Die Woog Riots überzeugten bei ihrem Auftritt in Mannheim mit ihrem minimalistischen Elektro-Indie-Pop.

Die Woog Riots überzeugten bei ihrem Auftritt in Mannheim mit ihrem minimalistischen Elektro-Indie-Pop. © Daniel Nagel

Mit minimalistischen, sloganhaften Texten und einer spartanischen, aber liebevollen Bühnenshow lieferte die Darmstädter Band Woog Riots bei ihrem Auftritt im Mannheimer Bock ein Beispiel dafür, dass die kleinen Konzerte manchmal die besten sind.

{image}Der Bock in Mannheim ist eine Kneipe mit einer winzigen Bühne und Räumen, die im Idealfall einigen Dutzend Zuschauern Platz bieten. An der Tür entschuldigen sich die Verantwortlichen wortreich dafür, dass auf Wunsch der Band während des Konzerts ausnahmsweise nicht geraucht werden darf. Was für ein Glück, ansonsten hätten sich wohl Rauchhölle und schwüle Mannheimer Hitze zu einem undurchdringlichen Gebräu verbunden.

So hingegen steht dem Genuss des Auftritts des Darmstädter Duos Woog Riots, bestehend aus Silvana Battisti (Keyboards, Gesang) und Marc Herbert (Gitarre, Gesang), nichts entgegen. Die Woog Riots, benannt nach der Auseinandersetzung um einen Darmstädter Badesee namens Woog, spielen elektronischen Indie-Pop. Auf ihrem neuen Album Post Bomb Chronicles stehen Disco/Club-Beats im Mittelpunkt, während im Livekontext das Gitarrenspiel von Marc Herbert stärker in den Vordergrund tritt, was der Musik deutlich mehr Präsenz verleiht.

{image}Musik und Texte der Woog Riots wirken auf den ersten Blick fast primitiv. Über einem einfachen elektronischen Beat singen Battisti und Herbert ihren melodischen Indie-Pop. Wer sich darauf einlässt, findet humorvolle Slogans, versteckte Anspielungen, clevere Zitate und eine generelle Lust am Verrückten, Abgefahrenen. Der Musik der Woog Riots fehlt es keineswegs an Inhalt, vielmehr knüpfen sie an den genialen Primitivismus von Mark E. Smith an, den sie mit elektronischen Mitteln in die Gegenwart katapultieren.

Der Frontmann der legendären englischen Post-Punk-Band The Fall ist ein ständiger Bezugspunkt, sei es im Artwork des Albumcovers von Post Bomb Chronicles, das an die handgemachten Collagen der frühen Fall-Alben erinnert, oder in der Coverversion von Rebellious Jukebox. Sogar ein Tribute-Album mit Coverversionen haben die Woog Riots gemeinsam mit ihrem Labelchef Alfred Hilsberg zusammengestellt – kein Wunder, dass sie das Publikum fragen, ob fanatische Fall-Fans anwesend seien.

Das alles könnte leicht peinlich oder albern sein, hätten die Woog Riots nicht viele Songs mit eingängigen Melodien und erinnerungswürdigen Texten geschrieben. Dazu singen Silvana Battisti und vor allem Marc Herbert ihre englischen Texte mit einem sympathischen deutschen Akzent, der vermutlich deshalb passend wirkt, weil es sich um elektronische Musik handelt.

Besonders gut gelingen gerade die Songs mit lediglich rudimentären Texten wie Last Beat, das Hegelsche Dialektik auf Clublevel runterbricht oder People Working With Computers mit der sich ewig im Gehirn festbrennenden Textzeile "klickklickklick". In dieselbe Kategorie gehört Counterculture, das auf die allgegenwärtigen 1960er Bezug nimmt – ein weiteres häufiges Thema der Woog Riots, zu dem auch Anspielungen und Verweise auf Simon & Garfunkel und San Francisco passen.

{image}Dazu gibt es Songs über Sex mit Astronauten (Astronaut), Roboter (One Thousand Roboter), die Bankenkrise (Rhythm Of), die dominierende Kraft des Internets (Life Electric) und ein Frankenstein Tattoo, das größer sein soll, als das Tattoo auf dem Arsch von GG Allin.

Ganz großartig ist schließlich Commercial Suicide, das die Selbstverbliebtheit von Künstlern mit diesen Worten attackiert: "Once I made a record, I did it for you all, like the man on the cross, two-thousand years ago." Der Abschluss des Liedes mit "The difference between me and Jesus is the money" setzt dem Ganzen die Krone auf.

Wer an dieser Stelle denkt, dass das genau das richtige für ihn sein könnte, der sollte nicht zögern, die Woog Riots bei den verbleibenden Konzerten ihrer Deutschland-Tour zu besuchen. Es wird garantiert unterhaltsam und farbenfroh, denn die Woog Riots tragen blinkende Umhängelichter, deren Disco-Farbenspiele durch spezielle Brillen sichtbar werden. Dieses Gimmick verdeutlicht, warum die Woog Riots auf Ideen kommen, die ansonsten keine andere Band hat.

Setlist

Queen Of Pop | Alvin Toffler | People Working With Computers | Last Beat | One Thousand Roboter | Commerical Suicide | Backstage Lemonade | Kommt Gestern Morgen | My Disco Is A Rebellious Jukebox | Frankenstein Tattoo | We Are Not Houston | Mrs. Pharmacist | Rhythm Off | Counterculture | Live Electric | Frank Backwards | Astronaut