Laura Veirs

Laura Veirs © David Belisle

Laura Veirs ist eine amerikanische Songwriterin, die seit 1999 durch die Lande zieht und mit ihrem unscheinbaren Auftreten und ihrem charmanten Folkpop begeistern kann. Kürzlich veröffentlichte sie mit "July Flame" ihr mittlerweile siebtes Album. regioactive.de traf Laura Veirs in Berlin und sprach mit ihr über Pfirsiche, das neue Album, was sie vom Klimawandel hält und allgemein über ihr Verhältnis zur Natur, über Gedichte und die Wichtigkeit, gut miteinander zu kommunizieren.

{image}regioactive.de: Dein neues Album heißt July Flame. Das ist auch der Name einer Frucht, genauer: eines Pfirsichs. Wie kamst du auf diesen Namen und warum hast du ihn als Albumtitel gewählt?
Laura Veirs: Ich habe den Namen des Pfirsichs zuerst im Supermarkt gesehen. Und da ich Pfirsiche wegen ihres Geschmacks und ihrer Frische sehr mag und mir der Name spontan sehr gefiel, habe ich ihm zunächst einen Song gewidmet. Und als ich dann mehr Songs geschrieben hatte, entschied ich dann eben später, dass dieser Name auch ein guter Albumtitel sein könnte.

Wie würdest du deine Musik allgemein beschreiben?

Laura Veirs: Ich würde sie einfach als Folkmusik mit ein paar experimentellen Ansätzen beschreiben.

Ich finde dein neues Album klingt wie ein Sommeralbum für den Winter. Magst du den Winter oder den Sommer mehr?

Laura Veirs: Ich glaube, ich mag den Sommer mehr. Denn ich lebe in Portland, Oregon und dort gibt es im Winter leider sehr viel Regen und es ist ziemlich dunkel, finster und düster. Aber wenn der Frühling kommt ist Portland wunderschön, weil die Sonne dann sehr viel scheint. Genauso ist es im Sommer. Aber der Winter ist eben ziemlich finster und düster.

Das gleiche Wetter herrscht hier ja leider auch gerade in Berlin. Was denkst du denn über den Klimawandel? Denkst du, dieses sehr kalte Wetter ist eine Folge des Klimawandels?

Laura Veirs: Ich weiß nicht, ob das ein Anzeichen dafür ist, aber dass der Klimawandel gegenwärtig ist, das sehen wir ja alle. Das ist ein Problem, weil zu viel CO2 in der Atmosphäre auch große Probleme für die Zukunft bedeutet. Besonders für unsere Kinder und Enkel. Ich bekomme bald ein Baby und dieses Kind muss in dieser Zukunft ja später leben können. Deswegen betrifft mich der Klimawandel leider auch selbst, aber ich fühle nicht, dass diese kleinen Dinge, wie zum Beispiel die eisigen Temperaturen gerade, zwangsweise einen großen Wandel repräsentieren.

Ein Song auf deinen Album heißt Life Is Good Blues. Was meinst du damit?

Laura Veirs: Der Song handelt vom Kommunizieren. Wenn Leute gut und klar kommunizieren, ist das ein schönes Gefühl. Aber es ist schwer, eine Person richtig zu kennen oder gar kennenzulernen. Und so ist Kommunikation wie eine Balance zwischen zwei Menschen. Es ist ein Gefühl von Erleichterung, wenn du weißt, dass du die andere Person verstehst und diese dich versteht. Aber das passiert leider nicht oft. Ich finde es traurig, dass die Menschen teilweise nur noch sehr schlecht kommunizieren können.

Ein anderer Song heißt Sleeper In The Valley. Der Titel ist auch ein Gedicht von Arthur Rimbaud. Interessierst du dich für Gedichte und magst du sein Gedicht? Wenn ja, was fasziniert dich daran?

{image}Laura Veirs: Ganz generell mag ich Lyrik vor allem wegen der großen Leidenschaft, die ihr innewohnt. Denn ich glaube, wenn man sich wirklich in die Lyrik vertiefen will, dann muss man sehr leidenschaftlich und aufmerksam sein. Ich habe oft das Gefühl, dass ich diese Aufmerksamkeit für die kleinen Details leider nicht habe, aber dennoch mag ich Lyrik und liebe die Gedichte von Arthur Rimbaud. Ich denke, er zeigt in seinen Werken interessante Verbindungen von Dingen auf, die man normalerweise so nicht zusammensetzen würde. Auch sind sie sehr visuell und etwas bizarr. Eben sehr lyrisch. Aber das gefällt mir. Und seine Biografie finde ich auch sehr interessant. Denn er hat alle Gedichte zwischen seinem 16. und 19. Lebensjahr geschrieben. Da war er verdammt jung!

Welche Autoren magst du ansonsten noch sehr gerne?

Laura Veirs: Ich mag Ann Michaels sehr. Sie ist eine Dichterin aus Toronto, Kanada, und schreibt dazu auch noch Novellen. Und ansonsten mag ich einige von den klassischen Autoren, z.B. Kay Ryan. Sie ist in den USA gerade die Poet Laureate. Sie ist eine wirklich gute Dichterin. Du kennst ihre Gedichte wahrscheinlich nicht, aber vielleicht werden sie bald übersetzt. Im Moment ist sie jedenfalls eine sehr berühmte Dichterin in Amerika, aber ich denke, sie war lange Zeit auch sehr unbekannt, da sie schon seit längerem Gedichte schreibt.

Was hältst du von deutschen Dichtern?

Laura Veirs: Viele mag ich sehr gerne. Rilke zum Beispiel. Aber es ist schon lange her, seit ich ihn das letzte Mal gelesen habe. (lacht)

Ein anderer Song auf deinem neuen Album heißt Make Something Good. Wenn du etwas Gutes tun wolltest, was wäre das heute?

Laura Veirs: Heute will ich eine gute Show spielen und ansonsten einfach eine gute Einstellung zum Leben haben. Ich will jeden Moment so nehmen, wie er ist und mich daran erfreuen. Denn das Leben ist kurz und ich habe nicht mehr viel Zeit, bis ich ein Kind bekomme. Und wenn das Baby da ist, dann werde ich mit diesem wahrscheinlich ziemlich beschäftigt sein. Deswegen will ich einzelne Momente einfach festhalten und genießen. Ich denke sowieso, dass es gut ist, wenn man versucht, jeden Tag immer zu etwas Besonderem machen zu wollen und sein Leben nicht zu verschlafen.

Was ist für dich im Leben wichtig?

Laura Veirs: Für mich sind auf jeden Fall gute Beziehungen, gute Freundschaften, gute Kommunikation, Kreativität, Sorgfalt, Zuversichtlichkeit, Hoffnung und Spaß am Leben sehr wichtig.

In deiner Musik sind eine Reihe von Streichern und Chören zu hören. Wie helfen oder halfen dir diese Instrumente und Stimmen in deiner Musik?

Laura Veirs: Ich mag die Streicher-Parts auf der Platte sehr gerne. Normalerweise habe ich eigentlich keine Streicher auf der Tour mit dabei, aber ich denke, die Streicher sind für die jetzigen Live-Shows sehr wichtig, weil sie auch überall auf der Platte zu hören sind. Und ich liebe einfach den Klang dieser Instrumente. Der Gruppengesang ist für mich ebenfalls sehr wichtig, weil die Platte viel ruhiger wäre, wenn er nicht da wäre. Deshalb kommen auch in den Live-Shows vier Stimmen vor und das ist gut so. Weil es einfach Spaß macht, mit vier Leuten zu singen. Viele in der westlichen Kultur singen nicht mehr zusammen, aber ich glaube, das gemeinsame Singen ist etwas, was die Leute sehr mögen. Es schafft einen tollen Sound.

Welche Dinge beeinflussen dich in deiner Musik und in deinem Leben?

Laura Veirs: Für das neue Album wollte ich, dass jeder Song für sich selbst allein stehen konnte. Deshalb war ich froh, zusätzliche Musiker und Sänger an Bord zu haben und meiner Musik neue Streicher-Melodien hinzufügen zu können. Was mein Leben angeht: Ich weiß nicht, aber ich glaube, ich bin vor allem von meinen Freunden, von Musik, die ich selber mag, von Folk, von Busgeschichten und schließlich von fast allem, was in mir Aufmerksamkeit erzeugt, beeinflusst. Ich beobachte die Welt sehr genau und manchmal habe ich dann eben eine Idee für einen Song.

Und welche Musiker haben dich beeinflusst?

Laura Veirs: Ich bin sehr von älteren Country-Blues-Musikern beeinflusst, wie zum Beispiel Hank Williams. Aber es sind nicht nur die Sachen von früher, die mich beeinflusst haben, sondern auch Indie hat mich sehr inspiriert, sowie die Musik meiner Freunde, die selbst Musik machen. Oder aber der Sound von Musikern aus Seattle und Portland, von denen ich viele auch kenne.

Du bist ja von Seattle nach Portland gezogen. Lebst du lieber in Portland oder hast du lieber in Seattle gewohnt?

{image}Laura Veirs: Ich mag Portland mehr als Seattle. Es ist eine kleinere Stadt, es ist billiger, nicht so überfüllt und nicht so ereignisreich. Man kann mehr entspannen und es ist auch viel leichter, mit dem Fahrrad zu fahren, weil es dort sehr flach ist. Wir wohnen in einem Haus und einer wunderbaren Nachbarschaft, wo man sogar zu den Coffee Shops laufen kann. Ich finde es einfach schön, dass wir dort nirgendwo mit dem Auto hinfahren müssen.

Wie ist die Musikszene in Portland?

Laura Veirs: Sehr gut. Viele Leute, vor allem junge ziehen gerade nach Portland und auch viele Bands. Ich glaube, das liegt einfach daran, dass der Ort eine hohe Lebensqualität hat. Dort zu leben, ist sehr gesund.

Das Hauptthema in deiner Musik ist die Natur. Was liebst du an ihr und warum?

Laura Veirs: Eigentlich liebe ich alles an der Natur. Von Wäldern bis zu den Vögeln. Ich denke, alle Menschen lieben auf die eine oder andere Art die Natur. Da bin ich nicht die Einzige. Vielleicht fühlen sich auch deshalb die Menschen mit der Musik verbunden. Ich mag es zu wandern, am Strand entlang zu laufen, die Berge hochzusteigen, zu campen, in Seen zu schwimmen, aber mir macht es auch Spaß, in Portland einfach durch die Parks zu laufen. Das empfinde ich auch immer als sehr erfrischend.

Und welches Gefühl möchtest du mit deiner Musik transportieren?

Laura Veirs: Ich glaube das hängt sehr von den Songs ab. Manchmal möchte ich Traurigkeit und Melancholie, manchmal aber auch Heiterkeit oder etwas Geheimnisvolles erzeugen. Das hängt immer von den Songs ab. Es sind subjektive Gefühle.

Wenn du einen Tagtraum hättest, was würdest du in diesem Traum erleben?

Laura Veirs: Ich weiß nicht. Ich habe nicht wirklich oft Tagträume. Aber ich denke sehr an mein Baby und was das mögen würde. Und wie alles laufen wird, wenn das Baby dann da ist. Weil ich eben noch nie Mutter war. Deshalb ist das für mich alles sehr aufregend.

Und wenn du ein Mixtape erstellen müsstest, welche Songs würdest du für das Mixtape auswählen?

Laura Veirs: Es hängt ab, für wen dieses Mixtape ist. Aber ich würde wahrscheinlich Songs von Hank Williams oder Sam Cooke drauf packen. Und dann wahrscheinlich auch Musik aus Portland.

Was denkst du über Menschen, die Musik illegal downloaden?

Laura Veirs: Ich glaube es ist besser, wenn die Leute die Musik kaufen, als sie illegal herunterzuladen. Aber das wird man nicht immer hinkriegen. Es ist, als wenn man versuchen wollte, eine Riesenwelle zu stoppen. Trotzdem ist es für Musiker natürlich wichtig, Einkommen zu beziehen. Und dafür ist meiner Meinung nach das Touren der beste Weg, denn die Leute mochten schon immer Livemusik und das kann man eben nicht kostenlos kriegen. Aber natürlich es ist für viele Musiker beunruhigend. Weil ein Weg, um Geld mit der eigenen Musik zu verdienen, ist nun einmal durch CD-Verkäufe oder es als bezahlten Download anzubieten. Aber wenn es die Leute kostenlos beziehen, dann ist das für einen Musiker ein verlorenes Einkommen. Ich bin da auch etwas besorgt. Ich finde, es ist schwer zu sagen, wie es in Zukunft damit weitergehen wird.

Ich selbst lade mir Musik jedenfalls nicht kostenlos herunter, außer Promo-Sachen, die ich dann meist auch kaufe. Aber ich mag es mehr, CDs oder Vinyls zu kaufen und zu hören. Denn ich mag vor allem diese physische Form, das bildhafte Artwork, die Credits und all die ganzen anderen Details, die diesen CDs und Vinyls innewohnen. Für mich ist das eine eigene Form von Kunst, diese Artworks zu gestalten. Wenn man sich dagegen am PC die Musik anhört, wird man oft schnell von anderen Dingen abgelenkt.

Vielen Dank für dieses Interview!

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