257ers (2014)

257ers (2014) © Selfmade Records

Nackte Haut, triefende Menschen, das Rad des Schicksals und der Gestank des Jahrhunderts. Achja ein Konzert gab's auch noch im Café Central in Weinheim, das von den 257ers nämlich. Wir waren mittendrin im Wahnsinn!

Hoffentlich habt ihr die 257ers schon vor der Promo-Phase für ihr aktuelles Album "Boomshakkalakka" gekannt, denn die penetranten Werbeblöcke bei Spotify und die übertriebene Bannerwerbung auf gefühlt sämtlichen Internetseiten waren wirklich nervtötend. Krönung der Abscheulichkeit: "Baby du riechst" als Titelsong für Berlin Tag und Nacht.

Fest steht: Shneezin, Mike und Keule haben ihre Nische gefunden und sind mittlerweile die Vorzeige-Vertreter einer ganzen Bewegung, die im Rap weder ihre Street-Credibility, noch ihre tiefsten Gefühle zum Ausdruck bringen will. Es geht eher um die alltäglichen Absonderlichkeiten, die sich im Leben der drei Spinner so ereignen, und um ihren gewaltigen Sockenschuss. Den stellen sie auch beim Konzert in Weinheim unter Beweis. 

"Guten Abend ihr Fotzen"

Selten ist eine Menschenmenge an einem einzigen Abend so oft beleidigt worden wie an diesem. "Guten Abend ihr Fotzen" lautet die liebevolle Begrüßung von – ja von wem eigentlich? Es ist der Mann hinter dem Laptop, denn eine Vorgruppe gibt es nicht. Stattdessen spielt der gute Herr etwa fünf Minuten ein wildes Medley aus bekannten Deutschrap-Songs, Hip Hop-Klassikern und den Backstreet-Boys. Zwischendurch kommt öfter einmal die Frage "Seid ihr schon besoffen genug für die 257ers?", ein Großteil des Publikums kann das mit Sicherheit mit ja beantworten. 

Schon bevor das eigentliche Konzert losgeht, kann man die (größtenteils sehr jungen) Zuschauer in zwei Gruppen einteilen: Die "Gemäßigten" und die "Stinkbesoffenen". Behaltet das im Hinterkopf, es wird später wieder wichtig. Lange hält man sich jetzt nicht mehr mit Anheizen auf, der Mann hinter dem Laptop bereitet dem Medley ein abruptes Ende und "ES" geht los. 

Auf die 12

"ES" ist in diesem Falle eine Mischung aus Ballermann-Atmosphäre, zotigen Witzen, jeder Menge Penis-Vergleiche und dem altbewährten Abrissbirnen-Charme der 257ers. Wer sich von diesem Konzert geistige Höhenflüge erwartet hat, der wird mit Sicherheit enttäuscht sein. Aber: Auf ihre Art schaffen es die Ruhrpottler, das randvolle Café Central zum Überschäumen zu bringen. Sie haben die "Mutanten", wie sie ihre Fans gerne nennen, absolut im Griff und heizen die Menge so an, dass bereits nach ein paar Songs die Suppe von der Decke tropft. 

Die Setlist ist eine ausgewogene Mischung aus neuem Material vom aktuellen Album "Boomshakkalakka" und älteren Songs, auffälligerweise ist das Publikum gerade bei den neuen Songs am textsichersten. Das, liebe Kinder, ist der Vorteil von penetranter Promo!

Gerade in diesem Genre des Deutschrap scheint es sich allerdings eingebürgert zu haben, sich als Künstler nicht allein auf die Wirkung seiner Musik zu verlassen, sondern der allgemeinen Stimmung noch mit kunterbunten vergnüglichen "Gesellschaftsspielen" nachzuhelfen. Wer eine solche Aktion eventuell schon einmal bei Trailerpark miterlebt hat, macht sich auf einiges gefasst. 

Das Rad des Schicksals pt. 1 

Die 257ers haben dazu extra ihre Bastelkünste bemüht und ein selbstgebautes Glücksrad mitgebracht, das von einem Mutanten aus der Menge bedient werden soll. Gewinnen kann der oder die Glückliche sogar auch etwas, allerdings ist das aufgrund der wenigen Gewinnfelder eher unwahrscheinlich. An dieser Stelle wird nun die eben erwähnte Einteilung der Zuschauer wieder relevant – es betritt die Bühne: Klaus-Herbert*.

Klaus-Herbert gehört definitiv zur zweiten Kategorie und hat wahnsinnig Lust, sich auszuziehen. Deshalb passt es ihm gar nicht, dass das Glücksrad beim Feld "Deal", und nicht etwa bei "Unten ohne" stehen bleibt. Shneezin hat aber gottseidank den passenden Deal parat: "Du darfst dich komplett nackt ausziehen, wenn ich dich dafür mit Autolack einsprühen darf". Alle sind wieder glücklich, Klaus-Herbert zieht sich endlich aus, bekommt sein bestes Stück mit schwarzem Sprühlack verschönert und verlässt unter begeistertem Applaus die Bühne.

Man könnte sich an dieser Stelle fragen, ob sich Klaus-Herbert eventuell furchtbar schämen wird, wenn er seinen Rausch ausgeschlafen hat und sich dank der Smartphone-Generation direkt bei Youtube wiederfindet. Man kann es aber auch einfach lassen. Immerhin hat er vorher versichert, dass er schon 18 ist. 

Das Rad des Schicksals pt. 2 – wir sind hier nicht bei Trailerpark! 

Das Rad des Schicksals ist ab jetzt der absolute Renner des Konzerts, deshalb geht es nach ein paar Songs auch direkt in die zweite Runde. Nach dem Auftritt von Klaus-Herbert melden sich plötzlich viel weniger Freiwillige, Friedolin-Willibert* allerdings hat nur auf seine Chance gewartet und kommt auch gleich schon halbnackt auf die Bühne, er weiß wohl was ihm blüht. Er weiß außerdem genau, was er gewinnen will: "Ein Trailerpark-Cap". Falsche Antwort! Er darf zwar noch das Rad drehen und landet sogar auf einem Gewinnfeld, bekommt aber trotzdem eine Ladung Autolack mitten ins Gesicht. 

Shneezin ist wieder Zeremonienmeister und versichert ihm gönnerhaft: "Ich sage Basti Bescheid. Wenn du beim nächsten Trailerpark-Konzert zum Merch-Stand gehst und ihm sagst, dass ich dich geschickt habe, dann bekommst du dein Cappy." Ein kleiner Ratschlag: Tu es nicht Friedolin-Willibert! Tu es einfach nicht!

"So, jetzt reicht's aber auch mal wieder!"

Der Rest der Veranstaltung ist schnell erzählt, denn plötzlich werden alle unruhig. Einige Zuschauer verlassen zwischenzeitlich den Raum, weil es mittlerweile unerträglich heiß und stickig geworden ist. Und auch die 257ers haben's eilig: "Wir haben ja schließlich alle noch nen Nebenjob!" Deshalb ist der ganze Zauber dann um 21:30 Uhr zu Ende. 

Kleiner Nachtrag zum Schluss: Klaus-Herbert war zwischenzeitlich auf der Toilette und hat versucht, seine Kronjuwelen zu säubern. Leider hatte er keinen Erfolg und macht sich mittlerweile ein paar Sorgen, was seine Freundin von der Sache halten wird. Der Rest ist leider nicht überliefert. 

*Die Namen der beiden Mutanten wurden von der Redaktion geändert. Sie selber gehen mit ihrer Privatsphäre zwar freigiebiger um, wir allerdings ziehen es vor ihre Identität in grauer Ungewissheit zu lassen. 

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