Fehlfarben (2017)

Fehlfarben (2017) © Roland Bertram

Mit Spielfreude und Energie performen die Fehlfarben ihr Debütalbum "Monarchie und Alltag" im Ludwigshafener Kulturzentrum dasHaus und demonstrieren, dass es auch nach mehr als 35 Jahren nichts von seiner Faszination verloren hat.

"Monarchie und Alltag", das 1980 erschienene Debutalbum der Fehlfarben, ist nichts weniger als ein Meilenstein der deutschen Musikgeschichte. Der rohe, ganz eigene Sound beeinflusste die deutsche Punk-Szene und die Texte von Sänger Peter Hein spiegelten das Lebensgefühl der Jugend in den 80ern wider.

Mit Humor und Energie

Im Rahmen ihres Auftrittes im gut gefüllten Kulturzentrum dasHaus spielen die Fehlfarben dieses Album komplett. Schon währen der ersten paar Lieder wird klar, dass die Band es mit der Bedeutung von "Monarchie und Alltag" nicht zu ernst nimmt: Peter Heins Ansagen lassen immer wieder eine gewisse Selbstironie, einen humorvollen Umgang mit ihrer Bedeutung als Band durchscheinen.

Diese totale Unprätentiösität trägt viel dazu bei, dass der Auftritt nicht in peinliche Selbstbeweihräucherung abdriftet, im Gegenteil: Die Band wirkt motiviert und dynamisch, und schafft es, die immerhin schon über 35 Jahre alten Songs mit mitreißender Energie zu performen.

Wir sind die Türken von morgen

Rein instrumental bleibt die Band sehr nah am Album-Sound. Besonders Drummerin Saskia von Klitzing und Gitarrist Thomas Schneider stechen hervor. Schneiders trockener, rhythmischer Spielstil erlangt live eine ganz eigene Präsenz.

Auch die experimentelleren Parts, z.B. die live eingespielten, orientalisch klingenden Flöten in Kombination mit dem treibenden Synth im Song "Militürk", funktionieren hervorragend.

Gelungenes Experiment

So originalgetreu die Instrumentierung umgesetzt wird, so stark hebt sich Peter Heins Gesang vom "Original" ab: Statt dem schnoddrigen, abgehackten Gesang der Platte lässt sich Hein viele Freiheiten mit der rhythmischen und melodischen Gestaltung, experimentiert stärker mit seiner Stimme, als das auf dem Album der Fall ist.

Dieser Ansatz benötigt eine gewisse Eingewöhnungszeit, da die Songs eine andere Dynamik gewinnen und sich stellenweise stark vom Erwarteten abheben. Doch mit der Zeit springt der Funke über, und das schon zu Beginn motivierte Publikum lässt sichs immer mehr von Heins expressiver Bühnenshow anstecken.

Paul ist tot

Spätestens ab der zweiten Hälfte des Albums gibt es im Publikum kein Halten mehr. Songs wie der unfreiwillige Hit "Es geht voran" oder "Apokalypse" bringen die Besucher zum Tanzen, beim letzten Song "Paul ist tot" erreicht die Euphorie im Saal den Höhepunkt. Doch ist nach dem lärmigen, langezogenen Ende des letzten Album-Tracks noch lange nicht Schluss: Nach einer kurzen Pause betritt die Band erneut die Bühne, um jüngere Songs zu performen.

Diese haben zwar nicht immer dieses schwer zu beschreibende "gewisse Etwas" des Debüts, doch zeigen sie, dass Fehlfarben auch nach über 35 Jahren noch ihre Energie behalten haben, noch immer relevant sind. So wundert es auch nicht, dass die Band noch zu zwei ausladenden Zugabe-Blöcken vom Publikum wieder auf die Bühne gerufen wird.

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