Primal Scream (2017)

Primal Scream (2017) © Primal Scream

8 Jahre mussten die deutschen Fans warten, doch jetzt war die schottische Rockband Primal Scream, ihres Zeichen schon 26 Jahre existent, hierzulande wieder für zwei Konzerte zu sehen! Mit dabei: ihr neues, neuntes Album "Beautiful Future". Von psychedelischem Rock über Dancerock und Electroclash probierten sie vieles aus. Dem Grundprinzip der radikalen Stilvermischung sind sie treu geblieben. Wir sahen sie live im Columbiaclub in Berlin.

Primal Scream wurde 1982 von Jim Beattle und Bobby Gillespie, damals Schlagzeuger von Jesus And Mary Chain, gegründet. Als 1986 jedoch ihr erstes, von Indierock beeinflusstes Album Sonic Flower Groove in der Musikszene nur mit wenig Begeisterung aufgenommen wird, verlässt ersterer die Band wieder.

Dennoch, und trotz dem ebenfalls sehr schlechten Abschneiden ihres diesmal stark von den Rolling Stones und The Stooges beeinflussten, selbstbetitelten und zweiten Albums, macht Bobby Gillespie, hier als Sänger, mit einem immer wieder wechselnden Line-Up weiter. Als dann Ende der 80er Jahre der Dancerock immer beliebter wird, entschließt sich die Band, den Song I’m Losing More Than I’ll Ever Have vom zweiten Album, inspiriert von diesem Musikstil, nochmal zu remixen und unter dem Titel Loaded zu veröffentlichen.

Ein voller Erfolg, wie sich herausstellen sollte. Die Musikszene ist begeistert. Das dritte Album Screamadelica wird ebenso gefeiert und bringt Primal Scream den ersehnten Durchbruch. So bekommen sie 1992 sogar den "Mercury Music Prize" verliehen. Es folgt eine Phase, in der sie durch eine Rückbesinnung auf ihren alten Sound des Indierocks einige Fans vertreiben. Doch mit dem Titeltrack zum 1996 erscheinenden Film Trainspotting kehren sie wieder zum Dancerock zurück und versöhnen mit dem darauffolgend erscheinenden, psychedelischem Album Vanishing Point viele Fans.

Mit den danach wiederum eher von Electroclash beeinflussten Alben XTRMNTR und Evil Heat beweisen Primal Scream wieder einmal ihre Neigung zum stetigen Wechsel ihres Musikstils. Wenig später legen sie eine vierjährige Pause ein, bevor 2006 das wieder mehr von Gitarren bestimmte Album Riot City Blues veröffentlicht wird. Schließlich erscheint in diesem Jahr ihr neustes Album Beautiful Future, mit dem Primal Scream nun auf Tour sind und dabei auch im Berliner Columbiaclub Halt machten.

Dort ist es zur Einlasszeit noch erstaunlich leer. Nur ein DJ steht auf der Bühne und präsentiert sein eigenes kleines Live-DJ-Set, was allerdings nur wenige Zuschauer zu interessieren scheint. Später wird klar, dass der DJ die Vorband darstellen soll, denn erst um 22 Uhr betritt eine Band die Bühne, die man seit Jahren als Primal Scream kennt. Für einen Ticketpreis von fast dreißig Euro hätte man sich dann doch eine etwas ambitioniertere Vorband wünschen können.

Primal Scream machten dieses Manko im Verlaufe des Abends dann mit ihrem Gig aber für viele Fans wieder vergessen. Sie treten als klassische Gitarrenband auf, deren Aussehen und Sound stark an Mick Jagger & Co erinnern. Während der sehr schlanke Sänger Bobby Gillespie in seinen engen Skinny-Jeans, und einer 70er-Jahre-Frisur a la Ron Wood, das Mikrofon fest in seinen Besitz nimmt und sich anfangs zwar noch etwas gleichgültig, später dann aber auch voll Freude tanzend über die Bühne bewegt, sind von den drei Gitarristen zwei oftmals damit beschäftigt, ihre Gitarren in die Höhe zu heben, sie wie eine Waffe zu laden und in eine Schießposition übergehend, die Gitarrenhälse nach vorne gestreckt, Gitarrenriff-Salven ins Publikum abzufeuern. Nur der dritte Gitarrist steht hier wie der Fels in der Brandung ganz fest an seinem Platz neben dem Schlagzeug und lächelt über die kleinen Posergesten seiner Kollegen.

Die Zuschauer in dem eher nur halb gefüllten Club, die sich größtenteils aus der heute schon etwas älter gewordenen Fangemeinde rekrutieren, als aus jungen Groupies, inspiriert der Sound zum ausgiebigen Tanzen, was man von einigen, aufgrund ihres schon fortgeschrittenen Alters, in diesem überschwänglichen Ausmaß eigentlich nicht unbedingt erwartet hätte. Sie fühlen sich wohl und es herrscht beste Stimmung, die manche scheinbar auch wieder an ihre Jugendzeiten erinnert, als sie zu den Tönen von den Rolling Stones und anderen artverwandten Bands tanzten. Dabei kommen die ausgelassenen neuen Songs wie Beautiful Future beim Publikum genauso gut an wie die alten Klassiker von Rocks oder Accelerator.

Schließlich verlassen Primal Scream nach gut neunzig Minuten die Bühne. Übrig bleibt die Erinnerung an ein Konzert, das den Sound der 80er und 90er wieder aufleben ließ und die Vergangenheit in die Gegenwart zurückholte. Ist es auch der Sound der "Beautiful future"? So scheinen es zumindest Bobby Gillespie und seine Kumpanen bei Primal Scream zu sehen.

Alles zum Thema:

primal scream