Bob Geldof

Bob Geldof

Am 5. Oktober 1951 wurde er in Dún Laoghaire in Irland geboren und feiert mitten auf Tour seinen 60. Geburtstag: Im Wiener Burgtheater wird er sein Album "How To Compose Popular Songs That Will Sell" präsentieren. Zahlreiche weitere Tourtermine stehen an, die ihn auch in deutsche Städte führen werden. Im Interview mit regioactive.de spricht Bob Geldof über das Glück des Alterns, die Freude an der Verwirklichung von Ideen und die Bedeutung der Liebe für das Leben und Überleben.

{image}Entspannt und gut gelaunt empfängt Geldof eine Gruppe von Journalisten in seiner Frankfurter Hotel-Suite, um mit ihnen über sein neues Album und die Tour zu sprechen.
regioactive.de: Wieso haben Sie sich entschlossen, wieder auf Tour zu gehen?


Bob Geldof: Normalerweise spielen wir zweimal im Monat. Durch das neue Album ist das Interesse größer. Es ermöglicht, richtig auf Tour zu gehen. Wenn ich andere Dinge mache, vermisse ich das wirklich. Eine Tour sorgt auch dafür, dass ich mich wirklich gesund fühle. Auf Tour zu sein ist ein wenig wie in der Armee zu sein. Der Tourmanager weckt dich, man muss vier Stunden vor dem Gig etwas essen, es gibt einen Soundcheck, den ich ignoriere, man muss zu einer bestimmten Zeit vor Ort sein. Der Tagesablauf während der Tour ist sehr geregelt – im Gegensatz zu meinem übrigen Leben. Daher fühle ich mich am Ende einer Tour wirklich gesund und meine Stimme ist sehr kraftvoll, aber während der ersten vier Tage ist es sehr anstrengend. Zwei Stunden komplette Intensität – am Ende bin ich schweißgebadet. Mein Kopf ist danach frei, es ist eine komplette Katharsis, als hätte man sich komplett ausgeleert. Ich kann mich darin verlieren. Am nächsten Morgen ist es dann wirklich schlimm, aber nach vier Gigs hat sich der Körper daran gewöhnt.

{image}Sie haben nie abgelehnt, auch im fortgeschrittenen Alter auf Tour zu gehen und Musik zu machen, solange die Leute kommen.

Bob Geldof: Es ist ein wunderbarer Job. Es gibt kein Rentenalter – außer wenn die Leute nicht mehr kommen, weil deine Zeit abgelaufen ist. Ich habe mit John Lee Hooker in einem Pub in Dublin gespielt als ich 16 war. Ich war betrunken und er belustigt. Vor kurzem habe ich Charlie Watts mit seiner Jazzband im 606 Club in Chelsea gesehen – fucking great! Ich habe Frank Sinatra im Konzert gesehen, als er sehr alt war. Ich wollte ihn unbedingt sehen, obwohl ich wusste, dass es nicht toll sein würde. Er hat ungefähr zwanzig Minuten gut gesungen. Ich habe mit Bob Dylan letzten Monat in Schweden gespielt. Ich habe keine Freude, das zu sagen, aber wir haben ihn von der Bühne gefegt. He was fucking terrible. Er muss aufhören. Er kann nicht singen. Journalisten müssen aufhören zu schreiben: "Interessant, was Dylan macht – er dekonstruiert seine Lieder". Guys, he can't fucking sing! Er kann nicht Klavier spielen. Fuck off. Ich weiß nicht, warum er es macht.

Es ist sein Job.

Bob Geldof: Dylan kann viele andere Dinge tun – und macht sie ja auch – wie seine Radioshow. Er malt. Natürlich kann er weitermachen, weil er ein Genie ist. Meine fünfzehnjährige Tochter wollte eine Karte als Geburtstagsgeschenk. Ich sagte: 'Aber er ist nicht mehr gut'. Sie wollte ihn aber unbedingt sehen. Es war ihr erstes großes Konzert. Sie war ganz vorne, sah diesen siebzigjährigen Mann, war komplett überwältigt und fing an zu heulen. Das ist fantastisch, aber man wünschte sich, sie hätte diesen archetypischen Künstler auf seinem Höhepunkt erlebt.

Das neue Album wirkt entspannter als die Vorgänger. Die Musik ist offener, atmet mehr.

Bob Geldof: Ich bin sehr überrascht, dass das Popular-Songs-Album fröhlich ist. Das letzte Album, Sex, Age & Death war düster, elend und kalt. Die große Offenbarung meines Alters ist, dass ich glücklich bin. Vielleicht war ich vorher glücklich, aber ich habe es mir nie eingestanden. Das habe ich nicht erwartet. Und ich habe erkannt, dass die Existenz des Menschen ohne Liebe absurd und nutzlos ist.

{image}Das Album thematisiert auch die Ambivalenz der Liebe. Das Leben ist absurd ohne die Liebe, aber die Liebe schmerzt auch. In Dazzled By You ist die Rede von "Hass" und "Bosheit".

Bob Geldof: Man muss sich eben dennoch auf die Liebe einlassen. Als meine Frau mich verlassen hat, war ich komplett zerstört. Ich hatte Angst davor, mich wieder zu verlieben. Wenn du keinen Weg findest, damit umzugehen, kann es dich umbringen. Es ist ein langer Prozess. Folgendes ist passiert: Ich bin nach Paris gegangen, um London und der Boulevard-Presse zu entkommen und wurde von Freunden zum Abendessen eingeladen. Und da war diese wunderschöne Frau [Jeanne Marine]. Ich sah, dass sie wunderschön war, but I didn't give a fuck. Aus irgendeinem Grund mochte diese wunderschöne Frau diesen damals besonders hässlichen Menschen. Wenn niemand darauf besteht, dich zu lieben, bist du verloren. Ich wäre verloren gewesen.

Sie feiern ihren 60. Geburtstag mitten auf der Tour…

Bob Geldof: Ja, in Wien. Das Konzert ist ausverkauft. Es wird eine Riesenparty geben, weil ich zu einer landesweiten Feier aufgerufen habe. Das ist korrekt, denke ich. (Gelächter).

Wie fühlt es sich an, sechzig zu werden?

Bob Geldof: Es ist seltsam. I'm fucking sixty. What? Es ist nicht so, dass ich gerne zwanzig wäre. Mit zwanzig war ich ängstlich und verwirrt – und jetzt bin ich es nicht mehr. Das letzte Jahrzehnt war das glücklichste meines Lebens. Mein Vater ist letztes Jahr gestorben, er war 96 Jahre. Als er 95 wurde, habe ich ihn gefragt, wie es sich anfühlt und er sagte: 'Es ist so seltsam. Ich bin 95!' Wichtig ist, noch genug neue Ideen zu haben. Aber es gibt immer noch viele Dinge, die ich tun will. Das Problem ist, ich langweile mich so schnell. Ich wache auf und muss meinen Tag erfinden. Also trinke ich drei Tassen starken Kaffee und denke über Dinge nach. Gestern hatte ich eine großartige Idee. In London – und darum liebe ich es, dort zu leben – weißt du um 6 Uhr Abends, ob die Idee etwas taugt – und ob du das Geld hast. Das Problem mit 60 ist: Entweder die Idee ist verrückt – oder sie ist großartig und die Sache wird riesig. Aber will ich das? Riesig bedeutet: noch ein Büro, mehr Leute, mehr Sitzungen. Es geht nicht ums Geld. Niemals. Es ist die Befriedigung, etwas erreicht zu haben. Es ist egal, ob irgendjemand davon weiß.

 

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