© Fabrice Bourgelle

Eine tanzbare Reise ins Weltall: Nicht mehr und nicht weniger bieten The Comet is Coming bei ihrem Auftritt im Kulturzentrum dasHaus in Ludwigshafen. Dabei lässt die Band um den umtriebigen Saxophonisten Shabaka Hutchings weder Kopf noch Körper stillstehen.

Bereits zum dritten Mal, so lässt der Festivalleiter Rainer Kern das Publikum an diesem Mittwochabend im Kulturzentrum dasHaus in Ludwigshafen wissen, tritt der Saxophonist Shabaka Hutchings bei Enjoy Jazz auf: im letzten Jahr gastierte er mit Sons of Kemet, vor einigen Wochen mit Melt Yourself Down, und nun schließlich mit seinem jüngsten Projekt The Comet is Coming.

Hemmungslos

Als Hutchings mit seinen beiden Mitstreitern die Bühne betritt, wirkt es dennoch nicht unbedingt so, als würde dieser sich auf der Bühne heimisch fühlen. Eher verstohlen, ein bisschen schüchtern wirken er und seine ganze Band zu Beginn des Konzertes. 

Doch schon während des ersten Songs schwinden die Hemmungen: Eingeleitet von den wabernden Synthieflächen von Keyboarder Danalogue The Conquerer verwandelt sich das Lied unversehens in eine groovende, von minimalem, grollendem Analog-Bass und sehr tightem Drumming getragene Nummer, die auch direkt die ersten Gäste zum Tanzen bewegt.

Kein Halten

Bemerkenswert an dieser Eröffnung ist es, wie die auch spielerische Zurückhaltung Hutchings während des Songs langsam schwindet: Spielt er zu Beginn noch kurze, abgehackte Phrasen, verbinden diese sich mehr und mehr zu Melodien, machen Platz für kurze Soli, während sich langsam die ersten Schweißperlen auf Hutchings' Stirn bilden.

Als der erste Song in einem Tohuwabohu von Drums und flirrenden Echos verklingt, stimmt der Saxophonist unversehens ein gut fünfminütiges, brilliantes Solo an, dass rückblickend wirkt wie der wirkliche Beginn des Konzerts. Denn spätestens, als inmitten der virtuosen Darbietung Hutchings seine beiden Mitmusiker plötztlich wieder mit einsteigen, gibt es sowohl auf als auch vor der Bühne kein Halten mehr.

The format wars

Die Grundstruktur der meisten Songs wie auch die Instrumentierung bleiben durchgängig identisch, dennoch gelingt es der Band, eine Stunde lang für Abwechslung zu sorgen.

Dafür sorgt einerseits der abwechselnde Fokus, der auf den einzelnen Musikern liegt – mal ist es Hutchings' Saxophon, das im Vordergrund steht, mal übernimmt Danalogue mit effektlastigen Keyboard-Sequenzen. Gelegentlich kommt auch das zwar stets groovende, aber trotzdem sehr verspielte Schlagzeug von Betamax Killer (es gibt keinen besseren Künstlernamen!) zum Tragen.

Zwischen Himmel und Erde

Andererseits ist es auch die trance-artige Sicherheit, mit der sich The Comet is Coming zwischen eingängigem Groove und verhallten, spacigen Ausbrüchen bewegen, die für stete Spannung während des Sets sorgt. Hier gilt das Lob vor allem Danalogue The Conquerer, dessen Soundpalette angesichts seines beschränkten Equipments enorm vielseitig ist.

Diesen Wechsel zwischen den beiden Polen, zwischen erdiger Tanzbarkeit und spaciger Entrücktheit, macht vor allem die Zugabe noch einmal deutlich. Über gut 10 Minuten entwickelt sich der Song auf zahlreichen Umwegen, um dann schließlich in einem Finale zu kulminieren, in dem die Musiker noch einmal alles geben. 

Rückkehr aus der Ekstase

Den nicht enden wollenden Applaus auch nach ihrer Zugabe hat sich die Band in jedem Fall verdient. Die irgendwo zwischen Breakdeance und ritueller Ekstase wechselnden Tanzeinlagen der Musiker fanden sich so zwar nicht im Publikum, doch stillstehen konnte bei The Comet is Comings unnachgiebigem Groove auch niemand.

Auffällig ist auch, dass Shabaka Hutchings nach dem Ende des Konzerts gleich wieder in jene Zurückhaltung verfällt, mit der er auch die Bühe betreten hat. Mit einigen wenigen (wenngleich äußerst sympathischen) Dankesgesten wendet er sich an das Publikum, bevor er die Bühne verlässt. Doch vor dem saxophonspielenden Derwisch, der da eben noch stand, ist nur noch wenig zu erahnen.

Geographische Unsicherheiten

Die Dankesreden überlässt er lieber seinem Mitmusiker Danalogue, der in seinem Wortfluss nur einmal kurz innehält – als ihn jemand darauf aufmerksam macht, dass er sich gerade nicht in Frankfurt befindet, wie er das offensichtlich glaubt ("It's been a pleasure, Frankfurt!").

Die Reaktion ist herzliches Gelächter auf der Bühne, und der Hinweis, dass das schon einmal passieren könne, wenn man so viel reist. Ob die Band damit ihren Touralltag meint oder ihre offensichtlichen Aufenthalte irgendwo im Weltall, bleibt offen – denkbar ist allerdings beides.

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