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RockWell Festival

"RockWell – das In- und Outdoorfestival", so nennt sich das Rockevent in Saarwellingen nunmehr seit 2005, denn es findet in einem riesigen Festzelt statt, dessen Wände bei gutem Wetter hochgeklappt werden können und so Openair-Feeling zaubern. Bewährtes Booking beim RockWell ist, dass sich neben den Headlinern vor allem Newcomern die Möglichkeit bietet, die Festivalbühne zu entern. Das macht das Event zu einem kleinen aber feinen und couragierten Festival mit dem Schwerpunkt auf Newcomerförderung.

Das RockWell glänzt mit einem interessanten Konzept, das es von anderen Festivals abgebt. Wie fing die ganze Sache denn eigentlich an?

Horst Brünnet: 2004 versuchten wir, also ich und mein Bruder Dirk, eine Wiederbelebung des renommierten Saarwellinger Openairs. Die Betonung liegt aber eher auf "Versuch". Im Jahr darauf machten wir dann den kompletten Neustart, nannten das Baby "RockWell – The In- and Outdoorfestival" und gründeten eine TaskForce, eine informelle Gruppe, die aus ungefähr 15 Mitgliedern und drei Hauptverantwortlichen bestand.

War damals schon alles im Festival-Paket dabei, was das RockWell bis heute auszeichnet?

Horst Brünnet: Im Prinzip schon. Mit dem neuen Team und dem neuen Konzept gelang uns die erfolgreiche Beantragung von europäischen Fördergeldern aus dem Programm "Jugend für Europa". Erstmals konnten wir das internationale YouthCamp umsetzen, mit Bands aus den Partnerstädten der Gemeinde Saarwellingen, regionalen Nachwuchsbands und den zwei Headlinern Caliban und The Heideroosjes.

Wie kam es zur Förderung durch die EU?

Horst Brünnet: Kontakte über die Kulturreferentin der Gemeinde Saarwellingen, die Erstellung des Konzepts, Einreichung und Bewilligung!

Klingt einfach. Aber ein jährliches Festival auf die Beine zu stellen ist ja kein Pappenstiel. Gab es denn auch schon Rückschläge?

Horst Brünnet: Eigentlich ging es nach dem Auftaktjahr super weiter. 2006 direkt mit der Fortführung des erfolgreichen Konzepts, Weiterförderung durch die EU, Ausweitung des Rahmenprogramms und der Einbeziehung internationaler Nachwuchsbands. Da fällt mir ein: Wir buchten damals Volbeat als Newcomer für etwas mehr als Spritgeld! Es war erst ihr zweites Deutschlandkonzert. Und 2007 wurden wir mit dem 1.000€ geldwerten Preis "ProEhrenamt" der saarländischen Landesregierung und dem Ehrenpreis der renommierten BOSCH-Stiftung für das Konzept und die Durchführung ausgezeichnet. Vielleicht kann man 2008 als kleinen Rückschlag bezeichnen: Es war das erste Jahr ohne Fördergelder, der Zuschauerzuspruch war schlecht.

Woran lag das – Idee und Konzept hatten sich ja nicht verändert?

Horst Brünnet: Ich denke das lag am unter anderem auch an unserer Auswahl der Headliner. Die Mad Caddies fanden in dem Jahr einfach nicht den Publikums-Zuspruch, der verdient gewesen wäre, haben bei uns aber finanziell hart eingeschlagen. Sonic Syndicate, der zweite Headliner, waren zu diesem Zeitpunkt noch ein Geheimtipp und konnten das nicht wett machen. Das war fast das Ende des Projekts.

Aber ihr habt euch aufgerappelt...

Horst Brünnet: Na klar! 2009 dann mit ein paar neuen Ansätzen, zum Beispiel der Entscheidung eine Indoor-Variante durchzuführen, dazu noch die Auflegung einer sogenannten Anteilsscheinaktion. Dabei kauft man Anteile am Festival und hilft somit bei der Vorfinanzierung. Es war zwar ein mäßiger Erfolg im ersten Jahr, die Gelder sind aber bis heute verfügbar. Und jetzt in diesem Jahr ist es eigentlich ein weiterer Neustart: Wir haben wieder die EU-Förderung aus dem Programm "Jugend in Aktion" erhalten.

Kannst du das Youthcamp näher erläutern, das ja einen ganz wesentlichen Anteil am Konzept des RockWell hat?

Horst Brünnet: Kurz und knapp: Die regionalen und internationalen Nachwuchsbands kommen nicht einfach nur zum Festival, sondern partizipieren an der Idee. Sie wohnen in einem Zeltlager mit Feldbetten, unternehmen gemeinsam Dinge, jammen, knüpfen Kontakte und organisieren Bandaustausche, damit die Idee auch nachhaltig Anwendung findet. Dafür können sie auf einer großen Bühne unter professionellen Bedingungen performen. Die ganzen Aktionen werden vor Ort diskutiert und durchgeführt, auch wenn wir als Vorschlag immer ein Rahmenprogramm in der Hinterhand haben.

Welchen Fokus setzt ihr bei der Bandauswahl fürs Line-Up?

Horst Brünnet: Unser Fokus liegt ganz klar auf der Nachwuchsförderung. Das war und ist der Grundansatz. Die Headliner dienen als Zugpferde und sollen die Bühne für die Nachwuchsbands richten. Das ist unsere Antwort auf eure aktuelle Diskussion (siehe unseren Artikel zum Panel auf der diesjährigen a2n; Anm.d.Red.), wie man Nachwuchsbands auf die Bühne bekommt – auch vor größeren Bands. Die Bands an sich müssen sich dabei einbringen und verschiedene Bedingungen erfüllen. Regionale Bands müssen zum Beispiel 15 Festivaltickets zu einem stark vergünstigten Preis absetzen, was auch bisher jeder Band mehr als gelungen ist. Die überregionalen Bands erhalten natürlich Spritpauschalen und sind von der Ticketpflicht befreit, weil das keinen Sinn ergibt. Wir versuchen darüber hinaus interessante Line-Up-Spots zu finden und nicht nur das Vorprogramm voll zu machen.

Woher kommt dieses Engagement für die Nachwuchsszene?

Horst Brünnet: Das liegt in der Tatsache begründet, dass wir alle selbst Musik gemacht haben oder machen, ich u.a. bei Ascension. Im Laufe der Jahre waren wir von der Tatsache, dass es Clubs und Festivals scheinbar nicht nötig haben die regionalen Bands mit ins Boot zu nehmen, einfach angepisst. Es gibt eine große Nachwuchsszene und gerade im Saarland wimmelt es nur so von talentierten Bands. Dieser Entwicklung wollen wir entgegentreten. Das funktioniert leider nur mit Fördergeldern, das muss klar gesagt sein, denn der gemeine Zuschauer ist schwierig ausschließlich für die Nachwuchssache zu begeistern. Diese Erfahrung musste ich in der Vergangenheit öfters machen. Also werden die Headliner als trojanische Pferde für die Nachwuchsbands genutzt. Sie füllen das Gelände, aber im Nachhinein gehen hunderte Besucher nach Hause und haben sich CDs von Newcomern gekauft, einfach weil sie im Programm auf einem lukrativen Slot standen und die Zuschauer sich keine Gedanken gemacht haben, wo die Bands herkommen. Es besteht ja auch der lustige Trend, dass Bands umso interessanter sind, je weiter sie entfernt leben. Wir haben uns das als Hobby angeeignet, hinter jeden Bandnamen auch die Ländernamen zu schreiben, das fasziniert offensichtlich immer noch viele Menschen, obwohl es keinerlei Grundlage für eine qualitative Bewertung ist.

Einer der für dieses Jahr geplanten trojanischen Headliner fällt aus: Discipline. Der Frontmann wird beschuldigt, seine Ehefrau ermordert zu haben und sitzt mittlerweile in U-Haft. Bedeutete es viel Trubel für euch so schnell noch für Ersatz zu sorgen?

Horst Brünnet: Das hat sicher viel Trubel verursacht, weil wir alle Flyer und Plakate und was weiß ich alles neu drucken mussten. In ultra-kurzer Zeit musste dieser Headliner ersetzt werden. Die Misfits-Tour war da ein echter Glücksgriff und im Nachhinein sicher auch die bessere Lösung, weil die Band einfach überregional bekannter ist.

Und was sagst du zu dem Fall? Die Band scheint generell umstritten zu sein.

Horst Brünnet: Zu Discipline und den Umständen kann ich nichts Konkretes sagen, eine offizielle Stellungnahme haben wir nie erhalten. Lediglich die Bestätigung der Bookingagentur, dass die Gerüchte zu einem großen Teil stimmen sollen. Die Band an sich ist natürlich immer irgendwie polarisierend gewesen, das sind Oi-Bands aber generell, weil politisch viel hinein interpretiert wird. Wir haben immer ihre eigenen Stellungsnahmen und ihr klares "Nein" zum rechten Flügel als Grundlage für eine Verpflichtung gesehen. Insgesamt ist der Fall sehr schockierend, so einen Absage-Grund hätte ich nicht im schlimmsten Traum für möglich gehalten.

Nun sind also die Misfits und The Exploited die Headliner in diesem Jahr.

Horst Brünnet: Ja genau, zwei absolute Punkrocklegenden. Beide bringen über 30 Jahre Bühnenerfahrung mit nach Saarwellingen. Exploited feiern ihr exakt 30-jähriges Bühnenjubiläum bei uns und die Misfits sind in etwas unterschiedlicher Zusammensetzung schon seit 1977 aktiv, da bin ich gerade mal geboren worden. Ich denke, das ist schon ein Line-Up der ganz besonderen Art und im Südwesten Deutschlands so noch nie dagewesen. Wir haben dafür auch viel positives Feedback erhalten und hoffen natürlich an beiden Abenden darauf die Bude voll zu haben, zumal wir sehr günstige Eintrittspreise haben.

Und auf welche Newcomer freust du dich besonders?

Horst Brünnet: Die Newcomer will ich gar nicht einzeln aufwerten. Mit viel Vorschusslorbeeren reisen allerdings Overgrown aus Holland an, die im Devils Place in Saarbrücken (die Clubbetreiber im Interview, 2009) beste Kritiken für ihre energiereiche Show erhalten haben. Aber da sind auch die GlamRock-Spezialisten An Assfull of Love, die wissen wie man mit dem Publikum umzugehen hat. Oder natürlich Dioramic, die ja schon mehr als Newcomer sind und vor kurzem bei Lifeforce unterzeichnet haben. Rise Of Hope haben einen frischen Plattendeal bei dem Indie-Label Antstreet in der Tasche und No one knows haben 2007 den Nachwuchswettbewerb "Goldener Scheinwerfer" gewonnen. Prankster sind die jüngsten im regionalen Newcomer-Bereich und werden die Bühne sicher genauso rocken. Als internationale Bands dürfen wir Sammsara aus Bourbon Lancy begrüßen und Disabled aus Stochov bei Prag. Abgerundet wird das Line-Up durch Harmful, die u.a. eine "Platte des Monats" im Online-Magazin der Visions abgeräumt haben, sowie den Hattrickers aus Japan und Sir Reg aus Irland und Schweden, die im Tourgepäck der Misfits anreisen. Last but not least natürlich nicht zu vergessen sind Insanity X, die sich bei den Bandbewerbungen durchgesetzt haben und sicher die Bühne zum brennen bringen werden.

Warum eigentlich Zelt und nicht "voll Openair"?

Horst Brünnet: Die Ungewissheit bei schlechtem Wetter erschien uns zu groß, denn das Ur-Openair scheiterte finanziell an zwei Regenjahren. Nach der ersten Variante mit Zelt bekamen wir aber viel Lob für das ungewöhnliche aber interessante Konzept und Flair der Veranstaltung. Es ist weder Indoor noch Outdoor.

Noch irgendwas, das man als Besucher des diesjährigen RockWell erwarten darf?

Horst Brünnet: Ich glaube, ich kann mich nur wiederholen: Viel Abwechslung, viel Spaß, großartige Headliner, noch großartigere Newcomer-Bands aus ganz Europa, der Region und Deutschland, günstige Eintritts-, Getränke- sowie Essenspreise. Wir sind einfach ein kleines, familiäres Rock-Festival in ehrenamtlicher Führung, das bis jetzt noch jeden Besucher in seinen Bann gezogen hat. Ach ja..., und in der ersten Stunde nach Doors Open gibt es eine Happy Hour für Bier und Biermischgetränke.

Na da ist dir ja doch noch etwas wichtiges eingefallen! Vielen Dank für dieses ausführliche Interview, Horst, und viel Erfolg mit dem RockWell 2010!

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