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Nickelback (live in Mannheim 2016) © Mathias Utz

Mit einem Jahr Verzögerung präsentieren Nickelback die große Bandbreite ihrer Songs in der SAP Arena in Mannheim. Bis zur Zugabe bieten sie eine erstklassige Show - und vergreifen sich dann bei einem Song.

In der nicht ganz ausverkauften SAP Arena in Mannheim, in der vor allem in den Oberrängen einige Lücken zu sehen sind, spielt zunächst die kanadische Band Monster Truck als Special Guest. Auffällig ist vor allem Gitarrist Jeremy Widerman, der mit nacktem Oberkörper über die Bühne springt wie eine schlechte Kopie von Angus Young. Auch seinem Gitarrenspiel hört man an, dass er wohl sein ganzes Leben lang ausschließlich AC/DC gehört hat.

Der Rest des Musik ist eine Mischung aus Deep Purple und Black Sabbath, allerdings sehr schlecht abgemischt mit zu viel Bass und zu wenigen Mitteltönen. So ist der über 45 Minuten immer gleiche Sound bei dieser Lautstärke nur schwer erträglich. Das hilft es auch nicht, dass Ryan Peake bei einem Lied mitspielt.

Direkt Vollgas

Als Nickelback die Bühne betreten, wird schon bei den ersten Tönen klar, dass ab jetzt der Sound in die richtige Richtung geht. Glasklar und ohne jede Verzerrung ballert die Band mit "Edge Of A Revolution" los und die drei Gitarristen jagen ihren Metalsound mit Vollgas durch die Halle. Dazu klatscht das Publikum auf den harten Takt des Schlagzeugs. Es folgt ein lautes: "Mannheim" von Sänger Chad Kroeger, dessen Stimme sich nach seiner OP prächtig erholt hat.

Mit nun schwarzer Gitarre, auf der silberne Punkte wie ein Sternenhimmel leuchten, dreht Chad Kroeger samt Band den Gitarrensound wieder voll auf. Im Song "Something In Your Mouth" übernimmt in der Mitte Gitarrist Ryan Peake den Gesangspart. Die Energie peitscht förmlich durch die Halle. Die Zuschauer klatschen und auch auf den Sitzrängen erheben sich viele begeisterte Fans. So animiert wird auch "Animals" lautstark abgefeiert.

For The Ladies

Bei der Kamerafahrt über die ersten Reihen wird klar, dass dort viele weibliche Fans der Altersklasse 20+ stehen. Die sind besonders enthusiastisch und hüpfen zu "Too Bad" wild nach oben wie der ganze Innenraum – inklusive eines Fans, bei dem nur das mitgebrachte Pappschild mit der Aufschrift: "#1 Nickelback Fan" zu sehen ist. Dann fragt Chad eben diese weiblichen Fans an der Bühne: "Ladies, you wann make a selfie?" Dem Gekreische folgend kniet er sich an den Bühnenrand mit der Pommesgabel und wird so zum Hintergrundmotiv für diverse Selfies. So bedient man sein Zielpublikum.

In einer kurzen Pause stellt er seine Band vor. Neben Gitarrist Ryan Peake ist da noch sein Halbbruder Mike Kroeger am Bass und am Schlagzeug Daniel Adair, der laut Chad Kroeger "sexiest drummer". Bei "Photograph" bittet er schon vorher um gesangliche Unterstützung der Halle: "If you know the words, we would love that you sing with us". Zahlreiche Fans singen mit und filmen mit ihren Smartphones, während im Innenraum die Zuschauer ihre Fäuste wie Hämmer Richtung Bühne schlagen.

Weicher Rock und hartes Metall

Die folgenden Stücke könnten unterschiedlicher kaum sein. Jetzt wird die große musikalische Bandbreite von Nickelback in voller Dimension deutlich. Für "Lullaby" wird ein Piano auf die Bühne gefahren. Während auf der Videowand der Mond eingeblendet wird, sitzt Ryan Peake am Piano und singt emotionalen Schmuserock. Als Kontrast greifen Nickelback danach wieder zu den Gitarren und heizen mit schnellen Riffs zu "Figured You Out" das Publikum wieder hoch. Auf "If Today Was Your Last Day" folgt ein größeres Metal-Jam, das mit geballter Power das Publikum aufpeitscht. Das Medley aus "Flat On The Floor", "Woke Up This Morning" und "Fight For All The Wrong Reason" ist berauschend.

Der Coversong "Dirty Laundry" von Don Henley ist rockig, aber nicht ganz so aggressiv wie das Medley zuvor. Der Filmsong "Hero" von Chad Kroeger aus dem Film "Spider-Man" beginnt laut, wird zwischendurch sehr ruhig, zieht am Ende aber wieder voll an. Das musikalische Highlight ist aber "When We Stand Together", gespielt als halbakustisches Stück. Hier zeigen sich die musikalischen Fähigkeiten von Nickelback mehr als deutlich. Die eingängige Melodie wird getragen von den Akustikgitarren.

Es ist nicht das erste Mal, dass Nickelback halbakustische Versionen ihrer Songs darbieten. Bei früheren Touren wurden unter anderem "Far Away" und "Photograph" so gespielt. Rein von der Musikalität wäre es interessant, mal eine ganze Tour von Nickelback nur mit ihren Songs in halbakustischen Versionen zu hören. Für Chad Kroeger ist diese Musik einfach nur: "Geile Scheisse". 

Radiohits

Gegen Ende des Hauptblocks dürfen diverse Radiohits natürlich nicht fehlen. Den Anfang macht das umjubelte "What You Are Waiting For" aus dem letzten Album "No Fixed Address". Zu "Rockstar" holt Chad Kroeger einen Jungen und eine junge Frau auf die Bühne, die mit ihm singen sollen. Der Tontechniker bekommt dazu klare Anweisungen von Chad: "Wenn sie schlecht singen, regel sie runter. Und wenn sie viel besser als ich singen, dann auch."

Die Party steigert sich zum Maximum hoch. Zu "Gotta Be Somebody" hüpft, tanzt und klatscht die ganze Halle, während Nickelback die Gitarren heulen lassen. Als sie "How You Remind Me" anstimmen, singt die ganze Halle mit. Die Stimmung ist toll und Nickelback werden mit Standing Ovations verabschiedet.

Der Wellenbrecher

Idealerweise soll die Zugabe die Stimmung wieder aufgreifen und möglichst nochmal steigern. Das gelingt in diesem Fall nicht. Der erste Song der Zugabe ist der einzige echte Kritikpunkt an der Show. Das unruhige "Everlong", ein Cover der Foo Fighters, passt stilistisch überhaupt nicht zu den eingängigen Radiohits zuvor und wirkt wie ein Wellenbrecher für die zuvor herrschende Euphorie. Die Stimmung kippt ab, viele Fans verlassen schon die Halle.

Gott sei Dank fangen sie die Stimmung mit "Burn It To The Ground" sofort wieder ein und so können die Zuschauer doch noch euphorisch die Halle verlassen, nachdem sie Nickelback unter Riesenjubel verabschiedet haben. In rund zwei Stunden haben Nickelback gezeigt, dass sie eine großartige Live-Band sind, die musikalisch viele Facetten zu bieten hat.

Setlist

Edge Of A Revolution / Something In Your Mouth / Animals / Too Bad / Far Away / Photograph / Someday / Lullaby / Figured You Out / If Today Was Your Last Day / (Flat On The Floor / Woke Up This Morning / Fight For All The Wrong Reasons) / Dirty Laundry / Hero / When We Stand Together / What Are You Waiting For / Rockstar / Gotta Be Somebody / How You Remind Me // Everlong / Burn It To The Ground

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