Laith Al-Deen (live in Bad Dürkheim, Kloster Limburg, 2014)

Laith Al-Deen (live in Bad Dürkheim, Kloster Limburg, 2014) © Akis Konstantinidis

Laith Al-Deen ist zurück und hat sein neues Album "Was wenn alles gut geht" im Gepäck. Wir sprachen mit ihm über seine anstehende Deutschlandtour, Schaffenskrisen, die Zusammenarbeit mit Peter Maffay sowie über die Live- und Musikerszene in der Rhein-Neckar-Region.

regioactive.de: Laith, drei Jahre Pause sind vorüber, dein neues Album ist Ende Oktober erschienen und heißt "Was wenn alles gut geht". Eine berechtigte Frage, denn du hast eine Schaffenskrise überwunden. Wie kam es dazu?

Laith Al-Deen: Letztlich war es ein gelungener Mix aus irgendwelchen Altlasten und dem Beruf des Musikers, der durchaus auch seine schwierigen Seiten hat. Die letzten zwei Alben liefen nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe. Rein persönlich haben sie mich auch nicht so glücklich gemacht, wie ich dachte. Dazu kam ein ordentlicher Sack Selbstzweifel, hohe Ansprüche aber auch Erwartungsdruck. Da kann es durchaus sein, dass man in die Knie geht. Das passiert vielen Leuten in ganz anderen Berufen ebenfalls. Warum nicht auch Musikern? Ich hätte es selbst auch nicht erwartet.

regioactive.de: Schaffenskrisen sind für Künstler nicht ungewöhnlich.

Laith Al-Deen: Genau. Eine solche Krise entsteht aus dem Leben heraus. Das Glück im Unglück war, dass ich mich damit auseinander setzen musste, was mir persönlich und auch musikalisch tatsächlich wieder Aufschwung gebracht hat.

"Ich hatte einfach keinen Hunger drauf"

regioactive.de: Brauchtest du in dieser Zeit eher Abstand von der Musik?

Laith Al-Deen: Sowohl als auch. In der kurzen Phase, in der mir wirklich gar nichts Spaß gemacht hat, habe ich es auch eine Weile gelassen. Ich hatte einfach keinen Hunger drauf und habe dann mehr Zeit mit Kochen oder Motorradfahren verbracht. Ich habe aber auch viel rumprobiert, mit Funk zum Beispiel, Blues-Nummern geschrieben oder an meiner Metal-Scheibe weitergeschraubt. Einfach, um zu schauen, wo der Funke überspringt und was das Glücksgefühl wieder zurückbringt.

regioactive.de: Viele Menschen leiden unter Burn-Out. Hast du ein paar Tipps aus eigener Erfahrung?

Laith Al-Deen: Das Entscheidende ist die Tatsache, mit sich umzugehen und zu merken, dass etwas nicht stimmt. Und sich dann im nahen Umfeld einen Ansprechpartner zu suchen, der das von außen beurteilen kann. Vielleicht ist dann der nächste Schritt zur professionellen Hilfe wesentlich leichter. Letztendlich ist es ganz gerne so, dass man sich bei solchen Sachen zu Hause vergräbt und darauf wartet, dass es vorbei geht, was genau das Falsche ist.

regioactive.de: Wie hat denn dein Umfeld reagiert?

Laith Al-Deen: Natürlich überrascht. Wenn du mit deiner Gefühlswelt nicht so offen umgehst, bekommt das ja keiner mit. Als ich das Ganze in professionelle Hände gelegt habe, habe ich im Freundeskreis aber keinen Hehl mehr draus gemacht. Der größte Teil davon macht auch selbst Musik.

"Ich will die Genre-Scheuklappen komplett ablegen"

regioactive.de: Lass uns über dein neues Album reden. Mir ist beim Reinhören direkt der kraftvolle, rockigere Sound aufgefallen. Wie kam es zu diesem Stilwechsel?

Laith Al-Deen: ich finde es tatsächlich mit ein paar Songs von früher vergleichbar – damit meine ich explizit die "Bandsongs", die es schon auf den alten Alben gab. Die waren natürlich auch produktionstechnisch mehr in den Kontext eingebettet, teilweise "gezähmt". Diesmal wollten wir die Live-Energie auch auf die Platte bringen. Das war ein Zusammenspiel aus meinen Vorstellungen und der Vision von Peter Keller, dem Produzenten. Es war ein ordentliches Stück Arbeit, das sich aus meiner Sicht wirklich gelohnt hat.

regioactive.de: Du hast dich ja schon immer in vielen Genres probiert. Hast du dich jetzt auch musikalisch wiedergefunden?

Laith Al-Deen: Mit dem, was ich auf dem Album höre, bin ich sehr zufrieden. Ich fühle mich wohl damit und transportiere das auch nach außen. Trotzdem habe ich den Plan, irgendwann die Rock-Scheibe, an der ich schon lange bastle, in irgendeiner Form zu veröffentlichen. Das Ziel ist, die Genre-Scheuklappen komplett abzulegen. Ich habe keine Lust mehr, der eine Typ zu sein, der diese eine Musik macht und sonst nichts anderes. Das aufzubrechen ist nicht ganz leicht, aber jetzt ist die Gelegenheit dazu.

regioactive.de: Eine Weiterentwicklung ist für Künstler immer schwierig, weil man nie weiß, wie die eigenen Fans reagieren.

Laith Al-Deen: Richtig und deswegen will ich da in Zukunft eine klare Trennung, sowohl optisch als auch in der Außenwirkung. Die Menschen sollen verstehen, dass ich nicht nur eine Musik mag oder dass es nicht nur einen Inhalt gibt, den ich vertrete. Ich bin mit viel Musik groß geworden, höre ganz unterschiedliche Musik und mache auch gerne unterschiedlich Musik. Es kommen Leute auf meine Konzerte, die denken, es gibt anderthalb Stunden eine originalgetreue Abbildung des Albums. Ich finde es immer schön, überrascht zu werden.

Im zweiten Teil spricht Laith Al-Deen über die Zusammenarbeit mit Peter Maffay, die Musikszene seiner Heimatstadt Mannheim und seine in Kürze beginnende Tour.

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regioactive.de: Du hast für die neue Platte auch mit Peter Maffay zusammengearbeitet. Wie kam der Kontakt zustande?

Laith Al-Deen: Wir haben uns in den letzten Jahren bei mehreren musikalischen Tätigkeiten getroffen, beispielsweise bei Tabaluga. Außerdem war ich Gast auf seiner Tour und habe meine Songs mit seiner Band gespielt. Dann hat er mich noch zu anderen Gelegenheiten eingeladen und wir haben festgestellt, dass wir uns in der musikalischen Herangehensweise sehr ähneln. Auf diese Weise kam auch sein Produzent Peter Keller ins Spiel. Es hat auch wirklich hervorragend funktioniert. Der gemeinsame Song liegt ihm und liegt mir.

"Mannheim ist für mich Heimat"

regioactive.de: Hast du schon immer davon geträumt, professioneller Musiker zu werden?

Laith Al-DeenEhrlich gesagt nicht. Es fing damit an, dass ich mich entscheiden konnte, ob ich Gitarre oder lieber Schlagzeug lernen sollte. Das war mit 13 Jahren. Auf dem Maimarkt in Mannheim sah ich dann eine Vorführung von Dr.-Böhm-Orgeln, ein klassisches 80er Jahre Alleinunterhalter-Instrument. Von da an wollte ich plötzlich Orgel spielen und hatte auch Unterricht eine ganze Weile – bis ich das sehr uncool fand (lacht). Letztlich bin ich dann bei der Gitarre geblieben und hatte in der Schulzeit meine erste Band. Und so nahm es dann seinen Lauf.

regioactive.deDu bist also ein Multi-Instrumentalist?

Laith Al-DeenAm Schlagzeug und an der Gitarre bin ich ganz gut am Start. Der Rest reicht fürs Songwriting. Vor ein paar Jahren habe ich mir endlich meinen Traum vom Kellerstudio erfüllt. So kann ich wesentlich entspannter verschiedene Stilistiken ausprobieren. Ich hab' dort alles, was ich zum Schreiben brauche, muss nicht immer andere Leute einladen und kann jederzeit meine Ideen "vorbauen". Die Demos schicke ich dann raus an meine Kollegen.

regioactive.deDu lebst ja noch immer in Mannheim. Was bedeutet die Stadt für dich?

Laith Al-Deen: Es ist Heimat. Ganz abgesehen von meinem Freundeskreis und einem Teil meiner Familie, der in der Nähe von Mannheim lebt. Hier bin ich zur Schule gegangen. Es ist die Stadt, die ich wirklich gut kenne und mit ganz vielen Erinnerungen verknüpfe. Als Motorradfahrer habe ich den Odenwald und Pfälzerwald. Viel perfekter geht's eigentlich nicht. Warum sollte ich hier wegziehen? Gut, kulturell könnte es hier ein bisschen mehr geben (lacht). Aber seitdem im Jungbusch die Jugend eingezogen ist und sich auch die Kneipenszene aufgelockert hat und spannender geworden ist, wird Mannheim insgesamt auch spannender und befindet sich in einem sehr interessanten Wandel, finde ich. 

"Es gibt ein ganz großes Proberaumproblem in der Rhein-Neckar-Region"

regioactive.deWas sagst du zur Liveszene?

Laith Al-Deen: Ich habe den größten Teil gar nicht mehr so richtig auf dem Schirm, aber man muss schon sagen, dass die Popakademie nochmal einen ordentlichen Ruck durch Mannheim geschickt hat, weil einfach mehr Musiker hierhergezogen sind. Ich genieße Projekte wie das Vereinsheim Baldu beispielsweise.

regioactive.deGehst du dann auch zu Konzerten und findet man dich dann im Publikum?

Laith Al-DeenAb und an auf jeden Fall. Gerade wenn es Freunde sind, gehe ich entweder als Musikerpolizei oder ich setz mich rein und genieße, was viel häufiger vorkommt. Dann kann ich einfach nur Gast sein und mich von Leuten verzaubern lassen. Schönes Ding!

regioactive.deProbst du mit deiner Band auch in Mannheim?

Laith Al-Deen: Ja, wir haben hier schon lange unseren Proberaum. Für die Tour sind wir jetzt noch bei den Söhnen Mannheims im Studio und ziehen dann nochmal um. Es gibt ein ganz großes Proberaumproblem in der Rhein-Neckar-Region! Wenn man mal etwas Größeres haben will, was nicht total abgeranzt ist, zahlt man entweder sehr viel Geld oder man renoviert (lacht).

regioactive.deLass uns abschließend noch über deine in Kürze beginnende Tour reden. Was erwartet uns?

Laith Al-DeenWir arrangieren viele Songs um und passen sie der aktuellen Platte an. Ich möchte vieles von dem neuen Material spielen, aber auch ein ein paar Perlen aus den älteren Alben. Songs, die gerne mal in Vergessenheit geraten, die wir schon lange nicht mehr gespielt haben oder die sich Leute im Internet wünschen. Das bereiten wir gerade alles auf. Mit einem sechsten Mann in der Band wird alles noch ein gutes Stück breiter und fetter. Eventuell darf man sich auch auf den ein oder anderen Gast-Auftritt freuen.

regioactive.de: Dann sind wir gespannt darauf und schauen uns das am 01. Februar 2015 im Capitol genauer an. Vielen Dank für das Gespräch und auf dass alles gut wird!

Laith Al-Deen live 2015

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