Sebastian Gramms (live in Ludwigshafen, 2023) Fotostrecke starten

Sebastian Gramms (live in Ludwigshafen, 2023) © Manfred Rinderspacher

Sebastian Gramms zählt fraglos zu den kreativsten und aktivsten deutschen Jazzmusikern. Bei Enjoy Jazz 2023 im Kulturzentrum dasHaus in Ludwigshafen stellt der Bassist sein neuestes Kompositionsprojekt "Meteors" vor, das trotz großer Qualitäten nicht in jeder Hinsicht überzeugt.

"Sebastian ist ein Workaholic" sagt die freundliche Dame am Merch-Stand, als der erstaunte Käufer feststellt, dass der Bassist kurz nach Veröffentlichung seines Albums "Meteors" ein weiteres, optisch ähnlich gestaltetes Album mit dem Namen "Urschall" vorgelegt hat. 

Verkleinert und konzentriert

Bei seinem Konzert bei Enjoy Jazz 2023 im Kulturzentrum dasHaus steht allerdings Sebastian Gramms vorheriges Album "Meteors" im Mittelpunkt. Aufgenommen hat er es mit einer kleineren Version seiner Band "States of Play". 

Diese besteht neben Gramms aus Saxophonist Hayden Chisholm, Pianist Philip Zoubek, Keyboarder Christian Lorenzen und Schlagzeuger Dominik Mahnig. Wegen anderweitiger Verpflichtungen fehlt allerdings Posaunistin Shannon Barnett, die durch Saxophonist Wanja Slavin ersetzt wird.

In den Spuren der Großen

Dieser Wechsel ist nicht unbedeutend, denn während Barnetts Posaune einen ganz eigenen Klang hat, gleichen sich die Sax-Stimmen von Chisholm und Slavin durchaus stark, auch wenn subtile Unterschiede durchaus vorhanden sind.

Im Gegensatz zu früheren Auftritten ist "Meteors" und auch das Live-Programm bei Enjoy Jazz vollkommen durchkomponiert. Auf seiner Bandcamp-Seite nennt er die orchestralen Kompositionen von Duke Ellington und Charles Mingus als Bezugspunkt.

Das Space Age lebt

Naheliegend wäre auch der Bezug zu Miles Davis und Sun Ra, und zwar nicht nur wegen der Space-Thematik, sondern wegen des dichten, manchmal undurchdringlichen Bandsounds, in dem die Instrumente miteinander verschmelzen.

Die flirrenden Moog-Sounds und andere "spacige" Keyboard-Klänge erinnern zudem an "Raumpatrouille Orion" und andere Erzeugnisse des Space Ages, die futuristische Sounds zur Untermalung benutzten.

Nahe am Album

An diese Musik knüpft Sebastian Gramms mit einem enorm komplexen, dichten Bandsound an, in dem neben Gramms und Schlagzeuger Mahning vor allem Pianist Philip Zoubek durch seine Vielseitigkeit und Energie besticht.

Schmerzlich vermisst werden allerdings Momente, die den herausragenden Musikern Gelegenheit zur Improvisation bieten. Die Interpretationen der Stücke von "Meteors" unterscheiden sich – soweit man das sagen kann – nicht sonderlich stark von den Albumversionen.

Keine Improvisationen

Obwohl das Live-Erlebnis noch einmal die Ausgefeiltheit von "Meteors" unterstreicht, fehlt doch ein Element der Überraschung und vielleicht auch ein wenig Energie – gerade an der Saxophonfront. 

Das ist sicher kein Zufall, im Gegenteil, es ist offenkundig Gramms Absicht, seine Kompositionen im Stil von Ellington oder Mingus zu präsentieren und nichts dem Zufall zu überlassen. Allerdings hat der Zufall in Form der Improvisation auch seinen Reiz.

Alles zum Thema:

enjoy jazz