Gerade einmal eine Stunde spielte Scott Matthew in Heidelberg.

Gerade einmal eine Stunde spielte Scott Matthew in Heidelberg. © Daniel Nagel

Im intimen Rahmen des Heidelberger Karlstorbahnhofs zelebrierte Scott Matthew seine sehnsuchtsvolle Folkmusik und präsentierte sich zur Freude der Zuschauer als charmanter und unprätentiöser Gastgeber.

Es war ein kurzes Konzert: Gerade einmal eine Stunde spielt der in New York City lebende, aber in Australien geborene Sänger und Songwriter Scott Matthew vor den gut siebzig Zuschauern im Heidelberger Karlstorbahnhof. In dieser Zeit verzaubert er jedoch das Publikum mit seinem melodramatischen Queer-Folk und seinem offenherzigen, gelegentlich selbstironischen Humor. Sein Witz spielt dabei eine besonders wichtige Rolle, denn er sorgt für das rechte Gegengewicht zu Matthews oft dramatischem, bedeutungsschwerem Gesang und seinen traurigen, sehnsuchtsvollen Liedern.

Begleitet wird Scott Matthew von Eugene Lemcio (Bass, Klavier) und Sam Taylor (Gitarre, Cello), die beide auch Background-Vocals beisteuern und so den Rahmen bilden für ein intensives Kammerfolk-Konzert, in dessen Mittelpunkt Matthews ausdrucksstarke Stimme steht, die in manchen Momenten an einen erdigeren Antony (Antony & The Johnsons) denken lässt. Es überrascht daher nicht, dass Matthew die Alben seines New Yorker Kollegen auf eine einsame Insel mitnehmen würde.

{image}Nicht alles an diesem Abend ist jedoch überbordende Dramatik: Scott Matthew singt auch ein fröhliches Geburtstagslied mit dem Titel Felicity, das er für eine Kindheitsfreundin geschrieben hat und das kämpferische, anti-religiöse "Protestlied" No Place Called Hell. Noch besser gelingen seine Bemühungen, seine musikalische Palette um einige temporeichere Liebeslieder im Stil Burt Bacharachs zu erweitern. The Wonder Of Falling In Love eifert auf überzeugende Weise Baracharchs Stil nach, während die Coverversion von This Guy's In Love With You mit ihrem Schlusspunkt: "Say you're in love, in love with this guy, if not I'll just die" perfekt zu Matthews Hang zur Melodramatik passt.

Natürlich mussten die Zuschauer dennoch nicht auf Scott Matthews düstere Seite verzichten, dafür sorgten Buried Alive und In The End mit ihrer gnadenlosen Endgültigkeit sowie das verletzliche Black Bird. So präsentierte sich der Sänger als ebenso wandelbarer wie faszinierender Künstler: Der Kontrast zwischen den verschiedenen Seiten seiner Musik, die kleinen Wandlungen, die gelungene Dramaturgie und seine erfrischende Offenheit machten den Abend lohnenswert. Manchmal sind eben die kleinen, intimen Konzerte die schönsten.

Setlist

The Wonder Of Falling In Love | True Sting | Friends And Foes | Felicity | Duet | Sinking | Buried Alive | Community | Sweet Kiss In The Afterlife | Black Bird | In The End | No Place Called Hell ||  Little Bird | This Guy's In Love With You (Burt Bacharach cover)

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