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Mehrfacher Garderobenwechsel: Peter Hein, Mittelpunkt des Abends, hier während der ersten Zugabe mit heller Jacke (live in Ludwigshafen, 2012) © Daniel Nagel

Mit vorbildlicher Gelassenheit behielten die Fehlfarben in einem von technischen Problemen beeinträchtigten Auftritt in Ludwigshafen die Nerven. Ganz auf ihre Musik konzentriert, boten sie den Zuschauern eine engagierte Show, in deren Mittelpunkt natürlich Peter Hein stand, der in all den Jahren nichts von seiner Wildheit und Unberechenbarkeit verloren hat.

Es ist der harte Kern der Fans, der sich im kleinen Saal des Ludwigshafener Kulturzentrum dasHaus versammelt, um dem Konzert der legendären deutschen Post-Punk-Band Fehlfarben beizuwohnen. Es sind Fans aus den 1980ern, durchsetzt mit jüngeren Besuchern, die erfahren möchten, was von der wilden Energie der frühen 1980er Jahre noch übriggeblieben ist. Die Antwort lautet: eine ganze Menge.

Es dauert eine Weile, bis die Fehlfarben in die Gänge kommen. Zu Beginn wirkt die Band beim Abschlusskonzert ihrer Deutschlandtour etwas gehemmt. Nach kurzer Zeit finden sie aber ihre Stimme und Sänger Peter Hein schreit dem Publikum seine wütenden Lieder entgegen. Sicherheitshalber wahren die Zuschauer einen gewissen Abstand zur Bühne wahrt, als könne Hein wie ein gefährliches Raubtier aus seinem eng bemessenen Käfig ausbrechen.

Peter Hein ist Mittelpunkt einer Top-Besetzung

Peter Hein ist natürlich der absolute Mittelpunkt des Fehlfarben-Konzerts. Er tanzt, spielt, wirbelt mit dem Mikrofonständer, verrenkt sich ekstatisch, dreht sich auf der Bühne, verheddert sich in den Kabeln – und das alles mit geschlossenen Augen. Hein ist das Energiezentrum der Band, aber nicht der einzige Star. Schlagzeugerin Saskia von Klitzing übernimmt mit ihrer ansteckenden Euphorie die Rolle des guten Geistes, während Bassist Michael Kemner stoisch auf dem Hocker sitzend diese unglaublichen Basslinien spielt.

Daneben sitzt unscheinbar, aber effektiv der Pyrolator Kurt Dahlke. Ebenso im Hintergrund steht Keyboardist/Saxophonist Frank Fenstermacher, während Gitarrist Uwe Jahnke mit Hein auf der Bühne wirbeln darf. Sie alle sind für den grandiosen, mitreißenden Bandsound verantwortlich, der sich selbst im Angesicht zahlreicher technischer Probleme behaupten kann.

"Pause kann jeder"

Und solche Probleme gibt es viele. Zunächst fällt Heins Mikro nicht einmal, sondern mehrfach aus. Wie ein richtiger Maniac lässt er sich davon nicht abhalten, sondern singt-schreit einfach weiter, so dass der Tontechniker sich erst in seine Nähe traut, als der Song vorbei ist. Dann fällt gegen Ende des regulären Sets die gesamte PA aus, woraufhin die Techniker eine Pause vorschlagen. "Pause kann jeder", sagt Hein und es geht voran mit einem kaum beeinträchtigten Paul ist tot.

Das knallende Platz da hätte man sich dann doch mit vollem Sound gewünscht, aber was die Fehlfarben daraus machen, ist aller Ehren wert. Plötzlich springt die PA wieder an, woraufhin der Techniker panisch zur Konsole rennt. Grandiose Versionen von Das war vor Jahren und Glücksmaschinen gibt es dann zum Abschluss, bevor sich die durchnässten Musiker von den jubelnden Zuschauern verabschieden.

Es war ein tolles Konzert. Man hätte der Band nur fünfhundert weitere Besucher gewünscht.

Setlist

Herbstwind | Apokalypse | Gottseidank nicht in England | Stadt der 1000 Tränen | Glauberei | Richtig im Falsch | Im Sommer | Politdisko | Das sind Geschichten | Grauschleier | Es geht voran | Bundesagentur | Neues Leben | Paul ist tot

Dekade | Platz da | ?? | Das war vor Jahren | Glücksmaschinen

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