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Niedeckens BAP (live in Worms 2019) © Rudi Brand

Bei der leicht verspäteten Geburtstagsfeier von Wolfgang Niedecken im Mannheimer Rosengarten präsentieren sich Niedeckens BAP in exzellenter Form. Die Fans erleben ein gewohnt episches Konzert mit vielen Klassikern, einigen Raritäten, neuen Songs und all dem, was ein BAP-Konzert auszeichnet.

"Schließlich unendlich" ist das Motto der Tour auf der Niedeckens BAP das zu Beginn der Pandemie veröffentlichte letzte Album "Alles fließt" mit Verspätung endlich live präsentieren.

In guter Form

Zu Wolfgang Niedeckens 70. Geburtstag im März 2021 war ein großer Geburtstags-Gig mit anschließender Tournee geplant.

Corona zwang dann den Künstler die große Sause um ein Jahr zu verlegen, aber da angesichts der schließlichen Unendlichkeit ein Jahr nicht zählt, feiern die Mannheimer BAP-Fans ihr Idol eben im 72. Lebensjahr.

Wolfgang Niedecken hatte nach seinem Schlaganfall vor gut 10 Jahren einen deutlichen Älterungsprozess erlebt, der sich auch optisch im grau-weißen Bart bemerkbar macht. Seitdem ist er aber kaum spürbar gealtert und kommt so ähnlich fit rüber wie auf den Tourneen der letzten Dekade.

Vernuscheltes Tourmotto

Punkt 8 geht das Saallicht zur Einstimmung von Sinatras "It was a very good year" aus und mit "Hück ess sing Band en der Stadt" legt die Band los. Nach "Jenau jesaat: Op Odyssee" kommt die erste Überraschung in Form von "Wahnsinn" in der 1995er Crossover-Version, die dann direkt in "Waschsalon" übergeht und die Fans mit erprobter "Wisch-wasch-Choreographie" beglückt.

Im Anschluss daran begrüßt Niedecken das Publikum und gibt auch Auskunft über die Entstehung des Tourmottos, das ein vernuscheltes "Schließlich und endlich" zum Ursprung hatte. Beim anschließenden "Volle Kraft voraus" sieht man ihn dann nach langer Zeit mal wieder mit Schellenkranz statt Gitarre in der Hand.

Aktuelle Themen

Wer denkt, jetzt würde einen Gang runter geschaltet, irrt: Nach dem Salzjebäck-Doppelschlag mit "Alexandra" und "Drei Wünsch frei" spielt die Band das lang nicht mehr gehörte "10. Juni", das Niedecken den jungen Russen widmet, die sich durch Flucht ihrer Einziehung entzogen haben.

Weil es thematisch perfekt passt, schieben sie "Stell Dir vürr" gleich noch hinterher, mal wieder mit Bob Dylans "Hurricane" als Einstieg.  Knapp eine Stunde läuft die Show bereits und die Band gibt unentwegt Gas! Da wo andere Acts sich schon langsam in Richtung finales Drittel bewegen, geht bei BAP gerade mal der erste Akt zu Ende.

Würdigung der Familie

Akt 2 beginnt dann tatsächlich im Sitzen und akustisch mit den beiden thematisch verwandten Songs "Paar Daach fröher" und "Für den Rest meines Lebens" – zwei wunderschöne Lieder über seine Frau Tina. Und auch die Früchte dieser Liebe erfahren in "Mittlerweile Josephine" ihre Würdigung. Wohl dem, der eine solche Familie hat und ihr so geschmackvoll zu huldigen vermag.

"Jupp" und "Nix wie bessher" erhöhen dann wieder die Klassikerdichte, bevor dann tatsächlich ein rheinischer Reggae-Block folgt, der manche zum beseelten Schunkeln, andere zum Bier holen oder wegbringen animiert. Die Erlösung folgt dann in Form von einer umwerfenden kölschen Version des Byrds-Klassiker "So you wanna be a Rock'n'Roll star", mit den Bläsern ähnlich kraftvoll wie weiland bei Tom Petty.

Danach steuert auch der zweite Akt einem kraftvollen Höhepunkt zu: "Nemm mich met" bietet viel Raum für solistische Einlagen und die Bandvorstellung bevor es mit "Ruhe vor'm Sturm", "Kristallnaach" und "Arsch huh, Zäng ussenander" noch mal ernst aber auch stimmungsvoll und musikalisch brilliant wird.

Epische Zugaben

Nach über zwei Stunden geht es dann in den dritten Akt, die Zugaben, die bei BAP ja traditionell in ausgiebiger Form dargeboten werden. Und los geht es gleich schon mal mit einem weiteren lang nicht mehr gespielten Klassiker: "Wenn et Bedde sich lohne däät", der von der Band souverän umgesetzt wird.

Das starke "Jeisterfahrer" aus dem neuen Album hat sich seine Position in diesem Block ebenso verdient wie das obligatorische "Verdamp lang her". Dieser Megahit ist auch an diesem Abend wieder kein Pflichtprogramm, sondern ein sehr intensiv dargebotener Song, bei dem man Niedeckens Andenken an seinen Vater wirklich glaubhaft spüren kann.

Starke Form

Im weiteren Verlauf zeigt sich, dass "Hauptjewinn" vielleicht besser mit einem im Hauptprogramm gespielten Song den Platz getauscht hätte und dass "Für 'ne Moment" wohl noch nie so herausragend-rockig geklungen hat.

Zum Abschied gibt es das besinnliche "Wenn ahm Ende des Tages", das Niedecken im Sitzen mit einem Becher Tee singt und das in einem stimmungsvollen Solo von Trompeter Benny Brown einen starken Abschluss bildet.

Niedeckens BAP zeigen sich auf dieser Tour in hervorragender Form und mit einer starken Setlist, die eine große Vorfreude auf die für den kommenden Sommer angekündigten Gigs hinterlässt. Und wer davor Niedecken mit seiner Dylanreise erleben will, kommt sicherlich auch auf seine Kosten!

Setlist

Hück ess sing Band en der Stadt / Jenau jesaat: Op Odyssee /Wahnsinn / Waschsalon / Volle Kraft voraus / Alexandra, nit nur do / Drei Wünsch frei / Zehnter Juni / Stell dir vüür / Paar Daach fröher / Für den Rest meines Lebens / Mittlerweile Josephine / Jupp / Nix wie bessher / Müsli Män / Huh die Jläser, huh die Tasse / Aff un zo / Rock 'N' Roll Star / Nemm mich met / Ruhe vor'm Sturm / Kristallnaach / Arsch huh, Zäng ussenander

Zojaben

Wenn et Bedde sich lohne däät / Jeisterfahrer / Verdamp lang her / Do kanns zaubere / Rita, mir zwei / Hauptjewinn / Für 'ne Moment / Wenn ahm Ende des Tages

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