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Get Well Soon (live in Heidelberg, 2012) © Johannes Rehorst

Im fast ausverkauften Karlstorbahnhof in Heidelberg überzeugten Get Well Soon mit einem dramaturgisch exzellenten Auftritt, der sich ebenso sehr als Aufführung eines durchkomponierten Werks wie als Rockkonzert charakterisieren lässt. Das Publikum jedenfalls zeigt sich von dem mehr als eineinhalbstündigen Auftritt begeistert.

Vor Get Well Soon haben die Organisatoren aber den Auftritt von David Lemaitre gesetzt. Dabei handelt es sich um ein Trio bestehend aus dem jungen Sänger und Songwriter David, der gemeinsam mit einem Keyboarder und Schlagzeuger auftritt. Die Band gewinnt die Aufmerksamkeit der Zuschauer rasch mit ihrem musikalisch fein gestalteten Indie-Folk-Pop, der den Einfluss von Nick Drake ebenso erkennen lässt wie denjenigen von Bon Iver oder den Fleet Foxes. Allerdings ist Lemaitre kein Kopist, sondern verfügt über eine eigene musikalische Persönlichkeit, die sich ebenso in melancholisch-intimen wie in zupackenden Songs manifestiert. Auf sein Debütalbum darf man gespannt sein.

Die Herausbildung einer unverwechselbaren musikalischen Persönlichkeit lässt sich auch an Konstantin Gropper, dem musikalischen Kopf von Get Well Soon erkennen. Gab es bei frühen Konzerten noch Lieder, die eindeutige Einflüsse preisgaben, so ist Gropper inzwischen in der Lage, seine musikalische Vision noch klarer herauszuarbeiten. Eine Vorliebe für dramatische Inszenierungen besaß Gropper schon immer, aber inzwischen wirkt ein Get Well Soon-Auftritt mindestens so sehr als Aufführung einer Komposition wie als klassisches Indie-Pop/Rock-Konzert.

Kunstlieder und Rocksongs

Das bedeutet nicht, dass die Lieder in einander übergingen oder dass Gropper wirklich eine Sinfonie oder eine Oper komponiert hätte, obwohl der englisch-italienische Titel seines neuen Albums – The Scarlet Beast O'Seven Heads/La Bestia Scarlatta Con Sette Teste – diese Vermutung nahelegen könnte. Stattdessen verbindet das Konzert Kunstlieder mit Rocksongs – fast ist man geneigt, das entstandene Zwitterwesen als "Art-Indie-Rock" zu bezeichnen.

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Das bedeutet aber auch, dass individuelle Songs nicht so sehr im Vordergrund stehen. Kern des Konzerts ist die Inszenierung eines Gesamtkonzepts, dessen Teile weniger wichtig sind als das Ganze. Das bedeutet es gibt keine lang erwarteten Hits, keine vergessenen Albumperlen und keine Rufe nach dem ersehnten Favoriten. Alles fließt zusammen, verbindet sich zu einem siebzehnköpfigen Monster.

Hervorragende Arrangements

Zentral für den Erfolg dieses Konzepts sind die wie immer hervorragenden Arrangements, die Gropper mit seinen Bandkollegen ausgearbeitet hat. Get Well Soon sind eine ganz hervorragende Liveband, die mit ungeheurer Kreativität und Genauigkeit eine Vielzahl von Instrumenten einsetzt. Neben den "klassischen" Instrumenten des Rock'n'Roll finden sich hier Trompete, Posaune, Violine, allerlei Keyboards, Akkordeon, allerlei Stabspiele, Melodica, Glöckchen – und sogar eine Triangel!

Anders als bei anderen Rockkonzerten gehen diese Einzelinstrumente nicht in einem penetranten Soundmatsch unter, sondern erklingen klar und deutlich vernehmbar. Arrangements und Inszenierung ergeben ein stimmiges Gesamtbild. Ob es nötig war, zum Ende des regulären Sets noch einmal den Gitarren-Freakout in Verbindung mit einigen halblustigen Bemerkungen über das Tanzen zu geben, kann bezweifelt werden, aber insgesamt bot der Auftritt im Karlstorbahnhof einen faszinierenden Einblick in das musikalische Werk eines gereiften Künstlers und seiner Band.

Setlist

Prologue | The Last Days Of Rome | 5 Steps/7 Swords | A Voice in the Louvre | Just Like Henry Darger | Roland, I Feel You | Listen! Those Lost At Sea Sing A Song On Christmas Day | Good Friday | Disney | A Gallows | Courage, Tiger! | Oh My! Good Heart | Angry Young Man | You Cannot Cast Out The Demons (You Might As Well Dance)

Zugabe: Red Nose Day/Werner Herzog Gets Shot | I Sold My Hands For Food So Please Feed Me| | Lost In The Mountains Of The Heart

Zur kompletten Fotogalerie: Get Well Soon im Karlstorbahnhof Heidelberg

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