Mad Caddies (Röhre Stuttgart, 2008)
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Mad Caddies (Röhre Stuttgart, 2008) Foto: Marcel Benoit © regioactive.de

Drecksauparty gefällig? Spaß an der Zerstörung von Ruhe und Ordnung? Hereinspaziert und Herzlich Willkommen bei den Mad Caddies. Ohne jede Mühe und eigentlich auch ohne besonderes Zutun verwandelte die Chaotencombo die ausverkaufte Röhre in ein Tollhaus.

{image}Größere Probleme hatte Mr. Wil Ridge am ehesten noch mit der Bewerbung seiner eigenen Person. Auch nachdem der Sänger und Songwriter samt Band die Bühne schon wieder verlassen hatte, war weit und breit niemand aufzutreiben, der gewusst hätte, mit wem er es denn da gerade zu tun gehabt hatte. Die Herren präsentierten eine Mischung aus Country und Rock, ganz standesgemäß unter anderem mit Westerngitarre und Mundharmonika. Auch wenn der Funke dabei nicht so richtig auf das Publikum überspringen wollte, schlugen sie sich trotzdem durchaus respektabel. Die Idee eine Band mit auf Tour zu nehmen, die sich auf nur ein Genre konzentriert, das sich auch im bunten Stilmix der Mad Caddies wiederfindet, ist eigentlich nicht schlecht. Doch fürs nächste Mal wünschen wir uns – wenn schon denn schon – eine richtige Dixieland-Band im Vorprogramm.

Ungeduldig warteten die hauptsächlich jungen Zuschauer auf die Ska-Punks aus Übersee. Als diese dann endlich loslegten ging alles wie von selbst: Die ersten Sekunden wurde noch halbwegs koordiniert geklatscht, während des ersten Stücks zum Aufwärmen einigermaßen einheitlich gesprungen ... und ab dann tat jeder was er wollte.

{image}Zumindest so gut er oder sie das noch konnte, denn mit fortschreitender Dauer des Konzerts schien sich teilweise ein gewisser Kontrollverlust einzustellen. Das Ergebnis war jedoch zumeist positiv ausgelassen, lustig oder wenigstens bemerkenswert. Wie kommt man beispielsweise auf die Idee, unbedingt mit Handtasche zum Crowdsurfen – selbstverständlich vorwärts, schließlich fahren wir ja auch kein Damenrad –  schreiten zu wollen? "Ohne Tasche keine Competition?" oder wie lässt sich erklären, was man bei so einem Konzert mit einem Kuscheltier von stattlicher Größe im Arm in der ersten Reihe sucht? Aber genau das machte den Reiz des Abends aus: Blamieren war völlig unmöglich, entweder ließ man seiner jugendlichen Ungestümtheit freien Lauf, oder man vergaß ganz einfach alle Kompromisse, denen man sich während der letzten Jahre (zwecks Friedensschluss mit der Zivilisation) unterworfen hatte. Selbst die band-eigene Ananas war während Monkeys vor der wild gewordenen Meute nicht mehr sicher und wurde von der Bühne gestohlen, später jedoch reumütig wieder dorthin zurückgeworfen.

Manch einer war mit der Gratwanderung zwischen absoluter Ausgelassenheit und vollständigem Verlust jeder Selbstbeherrschung auch überfordert. Dazu kam die Nichtexistenz von Securitykräften und Absperrungen. Einzelne fühlten sich dadurch dazu verleitet zum Beispiel physischen Widerstand gegen Aufforderungen, die Bühne wieder zu verlassen, zu leisten oder anderweitig unangenehm aufzufallen. Von kleineren Blessuren, deren Spuren jedoch schnell, charmant und unauffällig wieder entfernt wurden abgesehen, waren die Vorfälle jedoch meist harmloser Art, wie eine Reihe skurriler Tanzeinlagen zwischen den Musikern. Trotzdem wäre etwas mehr Vorsorge in diesem Bereich wohl kein Fehler gewesen.

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An der Show der Kalifornier gab es dagegen nichts auszusetzen. Bei der Zusammenstellung der Setlist bewiesen sie ein glückliches Händchen. Das aktuelle recht reggaelastige Album Keep it going war vergleichsweise unterrepräsentiert und erlaubte dem Publikum die ein oder andere Verschnaufspause, ohne jedoch dem Abend das Tempo zu nehmen. Auch die Band selbst hatte sichtlich ihren Spaß und so dürfte wenig Zweifel daran bestehen, dass die Mad Caddies auch auf ihrer nächsten Tour die ausverkaufte Röhre auf den Kopf stellen werden.

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Setlist: Reflections – Road Rash – Tired Bones – The Bell Tower – Hound Bound – Falling Down – Mary Melody – State of Mind – Silence – Monkeys – Weird Beard – Dub – The Dirge – Backyard – No Hope – Macho Nachos – Ridin' for a Fall – Villains – Preppy Girl – Mum's the Word

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