Placebo - Rock am See 2006 (Bodenseestadion Konstanz)
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Placebo - Rock am See 2006 (Bodenseestadion Konstanz) Photos: Jonathan Kloß © regioactive.de

2006 warfen Placebo die Maschinerie wieder an: Das Album „Meds“ chartete wie gewohnt und auch Festival Auftritten im Sommer folgte eine ausgiebige Tour im Spätherbst. Ein Review vom Abschluss-Konzert dieser Tour – kein „Bitter End“.

Egal welches Geschlecht, egal welche Altersklasse: die lustigen bunten Streifen waren vorherrschend an den Körpern der Menschen, die an diesem kalten Mittwochabend die SAP-Arena in Mannheim betraten. Doch packen wir mal den Tigerenten-Ringel-Look beiseite und konzentrieren uns auf das Wichtige. Brian Molko ruft, und alle kommen.

Wenn Placebo sich ankündigt, rechnet man mit massig Leinwänden und ganz viel Blinke Blinke. Also nicht unbedingt augenfreundlich, darum war die Warnung des Veranstalters sicher berechtigt: "Die Show von Placebo beinhaltet lichttechnische Effekte (Stroboskope, Videoleinwände, etc.), die bei Epileptikern zu gesundheitlichen Problemen führen können." Aha, danke für die Info. Als Chart-Act mit Big Budget hat man natürlich immense Möglichkeiten, so wurden neben den farbigen Laserlichtern sagenhafte 12 große Leinwände aufgezogen die während der gesamten Show kunstvolles und Nonsens auf das Publikum einwirken lies.

Auch die Support-Band Howling Bells durfte die eine oder andere Leinwand für ihre Zwecke benutzen … oder sagen wir eher für das ein oder andere Ultraschall-Embryo-Bildchen. Frontfrau Juanita Stein, die stimmlich sehr an PJ Harvey erinnert, untermalte ihre hübschen Liedchen mit dem ein oder anderen Ausdruckstanz, widmete einen Song auch mal dem guten Brian (Ist das seine neue Schnitte??) und freute sich, dass so viele Menschen zum Tourabschluss nach Mannheim gekommen sind. Kurz mal die Stadt nennen kommt ja immer gut. Süß, die Kleine. Nach einer halben Stunde war auch schon wieder alles vorbei und die Menge freute sich auf Placebo.

{image}Den Anfang machte Drummer Steve Hewitt, es folgte mein Lieblingsschwede Stefan Olsdal und dann betrat Brian Molko die Bühne. Ein Ruck ging durch die Ringelshirt-tragenden Girlies rechts von mir. Wie war das noch mal: wenn ein neuer Lebensabschnitt beginnt, gibt’s eine neue Frisur? Das dachte sich wohl auch Brian, denn wo unlängst noch Haupthaar spross, lächelt uns jetzt eine Glatze an. Dass er diesen nicht vorhandene Haarschmuck schon seit dem neuen Album Meds trägt, scheint wohl an den traurig schauenden Tigerenten-Lillies vorbeigegangen zu sein. Na ja, aber eigentlich ist ja auch eher das wichtiger, was aus dem Kopf rauskommt, als das, was drauf ist. Und da kam was raus. Die Jungs von Placebo stiegen gleich mit einem Kracher ein, der Singleauskopplung Infra-Red. So schnell kann man sich die Sympathie des Publikums erspielen und ohne sich für den Ausdruck zu schämen, ist der Sound an diesem Abend wirklich als „fett“ zu bezeichnen. Das lag sicher auch an den beiden Gitarristen – Schrägstrich Keyboardern – die Placebo auf der Bühne lautstark aber meist im Hintergrund unterstützten. Derart im Hintergrund, dass immer klar blieb, wer zu Placebo gehört und wer eben nicht – nicht unbedingt eine empfehlenswerte Bühnenphilosophie. Dafür ließ die Interaktion mit dem Publikum keine Wünsche offen. So packten Stefan und Brian ihr bestes Deutsch aus, um ihre Fans mit Sätzen wie „Wir sind die Damen und Herren aus Placebo“ zu beglücken (laut Google Earth gibt es übrigens keine Stadt mit diesem Namen *g*).

{image}Auch die neue Single Follow the cops back home und der von einer Panzerfaust schwingenden Mona Lisa untermalte Klassiker Every you, every me durften in der hitgespickten Setlist der drei Musiker nicht fehlen. Bassist Stefan (der live mehrheitlich elektrische Sechssaiter bediente) animierte die tobende Menge auch gerne mal zum Mitklatschen oder pickte sich mit einem „Der Song ist für dich“ das ein oder andere Ringelshirt-Mädel aus der Menge, das in Folge sicher vor Aufregung nicht schlafen konnte. Einen weiteren Höhepunkt des Abends bildeten Special K und das kraftvoll rüber kommende The Bitter End. Mit diesem Single-Highlight aus dem Album Sleeping with Ghosts schloß auch das 1 ½ stündige Line-Up, doch Placebo durften natürlich nicht ohne eine Zugabe nach Hause. Diese beinhaltete Schmuckstücke wie das vom Live-Aid Auftritt bekannte 20 Years oder das Kate Bush Cover Running up that hill.

Nach fast zwei Stunden endete ein famoser Abend und die Tour mit einer kleinen Sektdusche für die vorderen Reihen und einem selig grinsenden Brian Molko, der sich jetzt sicher schon auf „Weihnachten mit dem kleinen Baby Jesus“ freut, oder wie dürfen wir die Klänge von Stille Nacht am Ende des Konzerts interpretieren? Placebo sind jedenfalls für einen unterhaltsamen Abend und eine ihrem Status entsprechende Show gut, und Spaß haben die Jungs auf der Bühne. Ach übrigens, auch ich gehörte zu der Ringelfraktion, auch wenn es bei mir nur die Socken waren.

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