Ein Urgestein des Stonerrock ist derzeit auf Weltreise: Ex-Kyuss-Drummer Brant Bjork. Das noch blutjunge Heidelberger Kosmodrom beherbergte den Urzeitrocker für einige Momente erlesenster Gitarrenmusik.

{image}Es ist Sonntagabend, der 13. Juni 2010. In einer alten Fabrikhalle in Heidelberg, Stadtteil Pfaffengrund, steht ein glitzerndes Schlagzeug zwischen zwei großen, orangefarbenen Verstärkertürmen. Darüber hängt eine Leinwand, auf der ein südafrikanisches Fußballfeld zu sehen ist, wo Deutschlands Nationalelf gerade dabei ist, den Australiern zu zeigen, wie man Tore schießt. Auf den zahlreichen Bierbänken im Zuschauerraum vermischen sich die Fußball- und Musikfans zu einer heiteren Runde. Entspannter kann Public Viewing wohl kaum ablaufen.

{image}Gleich nach dem Abpfiff verschwinden wie von Geisterhand die Bierbänke und es wird düster. Kleine grüne Lasersterne tummeln sich an der Decke, dem Boden und den Wänden, auf der Bühne tut sich irgendwas, ein zweites Schlagzeug türmt sich auf, laute Geräusche von irgendwo, Menschen eilen hin und her, unverständliche Befehle, ein Knattern, ein Zischen, ein Knall, und da sind sie: Buddha Sentenza! Die wohl heißeste Neuentdeckung der letzten Monate auf dem Terrain des Stoner-, Space-, und Doomrock der Region. Auf einem instrumentalen Überschallflug durch psychedelische Parallelwelten jagen die fünf Kosmopiloten von einer unvorstellbaren Dimension in die nächste. Eine halsbrecherische Jagd nach den verschollenen Juwelen der neun Musen. Es ist zugleich aufregend und beruhigend zu wissen, dass es Menschen gibt, die solche Musik machen. Es ist großartig, solche Musik live erleben zu dürfen, und es ist der Hammer, dass diese Typen gleich hier um die Ecke wohnen. Sowas gibt es tatsächlich nicht mal im Fernsehen. Wer Buddha Sentenza noch nicht gehört und erlebt hat, der darf sich diesen Sommer über neues Futter für iPod und Terminkalender freuen.

{image}Das erst im Mai eröffnete Kosmodrom beweist nun, dass es trotz seiner Jugend selbst echte Größen der modernen Rockmusik zu tragen bereit ist. Unter dem Jubel der angereisten Fans betritt zu später Stunde Brant Bjork mit seiner Band die Bühne. Mit paradoxer Leichtigkeit grooven die zentnerschweren Riffs aus den Verstärkern, und Brants klagende Stimme klebt sich darüber wie dickflüssiges Öl. Sich lässig in den Hüften wiegend, treibt er seine Zuhörer die staubige Landstraße hinunter durch die Nacht, verspricht Verheißungsvolles, schwört Verschwiegenes, umreißt das Namenlose. Er ist der Voodoopriester in dieser Zeremonie, und während sein Kopf leise nickend die dunkellockige Mähne erzittern lässt, wandern seine Finger in fast unerträglicher Gelassenheit über die Saiten seiner Gitarre, klettern von einer magischen Melodie zum nächsten verwunschenen Riff.

Mit Brandon Henderson hat er sich einen exzellenten Leadgitarristen mit ins Boot geholt, der zusammen mit Drummer Giampaolo Farnedi und Bassist Billy Cordell eine hervorragende Figur macht. Etwas seltsam wirken die klanglich leicht in Richtung Pappkarton gedrehten Drums, die gegenüber dem extrem bratigen Gitarrensound etwas dünn wirken. Man darf jedoch davon ausgehen, dass jemand, der seinerzeit schon bei zahllosen Konzerten mit Bands wie Fu Manchu und Kyuss die Trommeln gerockt, und im Dunstkreis der Stonerszene von damals und heute etliche Studioalben auf dem Kerbholz hat, durchaus in der Lage ist, sein Schlagzeug genau so klingen zu lassen, wie er möchte. Ein wenig eigen und fast schrullig wirkt auch Brants ganzes Auftreten. Er weiß, was er will, und macht das auch – und nichts anderes.

{image}Es ist schon weit nach Mitternacht, als die Band langsam zum Schluss kommt, und der Frontman mit dem Stirnband sich aufrichtig dafür bedankt, dass man sich trotz des drohenden Montags und des vorangegangenen Deutschlandspiels hier versammelt hat, um ihm Tribut zu zollen. Ein Mann mit so viel Vorratslorbeeren aus einer recht bewegten Vergangenheit hätte sich eine weitaus unmotiviertere Show leisten können, um weiterhin im Geschäft zu bleiben. Er liebt seinen Sound, und man sieht es ihm an, nicht nur, wenn er zuweilen vergnügt auflacht.

So braucht auch gar nicht lange im Takt geklatscht werden, bis Brandon Henderson wieder auf der Bühne erscheint, um auf seiner Gitarre die Zugabe anzuschneiden. Mit einem langgezogenen, breiten Schlussstrich belohnen Brant Bjork und seine Musiker schließlich ihre Zuhörer, um dann endgültig in der Nacht zu verschwinden.

Die Musikbegeisterten im Rhein-Neckar-Delta dürfen inzwischen gespannt sein, was das Kosmodrom in Zukunft noch alles für sie bereithalten wird. Dieses Jahr könnte noch verdammt heiß werden…

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