Stevie Wonder

Stevie Wonder © Universal Music

Trotz seiner Blindheit wurde das Ausnahmetalent Stevie Wonder mit gerade mal elf Jahren als "Little Stevie Wonder" von Motown Records unter Vertrag genommen. Und er hat mit seiner außergewöhnlichen Stimme sowie seiner multiinstrumentalen Begabung maßgeblich zum legendären Aufstieg des Detroiter Soul-Labels beigetragen. Erstmals seit fast 20 Jahren begab sich das Soul-Wunder nun auf eine ausgewählte Deutschland-Tour, bei der er auch in der Mannheimer SAP Arena halt machte.

{image}Im Laufe seiner beispiellosen Karriere verkaufte Stevie Wonder über 80 Millionen Alben, erreichte 24-mal die Nummer eins der Charts, wurde mit 25 Grammies ausgezeichnet und erhielt für I Just Called To Say I Love You sogar einen Oscar. Bei gerade mal drei Deutschlandterminen der "A Wonder Summer’s Night Tour" 2008 schien es erstaunlich, dass Dietmar Hopps "Partykeller" mit ca. 5800 Fans nur zur Hälfte gefüllt war und einfach zu viele Sitze in den Oberrängen frei blieben. Umso gefüllter war zu diesem Zeitpunkt bereits die mit allerlei Gerätschaften und allen denkbaren Instrumenten bepackte Bühne, die wenig später von einer 12-köpfigen Band eingenommen wurde. Der blinde Maestro wurde dabei – wie immer – an der Hand seiner bezaubernden Tochter Aisha auf Position geführt, wo er sogleich den Opener All Blue mit seiner güldenen Mundharmonika einstimmte. Mit Master Blaster ließ der erste große Hit nicht lange auf sich warten – "jammin until the break of dawn" schien gleichzeitig auch Parole für das zeitlose Konzert des Jam-Masters zu sein.

Leider offenbarten sich schon früh am Abend konzeptionelle Schwierigkeiten, die ihren Ursprung in der stark abwechslungsreichen Titelauswahl fanden: Immer wenn der Funk-Funke das Publikum just erreicht hatte und die etwas stimmungshemmende Komplettbestuhlung zu überwinden schien, folgte ein atmosphärischer Break, bei dem Stevies Soul-Stimme die tanzbereite Gefolgschaft wieder in die Arme ihrer Begleitungen weich sang. Nach Belieben bestimmte Steveland Morris so über das Tempo der Show.

{image}Wonder präsentierte sich äußerst verspielt und liebte es zu improvisieren. Nach zeitlos ausgedehntem Gesangsunterricht und Flirts mit den Fans durften ihm Sänger aus dem Publikum Ständchen vorsingen und 15 Sekunden Ruhm mit ihrem Idol auf der Bühne verbringen. Neben dem fließenden Wechsel zwischen Mundharmonika, Keyboard und Piano, bot Stevie Wonder sogar eine klassische Talk-Box Einlage dar, bei der so mancher G-Funk Rapper erblasst wäre. Auch hier schien die Uhr keine Rolle zu spielen: nach dem vermutlich nur kurz angedachten Talk-Box Ausflug, bei dem er Wooden Heart von Elvis coverte, verlor er sich in Wayne Newtons Danke Schoen und wollte den Schlauch seines Effektgerätes bei drei weiteren Stücken schließlich gar nicht mehr aus dem Mund nehmen.

Den ersten Teil der Show schloss das Band-Jam Spain ab, bei dem sich jeder einzelne Musiker mit einem Solo hervortun konnte. Trotz seines rasant angewachsenen Bauchumfangs, drohte Stevies Hose ihn bei einem Manöver kurzzeitig zu verlassen, was er gekonnt überspielte und in Part-Time Lover überleitete. Als nächstes lud der Mann mit den geflochtenen Haaren und der Shaft-Sonnenbrille seine liebreizende Tochter Aisha Morris nach vorne, um die 33-jährige zu I’m Gonne Laugh You Out Of My Life am Piano zu begleiten. Zu ihrer Geburt hat der stolze Vater damals Isn’t She Lovely komponiert, das er ihr am heutigen Abend erneut widmete.{image}Nach My Cherie Amour platzte der Stimmungsknoten endgültig – die Fans hielt es nicht mehr länger auf den Sitzen: sie strömten in die erste Reihe und ein Mega-Hit-Feuerwerk begann zu explodieren. Mit Signed, Sealed, Delivered, I’m Yours - dem inoffiziellen Wahlkampfsong des US-Präsidentschaftskandidaten Barack Obamas, Sir Duke, Happy Birthday und I Just Called To Say I Love You folgte ein Top-Ten-Hit nach dem anderen. Erstaunenswert, über welche Energie der Soul-Riese noch immer verfügt. Nach mehr als zweieinhalb Stunden spielte die mittlerweile 58-jährige Motown-Legende zum krönenden Abschluss den Smash-Hit Superstition, womit letztendlich keine musikalischen Wünsche mehr offen blieben. Als Zugabe gab es dennoch As (Always) obendrauf, das 1998 von George Michael und Mary J. Blidge gemeinsam neu eingesungen wurde.

Auch wenn es in der großen Band hier und da zu Abstimmungsproblemen kam und die vier Background-Sänger(innen) noch weiter an der Symmetrie ihrer Choreografie arbeiten müssen, überzeugte Stevie Wonder besonders durch seine Herzlichkeit und seine ungemeine Leidenschaft, die sich auf die Musik übertragen hat. Damit kreiert die lebende Legende in jeder Stadt ein einzigartiges Konzert, wie es ihm auch an diesem Abend in Mannheim gelungen ist. 

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