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Das schwarze Wasser (2015) © Nationaltheater Mannheim

Bei der Uraufführung von "Das schwarze Wasser" am Nationaltheater Mannheim am 10. Januar 2015, zeigt sich Roland Schimmelpfennig als ein Meister der Zeitsprünge. Schauspiel-Intendant Burkhard C. Kosminski inszeniert den Einakter des meist gespielten deutschen Dramatikers souverän und leichtfüßig und kann dabei auf ein Ensemble zählen, das mit schnellen Rollenwechseln und großer Spielfreude glänzt. Das Thema Migration wird indes nur oberflächlich behandelt.

Haus Nummer 203. Da wohnt sie, Leyla. "Wohnst du immer noch hier?", fragt Frank, der sie nach Hause bringt. Ja, da wohnt sie immer noch. Zwanzig Jahre nach der Nacht im Freibad.

Meistgespielter Dramatiker

Am 10. Januar 2015 wurde "Das schwarze Wasser" von Roland Schimmelpfennig in der Regie von Schauspiel-Intendant Burkhard C. Kosminski im Nationaltheater Mannheim uraufgeführt.

Schimmelpfennig (Jahrgang 1967) gilt als der derzeit meist gespielte deutsche Dramatiker. 2010 erhielt er den Mülheimer Dramatikerpreis für sein Stück "Der goldene Drache".

Parallele Lebenswelten

Kennengelernt haben sich Leyla und Frank vor zwanzig Jahren, in einer Nacht in einem Freibad, in der alles möglich schien. Unter einem romantisch funkelnden Sternenhimmel, irgendwo in einer deutschen Großstadt, treffen sie, Cynthia und Murat, Karim, Freddy und Olli, Mehmet, Aishe und Kerstin aufeinander.

Die einen kommen aus bildungsbürgerlichem Hause - ihre Eltern sind Innenminister, Rechtsanwalt oder Unternehmer. Die anderen stammen aus Familien mit Migrationshintergrund, ihre Väter arbeiten im Döner-Imbiss, bei der Müllabfuhr oder als Nachtwächter.

Eine gemeinsame Nacht

Normalerweise kreuzen sich die Wege diese zehn jungen Menschen nicht. In jener Nacht aber durchbrechen sie die Grenzen, sie tanzen und trinken gemeinsam in der Roxy-Bar, cruisen mit dem Nachtbus durch die Straßen, träumen auf einer Wiese liegend von einer hoffnungsvollen Zukunft. Paare finden sich, halten Händchen, knutschen.

Zwanzig Jahre später treffen sie zufällig wieder aufeinander. Und: Ihre Lebenswelten sind auch heute noch genauso grundverschieden wie damals.

Meister der Zeitsprünge

Dieser einfachen, alltäglichen Geschichte verleiht Roland Schimmelpfennig durch eine poetische Sprache Glanz. Geschickt verschränkt er durch ein stetes Hin-und-Herspringen zwischen Vergangenheit und Gegenwart die Zeitebenen miteinander. Für die Zuschauer werden die Wechsel durch entsprechende Musikeinspielungen (Musik: Hans Platzgumer) intuitiv nachvollziehbar.

Für die Schauspieler bedeutet dies einen schnellen Wechsel zwischen Zeiten, Situationen und Figuren. Reinhard Mahlberg ist mal der draufgängerische Freddy, der später Rechtsanwalt werden wird, mal der strenge Über-Vater ("Bildung ist alles!") von Frank. Katharina Hauter und David Müller geben unter anderem Leyla und Frank in jungen Jahren, Ragna Pitoll und Boris Koneczny die Version 2.0.

Beim Schauspielen beobachten

Es ist einfach umwerfend komisch, wie Anke Schubert lässig Haarteile und Perücken nach Bedarf aus der Hosentasche zieht, um zur rotblonden Schönheit zu mutieren oder per Kopftuch zur schweigsamen Mama Yildiz.

Das Ensemble schnurrt unter den Händen von Kosminski wie eine gut geölte Theatermaschine. Fantastisch, wie sie mit (schau-)spielerischen Mitteln das feuchtfröhliche Treiben im Pool vor unseren Augen evozieren. Die fast leere Bühne von Florian Etti bietet ihnen dabei keinen Halt: silbernes Wellblech als Hintergrund, ein orangeroter Plastikstuhl vorne und eine Gießkanne müssen genügen.

Verharren in Klischees

"Das schwarze Wasser" entstand als Auftragswerk für die Frankfurter Positionen 2015 – ein "Festival für neue Werke", das vom 22. Januar bis 1. Februar 2015 in Frankfurt unter dem Thema "Ausgeschlossen – Brüche zwischen den Welten" stattfindet.

Leider bearbeitet Schimmelpfennig das Thema nur oberflächlich: Die Feststellung, dass die Lebenswelten von Menschen mit Migrationshintergrund und Menschen aus gehobenen gutbürgerlichen Schichten, sich kaum überschneiden, ist nicht neu. Bei der Skizze seiner Figuren verharrt der Autor überwiegend in Klischees.

Dass man sich nach eineinhalb Stunden trotz der genannten Qualitäten leicht ermattet aus dem Theatersessel erhebt, mag zum einen daran liegen, dass die Handlung mehr erzählt als gespielt wird. Zum anderen verwehrt der ständige Wechsel von Rollen und Zeiten, der anfangs frisch und witzig wirkt, das Eintauchen in eine Theaterwelt.

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