Get Well Soon (live im Jubez Karlsruhe, 2008)
Foto: Marcel Benoit

Get Well Soon (live im Jubez Karlsruhe, 2008) Foto: Marcel Benoit © regioactive.de

Es ist selten, dass einem deutscher Musiker bereits vor der Veröffentlichung seines Debütalbums ein solches Medieninteresse entgegengebracht wird, wie im Fall von Konstantin Gropper, der seine Musik unter dem Namen Get Well Soon veröffentlicht. Sein am 18. Januar 2008 erscheinendes Erstlingswerk ist bereits Album des Monats im Musikexpress, im Visions und erhielt auch in anderen Publikationen, wie dem Rolling Stone, wohlwollende Besprechungen. Dementsprechend gespannt durfte man auf den Auftritt des Absolventen der Mannheimer Popakademie im Kulturzentrum dasHaus in Ludwigshafen sein.

Im gut gefüllten kleinen Saal des Hauses, der den Namen dôme trägt, hatte sich wenige Tage vor Weihnachten ein vornehmlich junges Publikum versammelt, um Gropper und seine sechsköpfige Band zu erleben. Der Jahreszeit angemessen präsentierten Get Well Soon ein Programm, das zum einen aus Liedern der beiden Weihnachts-EPs besteht, die sie in den letzten beiden Jahren veröffentlicht haben, und zum anderen aus Songs vom Debütalbum. Wirklich große musikalische Unterschiede gibt es zwischen den beiden Sets jedoch nicht. Laut rockende Stücke wechseln sich ab mit elegischen Popsongs, so dass Gropper ebenso seine empfindsame wie seine entschlossene und kraftvolle Seite zu zeigen vermag. Zudem erweist er sich als variabler Sänger, der über eine breite Palette von Ausdrucksmöglichkeiten verfügt und seine in englischer Sprache geschriebenen Lieder akzentfrei singt.

Der bemerkenswerteste Aspekt des Konzertes ist allerdings Groppers Talent für ausgefeilte Arrangements, die er (möglicherweise gemeinsam mit seiner Band?) für seine Lieder geschrieben hat. Mit Gitarren, Schlagzeug und Bass schaffen Get Well Soon einen dichten, druckvollen und energetischen Klang, der durch den Einsatz von Bläsern, Violine, Klavier und Xylophon ergänzt wird. Durch den gezielten Einsatz dieser Instrumente gelingen erst die feinen Akzentuierungen, in der Groppers Musik ihre volle Stärke entfaltet. In Bezug auf die Arrangements wählt er selten den direkten Weg, etwa indem er die Band lautstark vorwärts treibt, sondern entscheidet sich häufig für Umwege, indem er beispielsweise Dynamik und Tempo variiert, bestimmte Instrumente zurücknimmt und andere in den Vordergrund rückt. Oft endet ein Lied gänzlich anders, als es das Intro suggeriert und dazwischen liegt eine musikalische Achterbahnfahrt, komplett mit dramatischen Steigerungen, Tempo- und Dynamikwechseln. Dadurch entsteht in Lieder wie beispielsweise Green Island oder I Sold My Hands ein vielseitiges Klangbild, das immer überraschend und frisch wirkt.

Bei aller Lust für unterschiedliche musikalische Formen und Gesangsstile und seinem unzweifelhaften Talent als Songwriter, erweckt Gropper jedoch manchmal den Eindruck, dass sich allzu freigiebig bei bekannten Vorbildern bedient. Zu verschiedenen Zeitpunkten denkt man an Beirut, Calexico, Radiohead oder Arcade Fire und fragt sich, ob er vielleicht einfach noch nicht seine individuelle, unverwechselbare Stimme gefunden hat, obwohl Ansätze dafür in großer Zahl existieren. Die Tatsache, dass Gropper über die Fähigkeit verfügt, viele verschiedene Arrangements zu schreiben und wie eine ganze Reihe verschiedener Sänger zu klingen, sollte ihn nicht dazu verführen, allen Versuchungen nachzugeben und sich damit dem Vorwurf der Beliebigkeit auszusetzen.

Die Kritik an Groppers Vorgehensweise sollte jedoch nicht zu weit getrieben werden, denn zu engagiert, ja mitreißend agieren der junge Künstler und seine Band auf der Bühne. Get Well Soon gelingt es jedenfalls, ein neunzigminütiges Konzert auf sehr hohem musikalischen Niveau zu spielen und damit das Publikum wirklich zu begeistern. Man kann davon ausgehen, dass die Band viele Monate hart gearbeitet hat, um in so überzeugender Weise als harmonische Einheit aufzutreten. Wenn die Begeisterung des Ludwigshafener Publikums einen Maßstab darstellt, dann wird der Band auch nationaler und internationaler Erfolg vergönnt sein. Die Aufmerksamkeit, die Get Well Soon augenblicklich von vielen Seiten erhält, ist jedenfalls absolut berechtigt.

>> Unser Interview mit Get Well Soon: hier entlang!

Setlist:

Weihnachtslieder: Ride The Supersleigh – It’s Just Friendly Fire – Christmas In Adventure Parks – You’re Using All Your Senses Just For Being Sad – Listen! Those Lost At Sea Sing A Song On Christmas – Green Island Never Turns White – Dear Tempest-Tossed! Dear Weakened! –

„Normale” Lieder: Prelude – We Are Safe Inside While They Burn Down Our House – You/Aurora/You/Seaside – People Magazine Front Cover – If This Hat Is Missing I Have Gone Hunting – Viscontin, 1972 – Tick Tack! Goes My Automatic Heart – I Sold My Hands For Food So Please Feed Me

Zugabe: Take It With Me – Lost In The Mountains (Of The Heart)

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