Disco Ensemble (Live bei Rock am Bach 2009)
Foto: Achim Casper punkrockpix

Disco Ensemble (Live bei Rock am Bach 2009) Foto: Achim Casper punkrockpix © regioactive.de

Dass Finnland noch mehr zu bieten hat außer Lordi, Apocalyptica, HIM oder Nightwish zeigten Disco Ensemble bei ihrem Tourauftakt in Heidelberg. Ein gelungener Auftritt stellte ein unromantisches Publikum rundum zufrieden.

{image}Das aktuelle Album The Island of Disco Ensemble ist die vierte Veröffentlichung von Disco Ensemble, die in ihrem Heimatland auch schon einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht haben. Im letzten Jahr tourten die Finnen durch kleinere Clubs in der Republik, doch leider fanden sich nicht sehr viele Zuschauer ein. Umso erstaunter war die Band, als sie nach dem Support Fire Walk With Me die Bühne betraten: Grob geschätze 120 Menschen versammelten sich im Karlstorbahnhof, um eine Mischung aus Punkrock, Post-Hardcore und Alternative auf die Ohren zu bekommen. Ein ziemlicher Anstieg, wenn man von maximal 20 Zuschauern im letzten Jahr ausgeht. Und nicht nur von der unerwarteten Menge, sondern auch von der Textsicherheit vieler Konzertbesucher waren Disco Ensemble regelrecht beeindruckt. Daher ließen sie nicht nur das Publikum applaudieren, sondern beklatschten auch ihre Fans nach jedem Lied.

{image}Diese Art und ihre Spielfreude brachten Disco Ensemble enorme Sympathiepunkte ein. Da störte es nicht, dass Miikka Koivisto nicht jeden Ton getroffen hatte – seine Lebhaftigkeit auf der Bühne machte alle Patzer wieder wett. Wenn er nicht gerade sang oder auf seinem Mini-Keyboard synthetische Klänge erzeugte, spielte er Luftgitarre- oder schlagzeug und nahm jeden Zentimeter der Bühne in Beschlag. Auch nur ein paar Sekunden still zu stehen kam für ihn nicht in Frage, selbst für die vier Zugaben hatte er noch Atem und Energie übrig.

Selbst bei einem mittlerweile 15-jährigen Bandbestehen und jeder Menge Liveerfahrung ist es schön zu sehen, dass Perfektionismus überschätzt wird. So schnitt Schlagzeuger Mikko Hakila Frontmann Miikka Koivisto während einer seiner Ansagen das Wort ab und setzte mit Threatletter Typewriter ein, was einen lachenden Sänger zur Folge hatte. Oder Koivisto hat Lefty angesagt, – was die restliche Band dann auch spielte – obwohl White Flag For Peace zuerst an der Reihe gewesen wäre. Wohlgemerkt wäre es dem Publikum gar nicht aufgefallen, beide Songs wurden mit einer tanzenden Halle und großem Applaus quittiert.

{image}Wie schon viele Bands vor ihnen lobten auch Disco Ensemble, dass Heidelberg eine wunderschöne Stadt und gut für Romantik geeignet sei. Die Reaktion des Publikums: völlige Stille. Auch bei weiteren Erklärungen, was denn Romantik ausmacht (Kerzen, ein Glas Wein, ein Butterbrot) gab es keine Regung seitens der Zuschauer. Mit sichtlicher Verwirrtheit ging Miikka zum nächsten Song über, wobei er noch einmal fassungslos den Kopf schüttelte angesichts der fehlenden Romantikbereitschaft. Spätestens beim allerletzten Song Magic Recoveries hatte er aber seine Ungläubigkeit im Griff, als er den Titel als romantisch ansagte – und es wohl einer der härteren von Disco Ensemble ist.

Mit "Danke fucking shit!" verließen Disco Ensemble nach insgesamt 80 Minuten endgültig die Bühne. Bleibt nur zu hoffen, dass die vier Finnen nächstes Jahr wieder nach Deutschland kommen und ein weiterer Anstieg der Zuschauerzahlen zu verzeichnen ist.

Setliste:

Pitch Black Cloud | Drop Dead Casanova | Semi/Undo | Threatletter Typewriter | Protector | Black Euro | Bad Luck Charm | We Might Fall Apart | Lefty | White Flag For Peace | Headphones

Zugaben:

Bay Of Biscay | So Cold | Worst Night Out | Magic Recoveries

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