Nena (live in Hamburg, 2010)

Nena (live in Hamburg, 2010) © Falk Simon

Eine Ikone zu sein hat seine guten und seine schlechten Seiten. Die guten dürften klar sein: Zunächst lieben und vergöttern dich alle und alles scheint super. Doch wo Licht ist, ist meist auch Schatten. Nicht so bei Nena. Nicht bei diesem Konzert.

{image}Auch wenn die o2 World nicht mal ganz zur Hälfte gefüllt war – den Hamburgern war das HSV Spiel im angrenzenden Stadion wichtiger – hat es der Stimmung an diesem Donnerstagabend keinen Abbruch getan. Ganz im Gegenteil: Jeder einzelne leere Stuhl schien mit ganz viel Liebe für Nena besetzt gewesen zu sein. Zunächst betrat jedoch als besonderer Gast Aviv Geffen mitsamt Band die Bühne, der in Israel als großer Popstar gefeiert wird. Mit einer Mischung aus melancholischem Placebo-Sound, der sich durchaus hören lassen konnte (die Blackfield Nummer Cloudy Now konnte dabei besonders überzeugen) und etwas lahmen, typischen Pop-Klängen haben die Jungs gut eine halbe Stunde lang versucht, dem Publikum wenigstens einen kleinen Ausraster zu entlocken und die Nena-Spannung dadurch etwas zu lösen. Vergeblich.

{image}Erst als das Licht dann ein zweites Mal ausging, rote Laserstrahlen die ehemalige Color Line Arena zum Leuchten brachten und der erste Ton aus den Lautsprechern schallte, wurde die Spannung mit voller Wucht entladen. Dann legte Nena – die zwar in Hagen geboren ist, aber schon lange mit ihrer Familie in Hamburg wohnt – auch noch mit dem Lied Made in Germany los und landete mit dem so treffenden Text "Hier ist mein zu Hause, hier sind meine Leute, hier gehöre ich hin" beim Publikum natürlich sogleich einen Volltreffer. Dessen Begeisterung war jedoch sicherlich nur zu einem Teil auf die Musik zurückzuführen. Der andere Teil war ganz eng mit der allgemeinen Faszination für diese Frau verbunden. Wie sie da oben, auf der Treppenspitze der Bühnekonstruktion stand – in ihrer silbern glitzernden, enganliegenden Jeans, kombiniert mit der Nena-typischen, kurzen Lederjacke – musste man sich einfach immer und immer wieder das Alter dieser Frau ins Gedächtnis rufen, die dieses Jahr tatsächlich ihren 50. Geburtstag gefeiert hat. Jedes neue Jahr scheint Nena jedoch nur noch mehr zum Strahlen zu bringen.

Passend ging es dann auch mit dem Ohrwurm ihres neuen Albums SchönSchönSchön weiter, in welchem Nena mit sexy Stimme das Publikum in ihr Schönheitsgeheimis einweiht: "Das Leben ist herrlich, ehrlich!". Dann wurde der Beat noch schneller und eine neue, elektronisch angehauchte Version erklang. Es ließ sich bereits erahnen, was als nächstes folgen sollte: der 82er-Hit Nur geträumt. Eigentlich hätte Nena eine kleine Pause einlegen können, denn das Publikum stimmte vom ersten Ton an lauthals in die Hymne mit ein und echtes Gänsehaut-Feeling machte sich breit. Und Nena? Die tanzte und lachte als ob es kein Morgen gäbe und verkündete dann mit einem herzhaften Lachen: "Was ihr mit 30 könnt, kann ich mit 50!".

{image}Dies bewies sie dann auch weit über die Tanzeinlagen hinaus. Denn auch die elektronische Unterlegung in nahezu allen ihren neuen Liedern, welche live voll ausgereizt wurde, passt zunächst nicht wirklich zu der Vorstellung einer 50-jährigen Musikerin. Doch während viele ihrer Zeitgenossen oft verzweifelt versuchen einem Trend zu folgen, nur um letztendlich erbärmlich zu scheitern, gelingt es Nena scheinbar mühelos, sich mit dem Trend weiterzuentwickeln und sich dabei trotzdem treu zu bleiben. So hätte die Performance des DAF-Covers Der Sheriff auch ohne groß aufzufallen auf einem Deichkind-Konzert stattfinden können.

Ein weiteres Highlight des Abends war die sehr feine Performance der Hamburger Straßenmusikerin Jana Nitsch, die, nur mit einem großen schwarzen Akkordeon und ihrer kraftvollen Stimme bewaffnet, das Publikum für sich begeistern konnte. So versuchte Nena durch das gesamte Konzert hindurch – besonders schön bei den Duetten mit ihrem Sohn Saskias, der sie als Backgroundsänger auf der Tour begleitet – sich selbst etwas in den Hintergrund zu stellen, um dem musikalischen Austausch den Vorrang zu geben.

{image}Nach knapp 2 Stunden energiegeladener Show und der Wiederbelebung aller großen Hits, wie 99 Luftballons oder auch Leuchtturm, welche immer wieder mit Begeisterungsstürmen vom Publikum empfangen wurden, schien die Party jedoch immer noch kein Ende nehmen zu wollen. Mit dem neuen Lied Nachts wenn es warm ist kam Nena dann nämlich für die erste Zugabe zurück auf die Bühne, nur um gleich im Anschluss mit einer Schar von Kindern und allerlei Freunden und Bekannten Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann zu performen. Dann folgte mit Der Anfang tatsächlich die letzte Zugabe, die sich jedoch auf weitere 20 Minuten ausdehnte, in denen gemeinsam gesungen, gestrahlt und sich gegenseitig umarmt wurde. Und das Publikum? Das steckte immer noch mittendrin, im großen Nena-Familienfest –  nicht sicher, ob nicht alles nur geträumt war.

 

Die komplette Fotogalerie von Nena live in der o2 World in Hamburg findet ihr —>hier <—.

Alles zu den Themen:

nena aviv geffen