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Pet Shop Boys (2013) © Alasdair McLellan

Die Pet Shop Boys gastierten am vergangenen Montag mit ihrer Pandemonium-Tour in der Frankfurter Jahrhunderthalle und begeisterten das zahlreich erschienene Publikum mit einer ausgefeilten Multimedia-Show. Sogar die Bild-Zeitung jubelte über ein "Riesenspektakel"!

In ihrer Nachbetrachtung macht "Bild" sogleich klar, wieso sie "Best-Of-Konzerte" schätzt: "Man wird nicht mit schnöden, unbekannten Songs gelangweilt, sondern kriegt die volle Packung." Klar, Unbekanntes muss schlecht sein! Wenn der Rezensent Unbekanntes prinzipiell für schlecht hält und froh ist, im Konzert nicht vollkommen ahnungslos zu "glotzen", weil er den einen oder anderen "Knaller" aus dem Radio kennt, dann verrät das eine merkwürdige Auffassung von Musik. Das bürgt für Qualität!? Mit dieser Einstellung, selbst wenn sie nur geheuchelt ist, sollte man kein Konzert besuchen und schon gar nicht darüber schreiben.

Der eigene Weg zum Massenerfolg

In Wirklichkeit spielten die Pet Shop Boys keineswegs nur "Knaller", sondern nicht weniger als sechs Stücke von ihrem aktuellen Album Yes, dazu obskure B-Seiten wie Do I Have To? und wenig bekannte Album-Tracks wie King’s Cross oder Two Divided By Zero. Zum Ende des regulären Sets folgte dann aber die langersehnte "volle Packung": Suburbia, What Have I Done To Deserve This?, Se A Vida É sowie It’s A Sin und als Zugabe Being Boring und West End Girls.

Es ist natürlich nicht so, als hätten sich die Pet Shop Boys bemüht, den Kreis ihrer Fans möglichst klein zu halten. Im Gegenteil, sie haben von Anfang an konsequent den Massenerfolg gesucht. Bemerkenswert an ihrer Karriere ist nicht allein ihr Erfolg, sondern dessen Dauerhaftigkeit angesichts des rapiden Wandels in allen Bereichen des menschlichen Lebens. Populismus oder Plattheit für ihren Erfolg verantwortlich zu machen, wäre daher verfehlt, denn wenn das alles wäre, würde niemand von ihrem aktuellen Album Yes reden.

Subtile Hits für die Massen

Es stimmt, die Pet Shop Boys wissen, wie man Leute dazu bringt, Lieder unrhythmisch zu zerklatschen oder fußballstadionartige Fangesänge anzustimmen. Ihre Lieder selbst sind aber feinsinniger und subtiler als die Mitgrölreflexe nahelegen. Die düstere Gesellschaftsskizze Suburbia ist immer noch so großartig ist wie 1986. What Have I Done To Deserve It rührt zum wiederholten Mal als Verbeugung vor der verstorbenen Dusty Springfield, deren Gesang die Pet Shop Boys stets im Konzert erklingen lassen. Sogar die vielgehasste Dauerhymne Go West besitzt einen erhabenen, mitreißenden Kern, der allen Anfeindungen trotzt. Und die Kenner genießen das resignierte King’s Cross, wenn schon Rent, ihr bestes Lied, an diesem Abend fehlt.

Die knallbunte und kreative Multimedia-Show enthielt gleichermaßen spektakuläre wie ironische Elemente: Neil Tennant betritt mit einem halbtransparenten Würfel um den Kopf die Bühne. Chris Lowe trägt bei der Zugabe Grünzeug auf dem Kopf. Die Backgroundsänger verkleiden sich als Hochhäuser und Weihnachtsbäume. Sie liefern sich bei Jealousy als streitendes Ehepaar eine Schlacht mit den Würfeln, die den Hintergrund und die Projektionsfläche auf der Bühne bilden. Die Würfel-Wand stürzt spektakulär nach Building A Wall zusammen. Hinter ihr verbirgt sich eine noch größere, höhere Wand. Im Hintergrund laufen originelle Videoinstallationen, neu zusammengesetzte Ausschnitte aus alten Clips und aktuelle Werke wie das Video zu Love Etc.

Mehr als reine Nostalgie

Seit mehr als 25 Jahren spielen die Pet Shop Boys dieses Spiel nun schon meisterlich. Hervorragende neue Lieder wie Love Etc., Pandemonium und Did You See Me Coming? werden nicht so sehr bejubelt wie die "Knaller" aus den 80ern und 90ern. Das Publikum ist mittlerweile ebenso älter geworden wie der ergraute Neil Tennant. Anders als noch vor zehn Jahren dominieren nicht junge Fans, sondern Menschen um die 40 in der gut gefüllten, aber nicht ausverkauften Jahrhunderthalle.

Die ganz großen Livekünstler werden die Pet Shop Boys schon deshalb nie werden, weil Neil Tennants Gesang nicht durchweg überzeugend ist. Ihre behutsam modernisierten Klassiker begeistern die Zuschauer dennoch. Für viele scheint es einer Reise in ihre Jugend gleichzukommen – und die Macht der Nostalgie sollte man niemals unterschätzen. Aber die Pet Shop Boys haben mehr zu bieten als reine Nostalgie.

Setlist

Intro – Heart – Did You See Me Coming? – Can You Forgive Her/Pandemonium – Love Etc. – Building A Wall – Go West – Two Divided By Zero – Why Don’t We Live Together – New York City Boy – Always On My Mind – Closer To Heaven – Left To My Own Devices – Do I Have To? – Kings Cross – The Way It Used To Be – Jealousy – Suburbia – What Have I Done To Deserve This? – Domino Dancing/All Over The World – Se A Vida É/Discoteca – Viva La Vida – It’s A Sin

1. Zugabe: Being Boring – West End Girls

2. Zugabe: It Doesn’t Often Snow At Christmas

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