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Gregory Porter (live in Hamburg, 2014) © Falk Simon

Orchester statt Quintett: der amerikanische Soulsänger tritt mit dem fünfzig-köpfigen Metropole Orchestra auf und begeistert mit Songs von Bill Withers und Muddy Waters. Die Zuschauer im Stadtpark erlebten einen selten brillanten Klang.

Der Anblick ist beeindruckend: mehr als 50 Musiker inklusive Harfenistin und 17 Blechbläsern bevölkern die Stadtparkbühne. Gregory Porter ist mit dem holländischen Metropole Orchestra auf Tour, einer renommierten Big Band mit angeschlossener Streicherformation.

Porter ist ein Phänomen: Wo er auch auftritt, liegt ihm sein Publikum zu Füßen. Schon zum dritten Mal innerhalb eines Jahres spielt er in Hamburg, dennoch ist der Stadtpark beinahe ausverkauft. Der Amerikaner ist spätestens seit seinem dritten Album "Liquid Spirit" aus dem Jahr 2013 einer der gefragtesten Soul-Sänger überhaupt. "Liquid Spirit" schaffte es gleich in mehreren europäischen Ländern in die Top 10 der Charts, und erst im Januar gewann Porter einen Grammy.

Hollywood-Soundtrack statt Blues

Das Orchester, das in seiner beinahe 70jährigen Geschichte schon mit Größen wie Ella Fitzgerald, Dizzy Gillespie oder Elvis Costello zusammenspielte, sorgt für einen ganz anderen Live-Sound. Für gewöhnlich begleitet Porter ein akustisch-elektrisches Quintett, nun sind die raueren Elemente von Blues und Gospel zugunsten eines ausladenden, beinahe filmmusikalischen Scores zurückgefahren. Jazzanhänger schauen da schonmal zur Uhr, wenn drei Balladen aufeinander folgen und dem Abend kurzzeitig den Anstrich einer Hollywood-Soundtrack-Aufführung verleihen.

Der Klang allerdings ist grandios. Auch wenn die Streicher zuweilen nicht gegen die auftrumpfenden Bläser ankommen, meint man, jedes Instrument einzeln heraushören zu können. Eine solch brillante Tonabmischung hat der Stadtpark lange nicht erlebt.

Großartige Coverversionen

Eine solche Stimme ebenfalls nicht. Porter, den als Student nur eine Verletzung von einer Karriere als Profi-Footballer abgehalten hatte, verfügt über die derzeit wohl eindrucksvollste Stimme des Soul. Ob Uptempo-Song oder Ballade, ob Eigenkomposition oder Cover, Porter weiß mit seinem hinreißenden Bariton ganz ohne Gimmicks oder Theatralik zu fesseln.

Seine Versionen bekannter Songs gehören zu den frühen Highlights des Abends. Bill Withers' Ode an die Großmutter, "Grandma's Hands", ist wie gemacht für den Kalifornier, und das Jazz-Instrumental "Work Song" singt er mit dem von Nina Simone geschriebenen Text.

Grandios gelingt allerdings auch eine Eigenkomposition des Mannes mit der Ballonmütze. In "1960 What?" dreht das Orchester richtig auf, und dehnt den Song, der sich um die Bürgerrechtsbewegung im 60er Jahre-Detroit dreht, mit mitreißenden Soli auf mehr als zehn Minuten aus.

Unglücklich gesetzte Pause

Die darauffolgende 20minütige Unterbrechung ist etwas unglücklich gesetzt, kann das Momentum aber glücklicherweise nur kurz verlangsamen. Mit Muddy Waters' "Hoochie Coochie Man" kommt das Orchester unter der Leitung von Chefdirigent Jules Buckley gleich swingend aus der Pause. Das darauf folgende "Liquid Spirit" ist eine weitere Perle aus der Feder Porters, unterstützt vom Punch der Bläsersektion und dem enthusiastisch klatschenden Publikum.

Nach minutenlangem Applaus kehren die 53 Musiker nach der ersten Zugabe noch einmal zurück und spielen erneut "1960 What?" – die Wiederholung stört niemanden unter den begeisterten Zuschauern. Kein Zweifel: das Metropole Orchestra ist wieder einmal mit einem ganz Großen unterwegs.

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