Nneka (live in Heidelberg, 2008)
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Nneka (live in Heidelberg, 2008) Foto: Simone Cihlar © regioactive.de

Nneka Egbunas Debütalbum "Victim of Truth" war, laut der englischen Sunday Times, das meist unterschätzte Album des Jahres 2006. Die Sängerin mit nigerianischen Wurzeln wurde dabei mit Erykah Badu und Lauryn Hill verglichen. Doch Nneka ist mehr als nur einen Vergleich mit diesen Musikerinnen wert. Sie ist individuell und vor allem eines: Sie ist echt! Sie spielt nicht und versteckt sich nicht hinter einer beständig grinsenden Maske, um beim Publikum gut anzukommen. Im Gegenteil.

{image}2008 brachte Nneka ihr neues Album No Longer At Ease auf dem Markt. Nun beweist sie auf ihrer derzeitigen Tour, dass sie bisher wirklich unterschätzt wurde. Auf ihrem Konzert im Heidelberger Karlstorbahnhof wurden ihr aber zunächst, leicht symbolisch für ihre bisherige Karriere, einige Steine in den Weg gelegt, denn es gab neben Kabelsalat und einem ausgesprochen widerspenstigen Mikrofonhalter auch ständige Probleme mit den Monitoren. Zwei gaben gleich zu Beginn der Show den Geist auf und die Perfektionistin wirkte ein wenig gereizt. Auf die Zurufe des Publikums, die sie mit "We love you" und "Wir können dich hören" zum Weitermachen animieren wollten, antwortete die zierliche Frau mit "I dont want to kill myself" und "Shut up". Unter diesen Umständen wollte sie partout nicht singen, weshalb das Konzert erst nach gefühlten 5 Minuten weitergehen konnte. Dieser Fauxpas tat ihr im Nachhinein sehr leid und sie entschuldigte sich mehrmals für den Zwischenfall bei dem Mädchen, zu dem sie "Shut up" gesagt hatte. Auch diese Geste war ernst gemeint. Sie wollte den Leuten eben eine gute Show liefern – was ihr dann auch gelang.

Mit ihrer vierköpfigen Band und ihrer bemerkenswerten Stimme (die live noch besser klingt, als auf dem Tonträger) verzauberte sie die Menschen im Saal, die über ihre Stimmungsschwankungen hinweg sahen und ihre Musik genossen. Mit viel Charisma und großen Emotionen sang sich die Wahl-Hamburgerin die Seele aus dem Leib und lieferte eine Show mit Gänsehaut-Gefühl.

{image}Dieser Frau ist in ihrem relativen kurzen Leben schon viel widerfahren. Ihre Erlebnisse und Gedanken spiegeln sich in ihrer Musik wieder. Aber nicht nur mit ihrer Musik versucht sie die Menschen zum Nachdenken zu animieren. Während ihrem Konzert sucht Nneka den ständigen Dialog mit dem Publikum. Ihre Gedanken und Texte befassen sich nicht nur mit gesellschaftskritischen Themen, sondern beinhalten u.a. auch den täglichen Kampf mit dem inneren Schweinehund und dem eigenen Ich. Man hatte den Eindruck, dass Nneka selbst ihre größte Kritikerin ist und sich schon sehr tiefgehend mit sich selbst auseinandergesetzt hat.

Nach knapp eineinhalb Stunden voll guter Musik (welche sich über alle Schubladen hinwegsetzt) und tosendem Beifall, Zugaberufen und energischem Stampfen von Seiten des Publikums, verabschiedet sich Nneka mit einem Lächeln und einer Zugabe von den begeisterten Menschen.

Manch einer könnte jetzt meinen, dass bei ihrem Konzert im Karlstorbahnhof die gute Laune und die positiven Vibes gefehlt hätten oder, dass die Frau mit dem Riesen-Afrob manchmal genervt, arrogant und zickig wirkte, aber dem war nicht so: Nneka ist eben eigen. Eigenartig, eigenwillig und eigentlich doch ganz normal.

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