Der Verein Kulturparkett anlässlich der Gründung

Der Verein Kulturparkett anlässlich der Gründung © Kulturparkett

Theaterkarten für die Eltern, ein Konzertbesuch mit dem Partner – auch in diesem Jahr werden unter den Weihnachtsbäumen wieder zahlreiche Eintrittskarten zu hochkarätigen Events landen. Aber nicht jeder kann sich die teuren Karten leisten. Der Verein Kulturparkett Rhein-Neckar tritt an, um Eintrittskarten für Einkommensschwache erschwinglich zu machen.

Kulturelle Veranstaltungen in der heutigen Gesellschaft sind für viele unerschwinglich, denn nicht jeder kann sich den Besuch von Konzerten, Theateraufführungen oder Kunstausstellungen leisten. Gerade dort, wo das Angebot an solchen Veranstaltungen überdurchschnittlich hoch ist, gibt das Anlass zum Nachdenken.

"Warum nicht auch in Mannheim?"

In Städten wie Hamburg oder Baden-Baden gibt es deshalb schon seit einiger Zeit Vereinigungen wie die Kulturlogen oder die Initiative "Kultur für alle" in Stuttgart und Frankfurt. Diese ehrenamtlichen Organisationen und Gruppen verfolgen das Ziel, Bedürftigen einen kostenfreien oder verbilligten Zugang zu kulturellen Aktivitäten und Veranstaltungen zu verschaffen.

"Warum sollte man das nicht auch in Mannheim versuchen?, dachte sich vor rund einem Jahr Natali Jurina. Lange schon hatte die Mannheimerin die Idee, in ihrer Heimatstadt etwas zu bewegen, denn gerade in einer Stadt, die sich kulturelles Engagement und Vielfalt auf die Fahnen schreibt, sollte ein Zugang zu diesem Angebot für alle Bevölkerungsschichten selbstverständlich sein.

Förderung durch das Land und den MVV

Mitstreiter waren schnell gefunden, denn bei dem Mannheimer Grünen-Stadtrat und Café cafga-Betreiber Gerhard Fontagnier rannte man mit der Idee offene Türen ein, hatte er doch bereits früher versucht, ein ähnliches Projekt zu lancieren.

Gemeinsam mit weiteren Kulturbegeisterten aus dem Delta hat man seither viel bewegt: Seit Januar 2013 ist das „Kulturparkett Rhein-Neckar e.V.“ als gemeinnütziger Verein im Vereinsregister eingetragen und dank Fördergeldern aus dem Innovationsfonds für kulturelle Bildung des Landes Baden-Württemberg und durch die finanzielle Unterstützung von Seiten der MVV ist es den Ehrenamtlichen möglich, das Projekt voranzutreiben.

"Kultur darf kein Luxus sein"

"Kultur darf kein Luxus sein", fordern die Kulturparkett-Macher, die sich dafür stark machen, auch denjenigen Zugang zur kulturellen Vielfalt zu beschaffen, die es damit momentan noch schwer haben.

Mannheimer Bürgerinnen und Bürger, die lediglich über ein geringes oder gar kein finanzielles Einkommen verfügen und deshalb gezwungen sind, ihre Prioritäten anders zu setzen, sollten nicht ausgegrenzt werden. „Der Geldbeutel darf nicht über die Teilhabe am kulturellen Leben entscheiden“, lautet das Urteil. Im Gegenteil: Jeder sollte die Möglichkeit haben, seinen kulturellen Horizont zu erweitern – unabhängig von Einkommen oder gesellschaftlichem Status.

Denn Kultur spielt eine wichtige Rolle bei der Persönlichkeitsbildung. Sie stärkt das Selbstbewusstsein, trägt entscheidend zur Bildung und Mitsprache bei und bietet überdies als angenehmen Nebeneffekt auch willkommene Abwechslung vom Alltagsstress.

Im zweiten Teil: Wie der Kulturpass Einkommensschwachen den Besuch von Kulturveranstaltungen ermöglicht.

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Kulturpass ab Mitte Januar erhältlich

Das Prinzip dabei ist eigentlich recht simpel: Ab Mitte Januar 2014 geben der Fachbereich Arbeit und Soziales in K1 und das Mannheimer Jobcenter den Kulturpass aus. Interessierte Mannheimer Bürgerinnen und Bürger, die bei einer der beiden Institutionen Leistungen beziehen – z.B. nach SGB II, Hilfe zum Lebensunterhalt bzw. Grundsicherung nach SGB XII oder nach dem Asylbewerbergesetz – können dort ein Formular ausfüllen, bei dem die jeweiligen kulturellen Interessen angegeben werden. Der zuständige Sachbearbeiter stellt dann den ein Jahr gültigen Kulturpass aus.

Mit diesem können die Inhaber sich aus dem Angebot auf der Kulturparkett-Homepage für sie interessante Veranstaltungen auswählen und sich telefonisch direkt beim Veranstalter eine Karte reservieren lassen. Diese kann dann unbürokratisch an der Abendkasse abgeholt werden, und zwar ohne Einkommensnachweis oder andere stigmatisierenden Restriktionen, nur mit Vorlage des Kulturpasses.

Das Kulturparkett wiederum steht im aktiven Dialog mit den regionalen Kultureinrichtungen sowie sozialen Institutionen und wirbt um Karten für attraktive Events. Diese kostenlos zur Verfügung gestellten, oder durch Spenden finanzierten Karten werden auf der Kulturparkett-Homepage veröffentlicht und können auf dem oben beschriebenen Weg von den Kulturpass-Inhabern erworben werden.

Zahlreiche Kooperationspartner

"Es ist viel passiert im letzten Jahr", erzählt die 4. Vorsitzende Stefanie Vogelbacher, die zu den Gründungsmitgliedern des Vereins zählt und vorrangig den Kontakt zu sozialen Einrichtungen in Mannheim herstellt. „Wir sind überall auf offene Ohren gestoßen und freuen uns sehr, dass so viele mitziehen.“

In der Tat haben die Kulturparkett-Macher schon einige Erfolge erzielen können: Neben dem Mannheimer Nationaltheater haben auch das Oststadttheater, das Theater auf dem Felina-Areal, die Reiss-Engelhorn-Museen, das Technoseum und das Künstlerhaus zeitraumexit Interesse an einer Kooperation bekundet, ebenso das Panoptikum , die musikalische Akademie des Nationaltheater-Orchesters, die Mannheimer Liedertafel und das Kantorat der Christuskirche.

"Wir stehen ständig im Dialog mit den Veranstaltern", erklärt Vogelbacher und weist auf ein weiteres Anliegen des Vereins hin: "Wir möchten auch als Vermittler auftreten." Denn das bereits bestehende Angebot in Mannheim ist groß: Sowohl Veranstalter als auch ehrenamtliche Vereine bieten bereits seit Jahren regelmäßig Rabatte und freien Eintritt für sozial benachteiligte Personen an – diese sollen nun auch auf der Kulturparkett-Homepage gebündelt werden.

Im dritten Teil: Kulturparkett Rhein-Neckar als Ausgangspunkt für die gesamte Region

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Sprungbrett in die Rhein-Neckar-Region

Weitere Ausgabestellen für den Kulturpass sollen ebenfalls ins Boot geholt werden. Auch sonst hat man noch viel vor: Den Namenszusatz „Rhein-Neckar“ haben die Macher nicht umsonst gewählt: Mannheim soll gewissermaßen die "Keimzelle" sein, in den kommenden Jahren möchte man versuchen, das Konzept Stück für Stück auf die Region auszuweiten, angepasst an die unterschiedlichen Kulturlandschaften in den Städten.

Und Vogelbacher verrät noch mehr über die Visionen des Vereins. Momentan seien die ehrenamtlich Arbeitenden zwar ziemlich gut ausgelastet, dennoch möchte man versuchen, in nicht allzu ferner Zukunft zusätzlich auch Begleitung zu Veranstaltungen anzubieten: So sollen beispielsweise freiwillige Helfer Gruppen zu Veranstaltungen begleiten, Hintergründe vermitteln und im Anschluss über das Gesehene sprechen.

Mitstreiter gesucht

Um Anregungen ist man dabei nicht verlegen. Auch an anderen Fronten sind die Kulturparkett-Macher auf Unterstützung angewiesen: Sowohl Veranstalter als auch Menschen, die den Verein unterstützen möchten – ob als Anbieter, als Mitglied, Spender oder als Ideengeber – steht die Kontaktaufnahme offen.

Dass so viel Engagement gewürdigt werden muss, ist auch der Stadt nicht verborgen geblieben. Beim Neujahresempfang soll das Kulturparkett zusammen mit weiteren Gruppen und Vereinen, die sich für die Mannheimer Gesellschaft engagieren, geehrt werden.

Das gibt den Machern natürlich Auftrieb: "Wir freuen uns sehr darüber, dass unser Engagement gewürdigt wird, und sind hoch motiviert, das Projekt im neuen Jahr weiter voranzutreiben", meint Stefanie Vogelbacher. Bleibt zu hoffen, dass sich der Verein mit seinem Angebot langfristig durchsetzen kann, denn an Ideen und Potential mangelt es den Machern nicht.

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