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© Das Bett

Ein buntes Potpourri aus verschiedenen Einflüssen, von Dub über Oriental bis zu Psychedelic-Rock, präsentiert die türkische Band Baba Zula bei ihrem Jubiläumskonzert in der Alten Feuerwache Mannheim.

Spannung kommt auf, als sich die gut gefüllte Alte Feuerwache mit einem Mal verdunkelt und von irgendwoher eine orientalisch anmutende Melodie erklingt. Zu sehen ist auf der Bühne zu diesem Zeitpunkt noch nichts.

Erst nach einigen Momenten erscheinen die Instrumentalisten von Baba Zula nacheinander auf der Bühne, entwickeln die kurze Melodie zu einem sich langsam aufbauenden Song.

Space is the place

Selten nehmen Baba Zula sich so zurück wie bei dieser ersten Nummer, und doch zeigen sich schon hier die Qualitäten, die den Auftritt ausmachen werden: Auf der einen Seite stehen die dominierenden Saiteninstrumente Oud und Saz, die trotz der starken Verzerrung ihren ganz eigenen Charakter behalten. Auf der anderen Seite steht mit Drumcomputer, Becken und Percussion die Rhythmussektion, die die psychedelischen Melodien mit einem unwiderstehlichen Groove unterlegt.

Was recht langsam sowie, durch die Verwendung zahlreicher, dubbiger Hall-Effekte, sehr spacig beginnt, nimmt schon mit dem nächsten Song immens an Fahrt auf. Während das erste Lied vor allem durch die hypnotische Wiederholung sowie die kürzeren Jam-Passagen begeistert, steht beim zweiten die Stimmgewalt von Sängerin Melike Şahin im Vordergrund.

Strukturiertes Chaos

Diese ersten beiden Songs verdeutlichen das Spektrum, in dem sich Baba Zula währen der nächsten zweieinhalb Stunden bewegen werden: Im steten Wechsel zwischen klarer, treibender Songstruktur und (im positiven Sinne) ausufernder Improvisation. 

Dies heißt jedoch nicht, dass der Auftritt durchgeplant oder routiniert wirkt. Obwohl Baba Zula mit dieser Tour ihr zwanzigjähriges Bestehen feiern, entsteht nie das Gefühl, sie würden nur eine einstudierte Show abliefern – ganz im Gegenteil. Es stellt sich sogar die Frage, ob sie überhaupt so etwas wie eine Setlist haben oder die komplette Reihenfolge des Sets nicht ebenfalls improvisiert ist.

Kein business as usual

Wenn man im Kontext von Baba Zula überhaupt von Routine sprechen kann, dann bloß in dem Sinne, dass die Band nach gut zwei Jahrzehnten weiß, was sie tut: Ihre Bühnenshow wirkt im besten Sinne souverän.

So verlassen Saz- und Oud-Spieler (Murat Ertel und Periklis Tsoukalas) etwa während eines Songs die Bühne, um kurz darauf im Publikum wieder aufzutauchen und dort weiter zu spielen und sich dabei sogar auf dem Boden rollen. Später bedient Tsoukalas auf der Bühne stehend das Wah-Pedal Ertels, der sich erneut im Publikum befindet, um dessen Solo zu verfremden. All das wirkt komplett natürlich und spontan.

Anspruchsvolle Leichtigkeit

Dass diese anspruchsvolle Leichtigkeit funktioniert, zeigt nicht zuletzt das schon nach dem ersten Song komplett ekstatische Publikum. Jeder Song wird von den anwesenden Gästen gebührend gefeiert, gerade die Solo-Einlagen im Publikum sorgen für Aufregung. So ist es denn auch nur verständlich, dass die Rufe nach einer Zugabe nach knapp zwei Stunden nicht enden wollen.

Die Musiker betreten daher ein letztes Mal die Bühne und bieten einen Song dar, der in einer knappen halben Stunde noch einmal alle ihre Stärken zusammenfasst: Ausladende Soli- und Impro-Passagen, mal dubbige, mal eher orientalische Rhythmik, immer wieder zusammengeführt zu stark verzerrten, rockigen Höhepunkten.

Kein Halten mehr

Weder auf noch vor der Bühne steht zu diesem Zeitpunkt noch jemand still, alles tanzt euphorisch zu der bunten Genre-Mischung. Man kann nur hoffen, dass sich Baba Zula auch in den nächsten zwanzig Jahren ihre unglaubliche Virtuosität und Spielfreude beibehalten und hoffentlich schon bald wieder live präsentieren.

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