Herman Dune

Herman Dune © Estelle Hanania

Mit "My Home Is Nowhere Without You" avancierte Herman Dune vor Jahren zu einem der Lieblinge der Anti-Folk-Szene. Dieses Jahr erschien ihr neues Album "Strange Moosic". Seitdem touren sie mit ihrem einfachen, aber gleichzeitig intensiven Sound und einem blauen Yeti-Maskottchen über den Globus. Unser Redakteur traf Sänger David-Ivar und Schlagzeuger Nerman in Berlin und sprach mit ihnen über das Album, das Artwork, zeitgenössische Musik, das Warten und das Ausprobieren von Dingen.

{image}regioactive.de: Euer Album heißt Strange Moosic. Was soll der Titel ausdrücken?
Néman Herman Dune: Wir wollten einen Song als Titel des Albums wählen, der gut dazu passt. Strange Moosic ist ein Begriff, der sehr schön das ausdrückt, was dieses Album ausmacht.
Warum?
David-Ivar Herman Dune: Für uns ist die Platte einzigartig. Und da alles Besondere auf eine gewisse Weise auch sonderbar ist, passt der Titel sehr gut. Das ist ähnlich wie bei Menschen. Wenn sich jemand speziell verhält oder merkwürdig benimmt, dann nehmen ihn andere als sonderbar wahr. Unser Album ist ein spezielles Album, das man auf eine spezielle Art hört. Dieses Spezielle lässt die Platte einzigartig werden.
Néman: Ich mag es, dass sich viele Leute über den Titel Gedanken machen und wissen wollen, was hinter diesem steckt. Leider muss ich alle enttäuschen. Außer dass unsere Musik im Vergleich zu anderer heutiger Musik fremd klingt, ist es Musik, die man überall hören kann. Der Titel macht aber neugierig und lässt einen darüber nachdenken, was hinter dieser Musik steckt.
David-Ivar: Wir versuchen Songs zu erschaffen, die ohne den heutigen sogenannten "neuen" Sound auskommen. Das heißt, dass wir die Band nicht aufgrund eines kommerziellen Interesses gegründet haben. Wir wollen ehrliche Musik spielen und keine, die unbedingt auch kommerziell erfolgreich sein muss.

{image}Das Artwork eures Albums besteht aus vielen Zeichnungen. Habt ihr sie alle selbst angefertigt?

David-Ivar: Ja, die habe ich alle angefertigt. Ich habe diese kunstvollen Zeichnungen zwar auch schon in einer Ausstellung gezeigt, aber eigentlich zeichnete ich sie für das Album.

Von was wirst du beim Zeichnen inspiriert?

David-Ivar: Ich versuche mich Comiczeichnungen anzunähern, aber in Wahrheit sind sie eigentlich nur Illustrationen.

Wie verschieden ist die neue Platte zu eurem vorigen Album?

Néman: Die neue Platte sollte mit weniger Arrangements auskommen. So bestehen die jetzigen Songs eigentlich nur aus Bass, Gitarre und Schlagzeug. Die letzte Platte klang rockiger und man kann zum Beispiel auch Trompeten hören. Diesmal nahmen wir uns mehr Zeit. Wir schrieben die Songs, bevor wir sie aufnahmen.

Welche Bands beeinflussten euch?

David-Ivar: Uns haben Künstler wie Bob Dylan, The Beatles, The Rolling Stones und Chuck Berry beeinflusst. Dabei wurde unser Sound auch durch das zahlreiche Filmmaterial inspiriert, was es von diesen Bands gibt. Ich glaube, Néman hat es auch in der Weise inspiriert, weil er ja auch manchmal singt.

Néman: Das Level dieser Künstler wird man nie erreichen, aber ich denke, ich habe durch sie gelernt, Songs zu schreiben und aufzunehmen.

Euer Produzent war Adam Selzer. Wie hat er euch bei den Aufnahmesessions geholfen?

David-Ivar: Ich würde ihn mit dem bekannten Musikproduzenten George Martin vergleichen, der die Karriere der Beatles entscheidend beeinflusst hat. Dazu sieht er George Martin sehr ähnlich. Er schaut sehr gut aus und dazu klingt sein Sound formidabel. Wenn du ein Soundtechniker oder Produzent bist, brauchst du bestimmte Fertigkeiten und das Tolle an ihm ist – er besitzt diese Fähigkeiten. Als Produzent arbeitest du mit elektrischen Gerätschaften wie Tonkompressoren, von denen wir absolut keine Ahnung haben. Deshalb ist er für uns wahrscheinlich die beste Person, die wir hätten kennenlernen können. Dazu verbindet uns die Liebe zu Neil Young.

Nerman: Er versteht sehr schnell, was man als Band für Ideen umsetzen möchte. Es hat nicht lange gedauert bis wir das Konzept für dieses Album entwickelt hatten.

David-Ivar: Wir beiden mögen es nicht, lange auf bestimmte Dinge zu warten. Bei uns muss alles sehr schnell gehen. Ihm muss man nicht sagen, dass man diesen oder jenen Klang noch verbessern möchte, sondern bei ihm klingt der Sound eigentlich immer sofort perfekt. Das Gute an Adam ist, dass er ganz genau weiß, wie viel und was man aufnehmen muss, wenn man einen Wunsch äußert. Er sagt einem einfach, dass man loslegen soll und schon kann man sich sicher sein, dass er genau die Momente einfängt, in denen man den Sound und die Emotionen im Innersten selbst spürt.

Néman: Eine ähnliche Einstellung hat er auch beim Mixen. Adam kann auch nicht länger als zwei Stunden die Musik mixen, weil er dann seiner Meinung nach die Kontrolle über das Gehörte verlieren würde. Ich finde, dass er da völlig Recht hat. Wenn man sich zu lange immer wieder das Gleiche anhört, weiß man irgendwann nicht mehr, was man sich da eigentlich anhörst.

{image}Der erste Song auf eurem Album heißt Tell Me Something I Don't Know. Was könnt ihr mir Spannendes erzählen, was ich auf Anhieb nicht wissen kann?

David-Ivar: Das ist schwer zu sagen. Es geht in dem Song darum, dass es nicht leicht ist, neue Dinge zu entdecken, die gleichzeitig auch für jedermann interessant sind. Etwas Neues zu erforschen und etwas Interessantes zu finden sind zwei ganz unterschiedliche Dinge.

{image}An einer Stelle heißt es in dem Song: "Every new band sounds like I heard them before". Inwieweit stimmt diese Aussage?

David-Ivar: Oft versuchen die Bands den Hörern die Illusion mitzugeben, dass sie in der Musik einen ganz neuen Sound zu hören bekommen. Ich finde allerdings, dass das nur in den allerwenigsten Fällen zutrifft. Für mich ist es unerheblich, ob man jetzt einen neuen Sound mit seiner Musik erschafft oder aber alte Traditionen aufleben lässt. Denn wenn die Musik gut klingt, muss zwar etwas Interessantes geschaffen worden sein, aber "neu" muss die Musik dafür nicht unbedingt klingen. Die Leute haben angefangen Musik mit dem Ziel zu erschaffen, etwas ganz Neues zu erfinden. Doch ehrlich gesagt – ich finde es lächerlich, wenn du mit deiner Gitarre die Bühne betrittst und dies als das ganz große neue Ding verkaufst.

Ein anderer Song heißt Where's The Man? Es geht um eine Person, die auf etwas wartet. Was haltet ihr von Andy Warhols Satz: "The idea of waiting for something makes it more exciting"?

David-Ivar: Ich mag dieses Zitat. Im Song wartet jemand auf einen bestimmten Mann. Der Song beschäftigt sich mit den Fragen: Wo findet man ihn und was ist das, worauf man wartet? Gibt es da etwas, was das Warten lohnenswert macht? Wir alle warten auf bestimmte Dinge, leben für etwas und stellen uns immer wieder die Frage: Macht das alles Sinn? Und so kann man den Song auf unterschiedliche Weise deuten.

Im Song In The Long Long Run geht es darum, sich nicht vor neuen Dingen zu verschließen, sondern immer neue Sachen auszuprobieren. An welchen Dingen versucht ihr euch gerade?

David-Ivar: Es geht nicht wirklich darum neue Dinge auszuprobieren, sondern wir haben einfach im Laufe unseres Lebens gemerkt, dass es gut ist neugierig zu sein, weil man sich auch nur so selbst geistig und körperlich fordert. Neue Sachen zu versuchen kann mühsam und anstrengend sein, aber auf der anderen Seite macht es dich am Ende immer glücklich. Wenn du nicht schwimmen kannst, siehst du das Erlernen desselben als große Herausforderung an. Falls es dir aber dann eines Tages gelingt, wirst du es nicht bereuen.

Vielen Dank für dieses Interview!

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