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Blackmore's Night (live in Hanau 2017) © Torsten Reitz

An einem von Gewittern und Regenschauern geprägten Sommerabend versetzen Blackmore’s Night auf ihrer Jubiläumstour ein gut aufgelegtes Publikum im Amphitheater Hanau mit einem musikalischen Donnerschlag zurück in das Mittelalter und die Renaissance.

Als Ritchie Blackmore anno 1997, nur wenige Jahre nach seinem endgültigen Ausstieg bei Deep Purple, seine aktuelle Rainbow-Formation aufs Abstellgleis beförderte, um sich zukünftig mit seiner inzwischen Angetrauten Candice Night auf renaissancelastige Folk-Musik zu konzentrieren, hätten wohl selbst die kühnsten Bewunderer des streitbaren Gitarrengenies keinen Pfifferling auf die Langlebigkeit dieses Projekts gegeben. Zu sprunghaft war der englische Saitenhexer zuvor Zeit seines Lebens gewesen. Bei Rainbow fanden Besetzungswechsel gar in einem beinahe jährlichen Turnus statt.

An malerischen Orten

Stolze zwei Dekaden nach ihrem Debüt "Shadow Of The Moon", sind Blackmore’s Night noch immer erfolgreich unterwegs. Die Mitstreiter der beiden mögen über die Jahre gewechselt haben, aber die persönliche und musikalische Zusammenarbeit des Ehepaares scheint stärker denn je.

Passend zu ihrem runden Jubiläum gehen Ritchie Blackmore, Candice Night und ihre kunterbunte wie illustre Schar an fahrenden Musikanten einmal mehr auf große Europatournee, die sie – wie mittlerweile eigentlich Usus – auf Burgen und an andere ähnlich malerische Orte wie das Amphitheater Hanau führt.

Wer zum Geyer…?

Als Einstieg in den Abend hat sich der Gitarrenzampano die Unterstützung eines alten Freundes und Weggefährten gesichert. Thomas Roth, einst jahrelang Frontmann der bekannten Mittelalter-Rockband Des Geyers Schwarzer Haufen, führt mit Schlüsselfidel durch den Einstieg des Programms. Sein derzeitiges Projekt mit dem Gitarristen Harald Scharpfenecker, das er passend zum englischen Namen seines Instruments Roth Keyfiddle Journey betitelt hat, bringt dem Publikum eine gute halbe Stunde lang die Klänge der exotischen skandinavischen "Nyckelharpa" näher.

Roth und sein Mitstreiter erzeugen mit ihrer Darbietung bei den bereits anwesenden Zuschauern auch gute Laune. Allerdings füllt sich das Hanauer Amphitheater erst allmählich und einige Fans haben Besseres zu tun, als dem Vorprogramm zu lauschen. Dabei entgeht ihnen so einiges, ist Roth doch an Fidel wie Dudelsack völlig zurecht eine der Größen des Genres und diente Ritchie Blackmore und seiner Frau seinerzeit als Inspiration für ihre eigene Band – wie Candice Night auch gleich mehrfach betont.

Zurück in die gute, alte Zeit

Als Blackmore's Night schließlich die Bühne betreten und mit "Dancer & The Moon" fulminant loslegen, erreicht das Publikum auf den gut gefüllten Rängen direkt Betriebstemperatur. Wie weggefegt sind die Sommergewitter, die noch am späten Nachmittag das Konzert zu bedrohen schienen. Die Musiker präsentieren sich nämlich nicht nur äußerst spielfreudig, sondern auch gut aufgelegt. So erlaubt sich Candice Night des Öfteren Scherze zu Lasten ihres Göttergatten, der dies ohne großes Murren über sich ergehen lässt.

Eine Reise zurück ins Zeitalter von "BC" mutiert schnell zu einem "Before Candice", als die Frontfrau den Deep Purple-Klassiker "Soldier Of Fortune" ankündigt, und Blackmore sich vor versammelter Mannschaft anhören muss, dass er nur "evil" gewesen sei, bevor er letztlich "medieval" wurde. Auch der sonst häufiger recht miesepetrige "Man in Black" gibt sich für seine Verhältnisse ungewöhnlich redselig – wobei er jedoch kaum mit dem Publikum selbst kommuniziert, sondern seine Frau den anwesenden Fans übermitteln lässt, was ihm gerade so durch den Kopf geht.

In allen Belangen inspiriert

Musiziert wird im Hanauer Amphitheater selbstverständlich auch, trotz einiger von Candice Night gelungen moderierten Pausen. Blackmore's Night widmen sich beispielsweise der ausgedehnten Instrumentalnummer "Durch den Wald zum Bach Haus", das der Ansage der Sängerin zufolge auf einer Reise an die Schaffensorte des deutschen Komponisten basiert, bei der Meister Ritchie eine kleine Begegnung mit einem Rottweiler hatte. Die Zuschauer nehmen die Anekdote belustigt und die Nummer mit eingebautem Geigen- und Keyboardsolo wohlwollend zur Kenntnis.

Ansonsten arbeiten sich Blackmore’s Night durch ein ausgewogenes Programm aus zwanzig Jahren gemeinsamer musikalischer Aktivitäten. Frühe Hits wie die Titelsongs der ersten beiden Alben "Shadow Of The Moon" und "Under A Violet Moon" wechseln sich mit neueren Stücken à la "Allan Yn n Fan" oder "Toast To Tomorrow" ab, und – wie inzwischen bei ihren Konzerten üblich – dürfen selbstverständlich Cover wie das ursprünglich von Rednex aufgenommene "Wish You Were Here" und Mike Oldfields "Moonlight Shadow" nicht fehlen.

Magische Mischung

Was im ersten Moment wie eine ziemlich absurde Mischung wirken mag, entfaltet in Kombination mit dem transparenten Sound und der stimmungsvollen Lightshow im Laufe des Abends eine regelrechte Magie. Da ist es dann auch kaum verwunderlich, dass sich bei "Renaissance Faire" zahlreiche Fans direkt vor die Bühne begeben, um gemeinsam mit der Band die gelungene erste Hälfte des Konzerts zu feiern. Die Musiker wie Drummer "Troubadour of Aberdeen" David Keith und "Earl Gray of Chamay" Mike Clemente am Bass haben es sich redlich verdient.

Beeindruckend ist dabei gleichermaßen, wie routiniert sämtliche Mitglieder von Blackmore’s Night mit einer Vielzahl an verschiedenen Instrumenten umgehen. Es gibt im Laufe des Abends eigentlich keinen auf der Bühne, der nicht mindestens zwei oder drei verschiedene Klangerzeuger bedient und somit das Amphitheater in ein Soundgewand hüllt, das seinesgleichen sucht. Besonders sticht in diesem Kontext Ritchie Blackmores klassisches Gitarrenspiel hervor. Wie gut er die spanische Variante inzwischen beherrscht, demonstriert einmal mehr seine eindrucksvolle Entwicklung weg vom Hard Rock.

Finale unter Strom

Ganz beiseite lassen kann der ehemalige Saitenhexer von Deep Purple seine heißgeliebte Stratocaster dann aber doch nicht. Auch wenn er und seine Mitstreiter sich, trotz teils moderner Instrumentierung, konsequenter an das europäische Mittelalter- und Renaissance-Folk-Ideal halten als dies beispielsweise Robert Plant mit seinen ähnlich gelagerten, aber ebenso gelungenen Projekten tut, braucht Blackmore hin und wieder scheinbar dennoch einen rockigen Moment. Seine Wiederbelebung von Rainbow im vergangenen Jahr sprach ja bereits Bände zu diesem Thema.

Zum großen Finale im Hanauer Amphitheater lässt es sich die lebende Legende dann nicht nehmen, die Stromgitarre aus der Mottenkiste zu holen und zur Freude des Publikums bei dem in Deutschland wohl besser unter dem Namen "Sieben Tage lang" bekannten Trinklied "All For One" und dem Schlussstück "Loreley" beherzt in die Saiten zu greifen.

Auch in dieser Hinsicht scheint er nichts verlernt zu haben. Die Zuschauer danken es ihm, und so geht nach deutlich über zwei Stunden Spielzeit ein Jubiläumsabend zu Ende, wie er im Buche steht. In dieser Form dürfen Blackmore’s Night gerne noch weitere zwanzig Jahre die Musikliebhaber verzücken – völlig ungeachtet der Tatsache, ob die alteingesessenen Rockfans des Gitarristen dies nun gerne hören mögen oder nicht.

Setlist

Dancer & The Moon / Darkness / Dance Of The Darkness / Under A Violet Moon / Soldier Of Fortune / Durch den Wald zum Bach Haus / World Of Stone / Shadow Of The Moon / Wish You Were Here / Renaissance Faire / Allan Yn n fan / Diamonds & Rust / David Baranowski Keyboardsolo / David Keith Schlagzeugsolo / Toast To Tomorrow / The Peasant’s Promise / Moonlight Shadow / Hanging Tree / Lady In Black / All For One / Loreley

 

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