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Begleitet von der Veröffentlichung seiner New Modern Classics-Collection geht Paul Weller zum ersten Mal seit vielen Jahren auf eine ausgedehnte Welttournee und spielt dabei auch 5 Konzerte in Deutschland. Der Mann, der sich in den letzten Jahren hierzulande eher rar gemacht hat, überzeugt in der vollen Batschkapp mit seiner Energie und Präsenz und nicht zuletzt mit seiner Stimme. Ein sehr erfreuliches Wiedersehen!

Allen Unkenrufen zum Trotz, dass er auf dieser Tour die Hallen nicht voll bekommen würde, findet sich in der neuen Batschkapp eine beachtliche Menge Fans ein, die die Halle bis nach hinten füllt: in die Jahre gekommene alte Mods, ein paar Fans aus dem UK, vereinzelt auch Jüngere. Eigentlich ist alles wie immer.

Einzigartig in seiner Generation

Wenn die Mitstreiter von Paul Weller (Steve Cradock oder The Moons mit Andy Crofts und Percussionist Ben Gordelier) in Frankfurt spielen, kommen gerade mal eine Handvoll Zuschauer, wenn Weller spielt, sind sie alle da. Zu Recht natürlich, denn Paul Weller bietet auch in seiner fünften Dekade als Musiker ein Liveerlebnis, das ihn aus der Reihe der großen Musiker seiner Generation herausragen lässt.

Und auch wenn man in anderen Generationen sucht, wird man Mühe haben einen Künstler zu finden, der so konsequent sein Ding durchzieht und dabei aber so gut bleibt wie er. Da reichen als Vergleich wirklich nur noch die ganz großen Namen, aber die sind im Schnitt 15 Jahre älter und gegen sie wirkt Weller immer noch wie ein Jungspund.

Hoher Energielevel

Eröffnet wird der Abend von der Hamburger Band Rhonda, die mit guter Stimme, angenehmen souligen Songs und stimmigen Arrangements das Publikum überzeugen und eine gute Visitenkarte hinterlassen. Dann geht das Licht aus und Weller steigt mit einem kraftvollen "Wake Up The Nation" in sein knapp zweistündiges Konzert ein. Hatte das Lied in der Studioversion eher einen etwas zickigen Marsch-Beat, klingt es jetzt ein wenig rollender, was der Nummer sehr zugute kommt. "Fast Car, Slow Traffic" vom gleichen Album folgt und überzeugt auch in seiner Mischung aus punkiger Energie und verspieltem 60s-Pop.

Das Energielevel bleibt hoch, denn die beiden Hits der "As Is Now“-Phase "Come On, Let’s Go" und "From The Floorboards Up" folgen unmittelbar. Weller sieht gut aus, die Entscheidung mit dem Trinken aufzuhören hat ihn wieder schlanker, energetischer und präsenter werden lassen. Auch wenn der Mann nicht jünger aussieht als er ist, hat er in den Augen noch das gleiche Feuer, das man all die Jahrzehnte bei ihm sehen konnte.

Publikum mit Steigerungspotential

Das Publikum kann diesbezüglich nicht mithalten. Zwar applaudiert es, jubelt vereinzelt, aber an diesem Abend bleibt der Energiestrom eine Einbahnstraße, was Weller allerdings in seinem Drang nicht bremst, er wird das Publikum am Ende höflich "a fantastic audience" nennen und sich nicht anmerken lassen, dass er schon weitaus begeistertere Crowds erlebt hat.

Das immer wieder gehörte Argument, sein Set basiere viel zu stark auf neueren, weniger überzeugenden Songs, lässt sich allein durch den Blick auf die Setlist entkräften – gerade mal ein Drittel der Songs stammen von den letzten drei Alben – und diese erleben, wie zum Beispiel "Sea Spray" an diesem Abend auch eine überzeugende Interpretation.

Kein Retro-Künstler

Lediglich das mediokre "Dragonfly" fällt aus der Reihe. Dafür gibt es wunderbare, lange nicht mehr live gehörte Nummern wie "Friday Street", "Pocelain Gods", "Going Places", "Foot Of The Mountain" und als Zugabe dann das grandiose "He’s The Keeper", das er für Ronnie Lane geschrieben hat.

Vergleicht man das Wirken der beiden Small Faces-Sänger/Songwriter Marriot und Lane mit der Karriere von Weller muss man erkennen, dass er vielleicht mittlerweile zum "Keeper" geworden ist, der als einziger deren Erbe am Leben hält und dabei trotzdem vermeidet zum Retro-Künstler zu werden.

Standesgemäßer Abschluss

Einige Hits gibt es natürlich auch, ob nun "My Ever Changing Moods" als einzige Style Council-Nummer des Abends oder die Jam-Klassiker "Tales From The Riverbank" und "Start!". Im Zugabenblock spielt Weller dann eine sehr soulige, verlangsamte, aber nicht weniger intensive Interpretation von "Out Of The Sinking".

Dann beschließt er den Abend standesgemäß mit einer immer wieder gern gehörten intensiven Version von "Whirlpools End" zu Ende geht. In dieser Form könnte Weller das Telefonbuch seiner Heimatstadt Woking runterspielen und es wäre ein Erlebnis. Wir freuen uns auf das nächste Mal!

Setlist

Wake Up the Nation | Fast Car/Slow Traffic | Come On/Let's Go | From the Floorboards Up | Sea Spray | My Ever Changing Moods | Tales From the Riverbank | The Attic | Going Places | Friday Street | Porcelain Gods | That Dangerous Age | Above the Clouds | Foot of the mountain | Dragonfly | 7 & 3 Is the Strikers Name | Peacock Suit | Start!

Zugabe 1 : He's the Keeper | Out of the Sinking | Picking Up Sticks | Be Happy Children

Zugabe 2: Wild Blue Yonder | Whirlpools End

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