Der Auftakt zum Jubiläum der 20. Ausgabe des SWR3 New Pop Festivals ist gelungen. Die Locations sind spitze, die Bands werden gefeiert und die Stadt Baden-Baden präsentiert sich auch ohne Sonne von ihrer besten Seite.

Den Auftakt in drei Tage bester Unterhaltung beim SWR3 New Pop Festival in Baden-Baden machen am Donnerstag die American Authors. Das Festspielhaus ist wie alle Veranstaltungsorte 2014 restlos ausverkauft und so legen die Jungs aus Brooklyn, New York auch gleich los wie die Feuerwehr.

Mitreißend: American Authors

Sie präsentieren zunächst die Songs aus ihrem neuen Album "Oh, What A Life", das im Mai dieses Jahres erschienen ist. Der Auftaktsong "Think About It" leidet zwar etwas unter einem etwas zu leisen Gesangsmikro im Vergleich zum lauten Schlagzeug. Dafür betätigt sich Sänger Zac Barnett als Trommler auf der vorne aufgebauten Singledrum.

Bei "Believer" steigert er sich derart rein, dass er als Einheizer der Massen eine Wirkung entfaltet wie einst die Taktgeber auf den Rudergaleeren der Antike. So reißt es vor allem die weiblichen Fans von den Sitzplätzen auf den Oberrängen und sie klatschen den vorgegebenen Takt im Rhythmus mit.

Mehr als ein Mädchenschwarm

Die Performance von "Trouble" ist nach dem wilden Auftakt ein kompletter Stilbruch. Der Song mit seinen Country-Elementen ist wesentlich ruhiger und klingt fast wie bei einem Akustikkonzert. Das steigert sich bei einem späteren Song sogar zu einem Auftritt komplett ohne Mikro. Zwei Bandmitglieder stellen sich an die Bühnenkante und singen ohne Mikrofon trotzdem so laut, dass es alle Zuschauer auch auf den höchsten Oberrängen noch deutlich hören können. Sie reizen die grandiose Akustik im Festspielhaus bis an die Grenze aus und legen so die beeindruckendste Performance des Auftaktkonzerts hin.

Auch wenn Sänger Zac Barnett vornehmlich von den weiblichen Fans angeschmachtet wird, wäre es unfair, die American Authors in die Boybandecke zu packen. Dafür sind die jungen Indie-Rocker aus New York viel zu variantenreich in ihrem Auftritt, legen starke Gitarrensolos hin und wechseln auch während dem Song mühelos von einer Pop-Ballade in einen Power-Rocksong. Natürlich gehört ein Gang zu den Fans ins Publikum mit kleineren Flirts dazu: Aber letztlich begeistern die American Authors alle Zuschauer und so endet die Show mit ihrem großen Hit "Best Day Of My Life", als alle Zuschauer mitsingen und die Band am Ende mit Standing Ovations verabschieden.

Sam Smith, König der Kopfstimme

Sollte Sam Smith jemals ein Titel verliehen werden, dann wäre es verdientermaßen: König der Kopfstimme. Exakt so präsentiert sich Sam Smith im Kurhaus. Auch wenn der Konzertauftakt erneut unter einem zu leisen Gesangsmikro bei zu starken Bassvibrationen leidet, zeigt der britische Sänger doch direkt sein gewaltiges Stimmpotential. Speziell die Performance zu "Leave Your Lover" gerät so emotional, dass es einen Zuhörer fast deprimieren kann. Der perfekte Song für die traurigen Momente des Lebens.

In der Mitte des Konzerts kippt die Stimmung aber in eine gefährliche Richtung. Trotz des sehr sauberen Gesangs verliert Sam Smith die Aufmerksamkeit von Teilen des Publikums. Viele Leute beschäftigen sich trotz großem Applaus nach jedem Song während der Performance mehr mit sich als mit dem Künstler auf der Bühne. So besteht die Gefahr, dass die Musik zur beiläufigen Unterhaltung verkommt. Es ist musikalisch ein schmaler Grat zwischen Wegträumen und Abdriften. Hier muss Sam Smith aufpassen, vor allem im Hinblick auf die bevorstehende Tour im März 2015.   

Das beste Mittel, das Publikum ins Konzert einzubinden, ist immer der eigene Gesang. So geschieht es auch im Kurhaus. Denn als Sam Smith mit "La La La" beginnt, ist die Aufmerksamkeit wieder voll auf die Bühne gerichtet. Jetzt kommt auch erstmals Stimmung während des Songs AUF und nicht nur Applaus danach. Das steigert sich nochmal bei "Money On My Mind", denn jetzt singen fast alle den Refrain enthusiastisch mit. Die Zugabe endet schließlich unter Riesenapplaus mit "Stay With Me".

Das Highlight: London Grammar

Der Auftakt von London Grammar im Theater könnte kaum faszinierender sein. Mit sphärischem Sound, untermalt von Gitarre und Keyboard, setzt Sängerin Hannah Reid zu einer spannungsgeladenen Performance an, mit der sie das Publikum sofort fesselt. Später setzt sie sich ans Klavier und überzeugt dabei ebenso bei "Wasting My Young Years", bei dem dann auch die sechs elegant gekleideten Mädels im Background an den Streichinstrumenten ins Geschehen eingreifen. In diese Performance werden später erstmals härtere Beats eingemixt, welche die Zuschauer zum Klatschen animieren. 

Mit ihrer glockenhellen Stimme entführt Hannah Reid die Zuhörer in jedem Song in eine neue Welt. Die Ursprünge als Cover-Band sind immer noch erkennbar, aber sie haben sich inzwischen zu einer faszinierenden, eigenständigen Band entwickelt. So führt der Abend über die Songs "Sights" und "Stay Awake" schließlich in eine stürmisch beklatschte, kurze Pause vor der Zugabe. Das Konzert endet mit einem musikalischen Gewitterregen in der Performance von "Metal & Dust".