Zweites Rhein-Neckar Comedyfestival im Rosengarten Mannheim, 2009

Zweites Rhein-Neckar Comedyfestival im Rosengarten Mannheim, 2009 © edelrot

Acht Comedians an einem Abend auf zwei Bühnen vor über 3000 begeisterten Zuschauern und über 4,5 Stunden volles Programm – wer da seine Bauchmuskeln nicht gespürt hat oder keine Lachtränen vergossen hat, war definitiv auf der falschen Veranstaltung. Für den Mannheimer Comedian Bülent Ceylan war es ein Heimspiel, und für alle anderen ein gelungenes Gastspiel. Das nächste Comedyfestival ist schon in Planung - in 5facher Ausgabe. Außer Mannheim können sich noch Karlsruhe, Stuttgart, Frankfurt und Wiesbaden auf dieses Event freuen.

{image}Comedy erlebt gerade einen Aufschwung, der so vor noch nicht einmal fünf Jahren denkbar gewesen wäre. Vor allem diverse Fernsehsender vermarkten Comedy und stellen dadurch auch viele Künstler der breiten Masse vor. Und da hatte Knacki Deuser in zweifacher Hinsicht völlig recht: erstens "muss man Comedy live erleben" und zweitens war von der so oft gesprochenen Finanzkrise an diesem Abend im Rosengarten Mannheim nichts zu spüren. Denn bis auf vereinzelte Plätze war der Mozartsaal ausgefüllt, um Bülent, Chako und Co. in ihrer Bestform zu erleben. Und das bei Preisen zwischen 35 und 55 Euro. Schon im letzten Jahr feierte das Comedyfestival einen fulminanten Auftakt, und das Konzept ging auch dieses Jahr auf. In zwei Räumen, dem etwas kleineren Musensaal und dem großen Mozartsaal, traten erst 4 Künstler im einen Saal auf, um nach der Pause den anderen Saal mit ihrem Programm zum Lachen zu bringen.

{image}Klaus-Jürgen "Knacki" Deuser, Moderator von NightWash, führte im Mozartsaal durch den Abend und hatte gleich am Anfang eine schlechte Nachricht zu überbringen: Cindy aus Marzahn hatte wegen Krankheit absagen müssen. Für viele Zuschauer war das eine bittere Enttäuschung, – für welche die Stilikone der etwas anderen Art wohl am wenigsten etwas kann – denn gerade wegen ihrer enormen Präsenz im Fernsehen zog sie wohl einen Großteil des Publikums in den Rosengarten. Doch für einen Ersatz war gesorgt: Cindys Kollegin aus der Schillerstraße, Lisa Feller, sprang kurzfristig ein. Mit den Worten angekündigt, dass sie noch nie vor einem so großen Publikum aufgetreten und deshalb sehr aufgeregt ist, machte sie sich ihr Lampenfieber gleich zum Thema und erzählte anschaulich, wie sie bei einer Ökotante namens Erika ein Seminar zur Bewältigung der inneren Aufgeregtheit besuchte. Und während sie zu Walklängen meditierten, um ihren Energiefluss zu konzentrieren, wusste Lisa in dem Moment, als die Leiterin die Kursteilnehmer dazu aufforderte, durch den Anus zu atmen, dass sie definitiv am falschen Ort ist!

{image}Den undankbaren ersten Auftritt hatte allerdings Heinz Gröning, der voll vor Erotik und Sexappeal strotzte und das Publikum gleich mit "Ich bin ein sensibler Poet, der im Körper eines zu stark behaarten LKW-Fahrers gefangen ist" in seinen Bann gezogen hatte. Denn wer absolut unerotisch ist und zugibt, unter einer Wahrnehmungsstörung zu leiden, kann bei jedem lasziven Hüftschwung ein tobendes Publikum erwarten. Das wirklich faszinierende waren seine Reime, Heinz Gröning ist ein grandioser Wortakrobat. Direkt im Anschluss kam ein Neuling der Comedy-Szene auf die Bühne, der Österreicher Matthias Seling, der seit drei Jahren in Köln lebt. Ein sehr symphatischer Comedian auf den ersten Blick, auf den zweiten ein symphatischer Entertainer mit vielen bösen Sprüchen auf Lager. Sein erster Satz: "Danke, dass ich als Österreicher vor so vielen Deutschen sprechen darf. Ich strebe auch kein politisches Amt an." Als Österreicher kann man sich auch über solche Themen lustig machen, allerdings war Seling nicht jedermanns Geschmack. Einen etwas schwereren Start hatte auch Dave Davis alias Motombo Umbokko, der Klomann bei McDonalds, der von Afrika nach Deutschland auswanderte. Er konnte die Zuschauer erst verblüffen, als er von seinem gebrochenen Deutsch auf einmal in perfekten bayrischen Dialekt wechselte. Leider gab es auch einen Comedian auf der Liste, bei dem die meisten Zuschauer beinahe eingeschlafen wären und die eine Hand nicht mehr die andere fand, um Signale der Zustimmung und Freude auszudrücken: Hans-Herrmann Thielke konnte man eher als Spaßbremse betiteln. Der Mann von der Post, der seit 2004 auf den Bühnen steht und schon unzählige Shows gemacht hat, konnte das Mannheimer Publikum nicht überzeugen. Ob es daran lag, dass Bülent Ceylan direkt im Anschluss erwartet wurde oder Thielkes neues Programm nicht den Erwartungen der Zuschauer gerecht wurde, kann nur vermutet werden.

{image}Die meist bejubelten Auftritte des Abends waren demnach klar heraus zu hören: Knacki Deuser noch vor der Pause, Christian "Chako" Habekost und Bülent Ceylan im zweiten Teil des Abends. Der NightWash Moderator Knacki Deuser sinnierte über die vielen Unterschiede von Amerika und Deutschland: das Amiland habe zwar Politiker, deren Namen gut klingen, die aber nichts können (Sarah Palin). Und wen haben wir Deutschen? Frau Leutheusser-Schnarrenberger. Ist ja klar, dass die was weiß, bei so einem Namen. Aber spätestens beim nächsten Vergleich lagen die Zuschauer bildlich unter den Stühlen. Denn Amerika hat noch wahre Helden: Chuck Norris! Und nach einer Litanei von Chuck Norris Witzen der ultimative Vergleich: denn wir, ja, wir haben Ottfried Fischer. Chako Habekost direkt nach der Pause musste nicht viel machen, um die Zuschauer zu begeistern. Denn in Mannheim ist jemand klar im Vorteil, der die Mundart beherrscht! Über seine Lieblingswörter Dud (Tüte!) und Kruschd (Krimskram) konnte er auch mehr als nur amüsante Geschichten erzählen, und schließlich mimte er einen alten Mann und erzählte Geschichten von früher, denn früher war alles besser!

{image}Aber ein Mann toppte selbst den Applaus, den Chako Habekost bekommen hatte: Bülent Ceylan. Er fing seinen Auftritt mit Vater-Witzen an, um dann ganz nebenbei zu erwähnen, dass seine Eltern im Publikum sitzen. Und es gibt einfach Menschen, bei denen es sich schlimm anhört, wenn sie versuchen, Hochdeutsch zu reden. Bülent Ceylan gehört absolut dazu! Zur Freude des Publikums musste Ceylan seinen Auftritt verlängern, weil der andere Saal wegen technischer Schwierigkeiten hinter dem Zeitplan war. Also ging er als seine Figur Manfred – man spricht: Mompfred – ins Publikum, der Graus für jeden Zuschauer. Als schizophrener, aggressiver, fluchender und spuckender Hausmeister beleidigte er jeden und alles, was ihm in den Weg kam. Auch die Ludwigshafener haben ihr Fett abbekommen ("ihr vollgeschissenen BASF-Verseuchten") oder liebevoll zum Publikum: "Ihr wolltet die Zugabe. Jetzt müsst ihr dran verrecken!" Es war ein Heimspiel für ihn, und bald geht es in die nächste Runde. Im Mai tritt Bülent Ceylan in der SAP Arena auf, es wird eine riesen Produktion, denn RTL ist mit Fernsehteams vor Ort.

 

 

 

 

"Das nächste Lied handelt von tiefer Depression und Sitzen gelassen werden. Der Titel: die Deutsche Bahn." (Heinz Gröning)

"Die Exfreundinnen deines Freundes treffen, das passt nicht zusammen. Das ist wie Tom Cruise und sich den Kopf stoßen." (Lisa Feller)

Zum Thema draußen rauchen: "Ich hab diesen Winter mehr Geld für Medikamente als für Zigaretten ausgegeben." (Matthias Seling)

"Ihr Frauen konntet euch wenigstens entwickeln. Früher habt ihr gekocht wie Mutti, heute sauft ihr wie Papi." (Knacki Deuser)

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