Stereophonics

Stereophonics © Soren Solkaer Starbird

Seit 18 Jahren macht die walisische Rockband Stereophonics schon Musik und konnte in ihrer Karriere so manchen Erfolg feiern, nicht zuletzt auch mehrere Nummer 1 Chart-Platzierungen für ihre Alben. Vor kurzem erschien ihr neues Werk "Keep Calm And Carry On". Unser Redakteur Daniel Voigt traf Bassist Richard Jones und Schlagzeuger Javier Weyler in Berlin und sprach mit den Musikern über ihr neues Album, ihre Musik im Laufe der Zeit, soziale Plattformen und Musikdownloads.

{image}regioactive.de: Mögt ihr Berlin?
Javier: Oh ja. Hier passieren einfach unglaublich viele Dinge. Und man spürt, dass es hier eine Underground-Szene gibt.
Richard: Wir haben als Band in Berlin schon sehr viel Zeit verbracht. Wir sind hier immer wieder gerne ein paar Tage in der Stadt, ohne etwas Bestimmtes tun zu müssen und um stattdessen die zahlreichen Sehenswürdigkeiten von Berlin zu erkunden. Ich interessiere mich dabei vor allem für die Geschichte und die Architektur Berlins. Denn Berlin ist für mich eine der wichtigsten Städte Europas. Und ich finde es spannend, darüber mehr zu erfahren.

Euer neues Album heißt Keep Calm And Carry On. Wie kamt ihr auf diesen Albumtitel und was soll er ausdrücken?

Richard: Ein Albumtitel entsteht ja meistens erst am Ende der Fertigstellung eines Longplayers, wenn du die Platte abmischst und versuchst, dafür einen Titel zu finden, der etwas über das Album aussagt. Wir haben diesen Titel gewählt, weil dieser eine Reihe von Eigenschaften vieler unserer Songs mit seinen textlichen Inhalten und die Stimmung in unserem Land in dieser Zeit widerspiegelt. Ich finde, dass der Titel auch gut auf unsere Band bezogen werden kann, während wir das Album aufnahmen und er gut erklärt, wie wir als Band überhaupt handeln und denken. Allerdings deutet der Titel auch noch ganz andere Sachen an. Zum Beispiel, was wir als Musiker tun und wie wir generell mit der Musikindustrie umgehen. Denn manche Leute denken, dass man ohne die Musikindustrie keine Chance hätte. Aber Bands machen ja das, was sie sowieso schon immer machen wollten. Zum Beispiel an Alben arbeiten, diese live vorstellen und so weiter. Deshalb denke ich, dass man als Band auch ohne die Musikindustrie Musik machen könnte.

Javier: Ich denke darüber ähnlich. Der Titel repräsentiert sehr stark den damaligen Zustand und wie wir uns in dieser Zeit gefühlt haben.

{image}Ihr habt eure Band 1992 gegründet. Damit seid ihr jetzt 18 Jahre alt und volljährig. Wie hat sich eure Band in dieser ganzen Zeit gewandelt und verändert?

Richard: Wir sind ja große Fans von vielen verschiedenen Arten von Musik. So mögen wir Rock'n'Roll-Bands genauso, wie auch Independent-, Elektro-, HipHop-Bands oder allgemein Klassik-, Country- und Songwriter-Musik. Und wenn man dann selber Songs entwickeln und veröffentlichen darf, dann merkt man, was man den Leuten mit Stereophonics alles zeigen kann. Wir wollen abwechslungsreichen Rock bieten und verschiedene Stile austesten. Und wir sind sehr stolz darauf, dass wir das auf unseren Alben tun können. Denn als Musiker oder Songwriter schaffst du immer etwas, was dich interessiert. Du willst dich nicht wiederholen, sondern willst dich stattdessen lieber inspirieren lassen. Man bleibt damit ja dennoch die gleiche Band.

Was waren die schönsten und die schlimmsten Sachen, die ihr bisher in eurer Karriere erlebt habt?

Richard: Mir bedeutet es sehr viel, dass ich schon mit all den ganzen Musikhelden spielen konnte wie den Rolling Stones, David Bowie, Foo Fighters oder auch den Red Hot Chilli Peppers. Wir spielten mit all diesen Bands entweder auf derselben Bühne oder waren und sind in der gleichen Agentur vertreten. Ich finde, es ist sehr inspirierend zu wissen, dass man mit all diesen Leuten auf einer Bühne steht, dieselben Zuschauer vor der Bühne unterhält und dass man einerseits an einem Teil des Tages ihre Musik hört und später dann auch seine eigene Musik hören kann. Man will ein Teil einer großen Sache sein, die andere Leute vielleicht entsetzlich finden. Und das ist eine schöne Sache.

Javier: Das Schöne daran ist natürlich auch, dass man als Band durch die Welt reisen und dabei die eigenen Songs den Leuten vorspielen und die damit verbundenen Gefühle mit ihnen teilen kann. Das fühlt sich an wie eine Reise, bei der man versucht, Orte und Menschen zu erobern. Und das ist ebenfalls eine tolle Sache, denn du fühlst dich dabei immer sehr lebendig. Und du kannst den Leuten zeigen, dass man so auch Jahr für Jahr über die Runden kommen kann. Auch wenn diese Lebensweise kein Ende findet. Denn solange du Alben aufnimmst und veröffentlichst, gehst du auch auf Tour und zeigst den Leuten automatisch deine Musik. Aber ich finde das großartig.

Ein zentrales Thema in eurer Musik ist die Liebe. Was bedeutet sie für euch und welche Erfahrungen habt ihr mit der Liebe sammeln können?

Richard: Erst einmal gibt es natürlich ganz verschiedene Arten von Liebe. Von Herzschmerz-Geschichten über Trennungserfahrungen oder die erste, plötzliche Liebe, wenn man eine Person zum ersten Mal trifft und sieht. Deswegen spielt Liebe naturgemäß eine sehr große Rolle, da in diesem Gefühl sehr viele Emotionen zusammenfallen und einen inspirieren, darüber zu schreiben. Zum Beispiel eben über das erstmalige Treffen mit einer Person und wie man sich fühlte, als man den jeweiligen Menschen traf. Und auch ansonsten spielt die Liebe eine große Rolle im alltäglichen Leben eines jeden Menschen. So sieht man liebende Menschen überall. Ob im Supermarkt, auf der Straße oder auch im Auto.

Einer der neuen Songs heißt Innocent. Was bedeutet das Wort für euch?

Richard: Der Song handelt von Einstellungen und Mentalitäten, die Menschen haben, die in einem bestimmten Alter frei von Respekt sind und alles ausprobieren wollen. Zum Beispiel Drogen zu nehmen, Sex zu haben oder andere Dinge zu machen. Das kann eine Form von Unschuld sein. Man fühlt sich in dieser Zeit frei von aller Verantwortung. In der Zeit bist du weder ein Kind, noch ein Erwachsener. Stattdessen studierst und lernst du beide Seiten besser kennen. Darum geht der Song vor allem. Und ob man sich nun mehr als Erwachsener oder Kind fühlt, es ist vor allem wichtig, dass man das macht, was einem Spaß und was einen glücklich macht.

Könnt ihr eure Musik und die im Lauf der Zeit dort entstandenen Veränderungen in eigenen Worten beschreiben?

Richard: Sicher ist: Es gab in unserer Musik sehr viele Veränderungen. Wir haben auf dem ersten Album eigentlich nur die Instrumente aufgenommen, die wir selbst spielen konnten. Damals waren es sehr einfache Bedingungen. Über die Zeit haben wir aber dann neue Produzenten getroffen, neue Musiker kennengelernt und haben uns in Sphären bewegt, die uns inspirierten, alle Instrumente zu benutzen, die wir für unseren Sound als nützlich empfanden und mit denen wir arbeiten wollten. Und was Inspiration angeht: Da wurden wir von so vielen Sachen inspiriert und suchen eigentlich bis heute nach immer weiteren Quellen.

Welche Musik, Bands oder Musikstile haben euch denn besonders beeinflusst?

{image}Javier: Ich denke, wir hören alle ganz verschiedenartige Musik. Genauso, wie wir als Band verschiedene Musikstile spielen können. So sind in unserer Musik sowohl Punk-, als auch Rock- und Heavy-Elemente vorzufinden und alle unsere Songs sind sehr emotional aufgebaut. Unsere Einflüsse beziehen wir vor allem von unseren Eltern und Familien. Und so repräsentieren die Alben sehr gut den Zustand, in der sich die Band im jeweiligen Zeitpunkt der Aufnahme gerade befand. Gut vergleichen kann man das wiederum, wenn man die Songs aus verschiedenen Perioden in einem Set zusammenfasst. Daraus entsteht dann ein Gesamtwerk und dieses Gesamtwerk ist es eben, was uns vor allem charakterisiert und zeigt, wer wir eigentlich sind.

Am Beginn eurer Karriere habt ihr oft Coversongs gespielt. Was ist euer liebster Coversong?

Richard: Ich weiß nicht. Wir haben so viele Coversongs über die Jahre gespielt, da kannst du keinen einzelnen Song herauspicken. 

Javier: Man spielt ja auch oft unerwartet Coversongs, wenn man zum Beispiel in einer Radioshow zu Gast ist. Wir mögen aber auf jeden Fall Beatles-Cover, The Jam-Cover, aber auch Coverversionen von den Foo Fighters, Iggy Pop oder Neil Young.

Richard: Sachen, die man als Cover spielt, sind ja schon meistens herausragende Songs. Du spielst die Coverversionen deshalb vor allem darum, weil die Songs dir etwas bedeuten. Es macht einfach Spaß, eigene Versionen von manchen Songs zu erschaffen.

Seit Jahren gibt es schon Internet-Plattformen, zum Beispiel Bandportale oder soziale Netzwerke, wo man sich als Bands mit seinen Fans austauschen kann. Inwiefern nutzt ihr dieses Instrument und wie habt ihr eure Musik promotet, als es zu euren Anfängen diese Möglichkeiten noch nicht gab?

Richard: Früher promotete man seine Musik vor allem durch die Kommunikation mit Journalisten und dem Auftreten auf Festivals oder in Radio- und Fernsehshows. Mit den neuen Medien wie dem Internet hat man nun ein großes Spektrum an Kommunikationsmöglichkeiten dazugewonnen. So kann es nun sein, dass zum Beispiel jemand aus Brasilien ein Interview, welches du vor 5 Jahren irgendwo in einer Fernsehshow gemacht hast, anschaut. Für dich als Person ist das manchmal hart. Weil für diese Person dieses Interview dann eine aktuelle Referenz ist, während der Moment für uns schon lange her oder sogar schon fast vergessen ist. Jemand sucht sich hier also ein Moment unserer Karriere als entscheidend heraus, während es für uns nur einen Moment unserer Karriere darstellt, der schon etliche Jahre zurückliegt. Damit umzugehen kann manchmal schwierig sein. Aber es ist auch genauso brillant. Die Fans können sich im Internet ganz viele Sessions von uns ansehen und damit überlegen, ob sie unsere Musik kaufen wollen oder nicht. An diesen Beispielen sieht man, dass dieses Medium eine Menge Leute auf der ganzen Welt erreicht. Und als Musiker lernst du, das Internet als Vorteil zu nutzen.

Was haltet ihr von Musikdownloads und dem verbreiteten Trend, nicht mehr das Album als Ganzes, sondern nur noch einzelne Tracks anzuhören?

Richard: Ich finde, man kann die Art, wie wir Musik hörten und wie es die heutige Jugend macht, nicht voneinander trennen. Wir liehen uns früher ja auch gegenseitig Musik aus, in Form von LPs oder CDs oder eben durch einen Tipp von jemandem, der uns dies und das empfahl.

Javier: Oder man hörte sich Mixtapes an und wählte daraus dann seine Lieblinge aus.

{image}Richard: Genau! Man konnte sich auch ein Song vom Mixtape nehmen und bastelte sich dann aus allen möglichen Songs ein eigenes Mixtape mit den jeweiligen Lieblingssongs. Meiner Meinung nach ähnelt es der heutigen Vorgehensweise bei Musikdownloads sehr. Nur denke ich, dass die Plattenfirmen diese Entwicklung so schnell einfach nicht kommen gesehen haben. Dafür zahlen sie nun den Preis. Und Bands, die Musik machen, aber keinen Vertrag mit einer Plattenfirma haben, müssen dann eben auf der Straße spielen, wenn keine Venues für sie frei sind.

Javier: Ich glaube, das Downloaden wird sich auch in der Zukunft weiter ausbreiten. Du kannst das nicht ändern und du kannst dagegen auch nicht vorgehen.

Richard: Manchmal ist es frustrierend, wenn du viel Zeit damit verbringst, ein Album aufzunehmen und dein Equipment manchmal teurer ist als das Haus von manch einer Person und du dann zusehen musst, wie deine Musik einfach so gedownloadet und für das iPhone oder dein Handy formatiert wird.

Javier: Ich finde, dass die Technologie sich generell in sehr vielen Dingen schnell verändert und weiterentwickelt hat. Aber es braucht Zeit, bevor diese neuen Technologien dann auch helfen, die Musik und die damit verbundene Soundqualität zu verbessern. Denn wenn du darüber nachdenkst, dann musst du feststellen, dass der Sound von einer CD oder LP immer noch besser klingt, als wenn man sich MP3s anhört. Die Qualität macht hier bei diesen drei Formen immer noch den Unterschied aus. Aber ich weiß natürlich, dass das nur ein zwischenzeitliches Speicherproblem ist und man dieses Problem in Zukunft bestimmt auch in den Griff bekommen wird.

Letzte Frage: Wenn ihr ein Mixtape zusammenstellen müsstest, welche Songs oder Bands würdet ihr auswählen?

Javier: Da würden wir wahrscheinlich ein Song von Led Zeppelin drauf packen.

Richard: Ich denke, wir würden auch die Yeah Yeah Yeahs nehmen.

Javier: Und dann auch noch Songs von Johnny Cash oder Frank Sinatra.

Richard: Ich würde wohl auch noch Soundgarden und Nirvana auswählen.

Javier: Ich wohl dann noch Pearl Jam.

Richard: Und die Red Hot Chili Peppers dürfen dann natürlich auch nicht fehlen.

Super! Danke für das Interview!

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