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Gregory Porter live in Ludwigshafen am Rhein 2016 © Andreas Defren

Gregory Porter entführt das Publikum im BASF-Feierabendhaus in Ludwigshafen ab dem ersten Ton in seine lebendig erzählten, musikalischen Geschichten. Dabei überzeugt er mit der einnehmenden Ehrlichkeit und Wärme seines Gesangs.

Das BASF-Feierabendhaus ist ausverkauft – und das an einem Montagabend. Die Erwartungen sind hoch, die Spannung auch, denn wer weiß seit der Veröffentlichung von Gregory Porters aktuellem Album "Take Me To The Alley", was ihn bei einem Konzertabend des erfolgreichen Sängers erwartet? Jazz? Soul? R&B-Crossover?

Genregrenzen überschreiten

Als große neue Hoffnung des Jazz erobert er seit seinem Debütalbum "Water" von 2010 die Musikwelt weit über die Genregrenzen des Jazz hinaus. Zahlreiche Preise und Auszeichnungen sind die Folge.

Auf seinem im Mai 2016 erschienenen fünften Album überschreitet der Sänger mit der Statur eines Footballspielers wieder auf seine ganz eigene Art die Genregrenzen. Bei seinem Auftritt in Ludwigshafen steht der entwicklungsreiche Weg als Songwriter, den Porter hinter sich hat, einem homogenen Konzertabend aber nicht im Weg.

Wie aus einem Guss

Gregory Porter ist ein notorischer Schnipser und das hat er primär seiner fünfköpfigen Band zu verdanken, die ab dem ersten Einsatz in ihrem eigenen Groove aufgeht. Die Musiker legen eine außerordentliche Spielfreude an den Tag und machen sich jeden Song auf ihre Weise zu eigen.

So kommt es, dass trotz teilweise drastischer Ausschweifungen in Richtung R&B und zum Teil sogar poppiger Anklänge auf seinem neuen Album "Take Me To The Alley" die Darbietungen an diesem Abend wie aus einem Guss klingen.

Musikalische Einheit

Schon beim Eröffnungssong "Holding On" und auch den Folgesongs "On My Way To Harlem" und "Take Me To The Alley" entwickeln sich dynamische Jazz-Abschnitte, die aber durch die prägnanten Basslinien des Kontrabassisten den Bezug zum Song nie verlieren.

Einen musikalischen roten Faden bilden die äußerst vielseitigen Soli der Musiker. Dabei fügt sich auch die Gesangsstimme als sechstes Instrument in den Gesamtsound ein und vermittelt ein Gefühl musikalischer Gleichberechtigung. 

Kein Mann großer Worte

Im Mittelpunkt stehen die Geschichten und das Gefühl der Songs, die durch die geschmackvollen Arrangements und den vollkommen unaffektierten Gesang Gregory Porters lebendig werden. Dabei spielt die Sprachbarriere überhaupt keine Rolle.

Ein Blick durch den Saal ist Beweis genug: Porters erzählerischer, emotionaler Stil reißt das Publikum von nachdenklicher Versunkenheit bis zu gedankenloser Euphorie mit. Dabei verzichtet er fast vollständig auf aktiven Kontakt mit dem Publikum, singt meist mit geschlossenen Augen und zwingt sich nur selten zu Ansagen.

Die Botschaft sollte gehört werden

Eine Ausnahme macht er zur Zugabe. Den Song "No Love Dying" von seinem Erfolgsalbum "Liquid Spirit", den er allein mit schlichter Klavierbegleitung singt, trage er mit seinen Konzerten durch die ganze Welt um eine "message of love" zu verbreiten, sagt er.

Bevor die Stimmung jedoch ins Dramatische kippt, fügt er schnell hinzu, er widme diesen Song mit seiner "peaceful message" auch einem neuen Problem in seinem Land, nämlich dem neuen Präsidenten.

Wo ist er wirklich?

Dennoch entsteht der Eindruck, sein Markenzeichen Ballonmütze und Schalverhüllung dienten ihm nicht nur als Wiedererkennungsmerkmal, sondern auch als Schutzschild, hinter dem er sich verstecken kann, um ganz in seinen Geschichten aufzugehen. 

So lässt er sich gemeinsam mit dem Publikum von den Rhythmen, die von Swing bis Reggae reichen und den dynamischen Songs mitreißen, ohne je an Präsenz zu verlieren. Gregory Porter fesselt nicht mit einer Show, sondern allein mit seiner Musik. Was will man mehr?

Setlist

Holding On / On My Way To Harlem / Take Me To The Alley / Don’t Lose Your Steam / Consequence Of Love / Papa Was A Rollin‘ Stone / Musical Genocide / Don’t Be A Fool / Liquid Spirit / Skylark / In Fashion / Work Song / 1960 What? /// No Love Dying / Free

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