Foo Fighters (Pressefoto, 2008) Fotostrecke starten

Foo Fighters (Pressefoto, 2008) © Ben Watts

Dave Grohl hat wohl in einer der legendärsten Bands weltweit das Schlagzeug bedient: Nirvana. Doch nach Kurt Cobains Selbstmord und der daraus folgenden Bandauflösung musste er sich ein neues Projekt suchen. Er taufte es Foo Fighters und hat nun seit 1995 mit dieser Band schon sechs Alben veröffentlicht. Das aktuellste Werk "Echoes, Silence, Patience & Grace" erschien 2007. Mit diesem Longplayer ist er im Moment noch auf großer Welttournee und machte kurz vor Southside und Hurricane auch auf der Kindl-Bühne Wuhlheide in Berlin Halt.

Dave Grohl. Bei diesen Namen horcht man auf. Hat er nicht bei dieser Grunge-Band namens Nirvana gespielt? Dieser legendären Band aus Seattle um den Frontmann Kurt Cobain, der sich 1994 mit einer Schrottflinte leider das Leben nahm? Jene Gruppe, die eine ganze Generation von Teens und Twens in den 90er Jahren beeinflusst hat? Ja, Dave Grohl war Nirvanas Schlagzeuger. Doch nach dem Tode Kurt Cobains löste sich die Band auf und die beiden anderen Mitglieder Dave Grohl und Krist Novoselic mussten sich Neuem zuwenden.

Während Novoselic nach mehreren eher erfolglosen Bandprojekten schließlich in der Politik landete, hat sich Dave Grohl bis heute der Musik verschrieben. Schon während der Nirvana-Zeit schrieb Grohl zahlreiche eigene Songs, die allerdings erst 1995 als Demo unter dem Namen Foo Fighters erschienen. Hier spielte er noch alle Instrumente selbst ein. Doch er wusste, dass er für eine Tour weitere Musiker brauchen würde und gründete aufgrund dessen schließlich eine eigene Band mit dem von der Demo schon bekannten Namen, die sich nach verschiedenen Besetzungswechseln schließlich zu einer Gruppe aus dem Schlagzeuger Taylor Hawkins, dem Bassisten Nate Mendel, Gitarrist Chris Shiflett und eben dem vom Schlagzeug an die Gitarre und den Gesang wechselnden Dave Grohl zusammensetzte.

Gleichzeitig war Grohl seitdem auch noch an anderen kleinen Nebenschauplätzen aktiv. So arbeitete Grohl im Jahr 2000 an seinem eigenen Heavy-Metal-Projekt namens Probot und tourte etwas später im Jahr 2002 als Gastdrummer mit der amerikanischen Stoner-Rockband Queens of the Stone Age durch die Welt. Hier spielte er außerdem auch alle Schlagzeugparts für deren Album Song for the Deaf ein. Sein Hauptprojekt blieben aber bis heute dennoch die Foo Fighters, mit welchen er 2007 mit Echoes, Silence, Patience & Grace schon bereits das sechste Studioalbum veröffentlichte.

Der Stil ist dabei eher nicht an den Grunge angelegt, denn den Sound der Foo Fighters kann man eher als klassische Rockmusik mit allen ihren Eigenheiten von Gitarrensolos, Schrei-Musik über eingängige melodiöse und akustische Parts beschreiben, die sich bestens für den Stadionrock eignen. Letzteres war besonders auf ihrer Platte In your honour zu vernehmen.

Dave Grohl führt sich bei Konzerten gerne als Rampensau mit Rockstar-Allüren auf, ohne dabei jedoch auf eine Prise Selbstironie oder Witz zu verzichten. Dies war auch an diesem Abend in der mit gut 15.000 Besuchern gut gefüllten Freilichtbühne Wuhlheide in Berlin der Fall. So begrüßt er das Publikum zunächst mit den Worten "Hi, this is our biggest fucking headlining show ever in Germany!", um danach erstmal gekonnt ins Mikrofon zu rülpsen.

Später zeigt er sein Stimmwandlungstalent, indem er mit einer kleinen Schauspieleinlage durch abwechselnd veränderter hoher und tiefer Stimme einen kleinen Dialog aufführt und hierbei zeigt, wie seine Stimme durch das oftmalige Schreien nach Konzerten klingt – nämlich heiser und basstief, ähnlich Lemmy Kilmister von Motörhead, wie Grohl zwinkernd anmerkt.

Schließlich sinniert er ein wenig sentimental übers Altern und die Zukunft als Rockopa: Sollten Fans ihn in ferner Zukunft mit Bewunderung wegen eines vergangenen Konzertes mit den Worten "Dave, i was at this show in 2008" ansprechen, würde er in Anspielung an das Erinnerungsvermögen mit bassiger Stimme antworten: "Who is this! Fuck you!". Das ist wahres Entertainment und man spürt Grohls Freude und Verliebtheit an dieser Tätigkeit. Vielleicht wird das ja sein zweiter Beruf werden: Late-Night-Talker. Talent dazu hat er mit Sicherheit. Das Publikum dankt es ihm mit breitem Lachen.

Apropos Zuschauer: Diese fragt Grohl, wer noch nie auf einem Konzert der Foo Fighters gewesen sei. Fast jeder der Besucher meldet sich daraufhin. Eigentlich sehr merkwürdig, besteht doch eine große Anzahl von Zuschauern, besonders auf den Sitzrängen, aus Mitvierzigern, die Grohl wahrscheinlich schon in ihrer Jugend durch Nirvana kennengelernt haben müssten.

Nach dem Konzert hat sich dies mit Sicherheit geändert und man kann sehr zuversichtlich sein, dass diese Fans auch wieder kommen. Denn welch eine große Spielfreude die Foo Fighters (neben dem oben beschriebenen Entertainment) in der Wuhlheide mit ihrem gut 140-minütigen Konzert an den Tag legten, war beeindruckend. Passend dazu, dass Grohl anfangs meint: "We are just fucking playing as long as we can!", denn viel länger als in dieser Nacht hätten sie wohl überhaupt nicht spielen dürfen: Durch behördliche Verordnungen müssen in der Wulheide alle Konzerte spätestens um 23 Uhr enden.

Die Foo Fighters haben vier Gastmusiker mitgebracht. Einen Keyboarder und Akkordeon-Spieler, eine Geigerin, einen Triangel-Spieler und Perkussionisten sowie einen zusätzlich vierten Gitarristen. Dieser ist besser bekannt als Pat Smear, ein ehemaliger Tour-Gitarrist von Nirvana und Gründungsmitglied der Foo Fighters. Dieselben Musiker stellt Grohl dann später ausführlicher vor und verlangt von jedem Künstler in der von mit blauen, violetten und roten Scheinwerfern sowie mehreren drehbaren Leinwänden, auf denen Videoanimationen zu sehen sind, ausgestatteten Bühne, ein kleines Solo ab. Besonders interessant ist das Triangel-Solo.

Das ist eines von zwei Dingen, an die Dave Grohl früher nie gedacht hätte, wie er kommentiert: 1. Mit seiner Band so groß zu werden. 2. Dass sich auf einem ihrer Konzerte jemals ein Musiker an einem Triangel-Solo versuchen würde. Dieses Solo bleibt aber natürlich nicht das einzige Solo bei diesem Konzert.

So lässt sich Dave Grohl nicht lumpen, Gitarrenriffs aus seinem Instrument zu quälen und auch der Drummer trommelt wie wild auf sein Schlagzeug ein. Die logische Folge: Riesiger Jubel und Applaus. Verstärkt wird diese Freude aber natürlich nicht nur durch die herrlich erklingenden Soli. Nein, der bedeutendste Grund ist hier wohl eher die unglaubliche Spielfreude der ganzen Band. Besonders dem schon so oft zitierten vollbärtigen und langhaarigen Dave Grohl, der wohl durch seinen ständigen Wechsel zwischen einem Sprint von einer zur anderen Seite der Bühne und am Mikrofon dem ständigen Mähne-Schütteln und Mitwippen des ganzen Körpers gleichzeitig Weltmeister im Ausdauerlauf wie auch im Haare-Schütteln werden will, sieht man die Leidenschaft an. Entertainer und gleichzeitig Rockmusiker sein, das passt eben sehr gut zusammen.

Dazu schreit er immer wieder mit allen Leibeskräften ins Mikrofon, um dann gleichermaßen wieder in ruhigere, melodiösere Gesangsabschnitte zu versinken. Diese Kraft seiner Stimme macht ihn, gepaart mit seinen Entertainmentqualitäten, zum Mittelpunkt auf der Bühne. Er strahlt eine unglaubliche Präsenz aus, ob am Anfang alleine mit Akustik-Gitarre bei dem vom Publikum laut mitgesungenen Song Everlong, oder am Ende während des Gitarrengewitters von vier Gitarristen.

Das Publikum ist von der Spielfreude der Band natürlich gleichermaßen beeindruckt, tanzt, klatscht und springt befreit durch die Gegend. Bei Songs wie My hero oder Best of you wird dann auch kräftig mitgesungen. Nachdem mit wachsender Konzertdauer die Nacht einbricht, werden schließlich auch einige Feuerzeuge aus den Taschen genommen. Diese bilden zusammen mit den hochgehaltenden Handys ein Lichtermeer, das eine einnehmende Atmosphäre erzeugt, der sich die Zuschauer nicht entziehen können.

Die Songauswahl gestaltet sich praktisch als kleines "Best-of"-Programm von alten Klassikern und neuen Songs. So werden Learn to Fly, My Hero, Time like these oder All my life genauso performt wie die neueren Songs, darunter das eingängige Let it die oder The pretender. Mit Big me greift die Band außerdem auch auf einer der ältesten Songs vom allerersten und noch grungigen Debütalbum Foo Fighters zurück. Mit dem dynamischen Best of you endet das Konzert schließlich nach gut zweieinhalb Stunden Spielzeit.

Ein Konzert, welches bewies: Dave Grohl gehört noch nicht zum alten Eisen der Rockstars, sondern ist so fit wie zu seinen besten Zeiten bei Nirvana. Eine Rampensau, die auch gerne mal die einen oder anderen Rockstar-Allüren zeigt, diese dann aber auch immer wieder mit seiner eigenen Selbstironie und Witz kommentiert. Der sein Rockstar-Leben also nicht unbedingt so ernst nimmt, wie der ein oder andere Musiker in diesem Geschäft. Und das macht ihn sympathisch. Er ist trotz seines Erfolges natürlich geblieben. Er ist wie er ist. Er ist Dave Grohl, ein Musiker mit einer Band namens Foo Fighters.

Alles zum Thema:

foo fighters