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Bilderbuch (live in Mannheim, 2018) © Andreas Defren

Eine ausverkaufte Feuerwache, ein glückselig schwitzendes Publikum, erhöhter Alkoholkonsum und das an einem Sonntagabend - das ist die Bilanz des Auftrittes der Austropop-Hausnummer Bilderbuch in Mannheim.

Nachdem der Ein-Mann-Opener Wandl – natürlich aus Österreich, wie könnte es auch anders sein – das Publikum mit seiner Mischung aus zurückgenommenen, trappigen Beats und souligen Vocals angenehm eingegroovt hat, bleibt die Bühne der ausverkauften Alten Feuerwache in Mannheim lange Zeit leer. 

Alles, was sich bewegt, sind vereinzelte Roadies, die noch ein letztes Mal die Instrumente stimmen. Doch keine Spur von Bilderbuch, dem Headliner des Abends. Auch ohne Band schaukelt sich die Stimmung in der proppevollen Feuerwache jedoch immer weiter hoch; wieder und wieder wird versucht, die Band mit lautstarkem Jubel vorzeitig auf die Bühne zu holen – doch Bilderbuch bleiben stur, lassen das Publikum zappeln.

Ausgehzwang

Umso größer ist dann die Freude, als endlich die Lichter verlöschen, und Drummer Philipp Scheibl mit Drum-Solo das Set eröffnet. Begleitet wird er dabei von der enorm nervösen violetten Beleuchtung und den im Rhythmus zu Scheibls Spiel zuckenden Strobos hinter der Bühne. 

Als dann der Rest der Band die Bühne betritt und zu den Instrumenten greift, wird gleich klar, dass die Band sich nicht zum Spaß in Mannheim eingefunden hat – sie möchte feiern.

Die funkigen Riffs, gepaart mit dem beinahe aggressiv-verzerrten Gitarrensound und den treibenden Beats sind eine unmissverständliche Aufforderung ans Publikum, sich zu bewegen. Dieser Aufforderung kommen die Besucher nur zu gerne nach.

Sexy Schmäh

Die Zuschauer, die sich an diesem warmen Sonntagabend (der sich mit so vielen schwitzenden und tanzenden Menschen bald zu einem sehr heißen Sonntagabend entwickelt) versammelt haben, fressen der Band, insbesondere Sänger Maurice Ernst, aus der Hand. 

Ob er sie nun anhält, die Hände in die Luft zu strecken oder mitzusingen, über Schuhe und Softdrinks monologisiert, ob er singt oder rappt: Ernst schafft es mühelos, mit seiner Ausstrahlung und dem omnipräsenten Schmäh das Publikum an sich zu binden. 

Instrumentale Klasse

Doch funktioniert der Auftritt Bilderbuchs gerade auch deswegen so gut, weil man sich nicht nur auf den leicht exotischen Touch der zwischen Österreichisch und Englisch wechselnden Texte verlässt, sondern auch einem ansprechenden Songwriting gebührend Platz einräumt. 

So fällt insbesondere das abwechslungsreiche – und beeindruckend tighte – Spiel des Gitarristen Michael Krammer auf, der, ob nun mit reichlich Verzerrung oder komplett cleanem Signal, den Songs stets eine unverwechselbare Note verleiht. Hervorhebenswert ist auch das ideenreiche Drumming des bereits erwähnten Schlagzeugers Scheibl.

Zusammen mit den schon fast augenzwinkernd kitschigen Synthesizern, die stark an den Stadion-Rock der 80er erinnern, sowie ihrer Fähigkeit, mühelos zwischen Indie und funkigem Electro, Hip-Hop und Pop zu wechseln, sorgt die Band so für einen denkbar abwechslungsreiches Set. 

Schweißgetränktes Ende

Was die Zuschauer an diesem Abend erleben, ist der Auftritt einer spielfreudigen und kreativen Band, die gerade live enormes Potential versprüht. Ob man sie nun in der gerade so angesagten Austropop-Szene verorten möchte oder nicht, letztendlich sind Bilderbuch vor allen Dingen eines: Gute Musiker, die genau wissen, was sie tun.

Das altersmäßig stark durchmischte Publikum vergisst auf jeden Fall für die Dauer des Sets, dass am nächsten Morgen Schule, Uni oder Arbeit ansteht und feiert, als gäbe es kein Morgen. Da ist es beinahe selbstverständlich, dass Bilderbuch auch noch zur ein oder anderen Zugabe genötigt werden, bevor sie die Bühne dann endlich (und schweißnass) verlassen dürfen.

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