zwar sehr bemüht eine gute Show abzuliefern, doch dafür wäre in erster Linie besseres Songmaterial notwendig.

Nach einer weiteren kurzen Umbaupause übernehmen Tomte und legen mit älteren Hits gleich zu Beginn richtig los. Wilhelm, das war nichts und Mit dem Mofa nach England sind definitiv ungenügend gewürdigte Klassiker des deutschsprachigen Indie. Als ob es ein Geschenk für diesen gelungenen Auftakt sei, bekam Sänger Thees Uhlmann von einer Verehrerin stilechte Lilien überreicht; beste The Smiths-Manier. Darauf folgen die Lieder der letzten beiden Erfolgsplatten der Band, wobei Hinter all diesen Fenstern an diesem Abend mehr zum Zug kommt. Die Schönheit der Chance live anzuhören, während ca. 600 Kehlen frenetisch mitsingen, ist erhebend für sowohl die Band als auch das Publikum. Schreit den Namen meiner Mutter hingegen ist zugleich euphorisierend und tief traurig. Außerdem spielen Tomte noch die Hits von Buchstaben über der Stadt, wie Norden der Welt oder Ich sang die ganze Zeit von dir und zeigen dabei keinerlei Abnutzungserscheinungen gegenüber dem (Stamm-)Publikum in der Rhein-Neckar-Region. Mit überzeugenden Auftritten dieser Art könnten Tomte wahrscheinlich jede Woche in dieser Region auftreten: eine treue und ausreichend breite Fanbasis ist ganz offensichtlich vorhanden.

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