Montag

Montag

Julian Friedrich (Gesang, Klavier), Dominik Pobot (Gitarre), Robin Fuhrmann (Drums) und Jo Varain (Bass) haben eines gemeinsam: Die Liebe zur Musik! Seit 2003 existiert ihre Band Montag. Vier Jahre nach dem letzten Werk präsentierten sie 2009 ein neues Album. Grund genug, um mit Gründungsmitglied Julian ein paar Fragen zu klären und dabei u.a. zu erfahren, wie seine mitreißende Liveband eigentlich mit Lampenfieber umgeht, und warum 3D-animierte Hasen nicht unbedingt der letzte Schrei sind.

{image}RA: Fangen wir doch ganz von vorne an: Wie kam es zur Bandgründung?
Julian Friedrich: Ich kann es kaum glauben: Dominik und ich machen jetzt schon seit fast sechzehn Jahren Musik. Am Anfang noch als Steppkes in einer neunköpfigen Speed-Funkband. Jedes Mal die Hammondorgel in den dritten Stock tragen, ich habe es gehasst! Backgroundsängerinnen und Vollblutbläser hatten wir auch dabei, die sind aber von allein in den dritten Stock gegangen. Uns hat mit 12 niemand ernst genommen, wir konnten aber trotzdem ein paar interessante Preise abstauben. Aber Montag gibt es seit sechs Jahren, anfangs noch als Trio. Doch seitdem ich Stücke schreibe, die stark klavierlastig sind, musste eben ein solches her, und da man nicht Bass und Klavier gleichzeitig spielen kann, sind wir jetzt seit zwei Jahren ein klassisches Quartett.

{image}Warum hast du den Weg als Musiker eingeschlagen?

Julian: Nimmt man sich das vor? Ich habe tatsächlich eine lange Zeit auch ganz und gar andere Lebensentwürfe verfolgt. Es gab für mich einen wichtigen Moment, ein Innehalten. Ich habe so manches aufgegeben: einen guten Verdienst, vielleicht sogar eine Karriere. Musik war das, was mich immer glücklich gemacht hat und immer übrig bleibt, wenn ich mich wie eine Soße reduzieren müsste. Der Geruch, der alles mit allem verbindet, ein roter Faden. Ich habe mich damals mit 23 zum ersten Mal wirklich ernst genommen und mir versprochen, es zumindest zu versuchen. Für Dominik, Robin und Jo kann ich nicht wirklich sprechen. Dafür haben wir uns speziell über diesen Moment zu wenig unterhalten. Komisch! Als Musiker fragt man andere nie, warum sie Musiker geworden sind…

Arbeitet ihr neben der Musik noch in anderen Bereichen?

Julian: Katastrophal... Wir sind alle Profimusiker! Ich schreibe neben Werbemusik auch Texte, spreche Kinderbücher ein, gebe Zwergen in Computerspielen ihre Stimme, programmiere Homepages und produziere andere Bands. Was man halt macht, wenn man zu nichts anderem taugt.

{image}Deine musikalischen Vorbilder?

Julian: Ich persönlich habe jetzt keine richtigen Vorbilder in dem Sinne. Es gibt Platten und Songs, die ich außerordentlich finde. Momentan erschließe ich mir David Bowies Frühwerk Honky Donky, auf dem er ein ziemlich abgefahrenes Stück für Andy Warhol verwurstelt. Aber auch Live on Mars ist ein riesen Knüller.

Wo und wann war euer erstes Konzert und wie seid ihr mit der Nervosität umgegangen?

Julian: Es gab eine Zeit, in der ich dachte, ich sterbe vor einem Auftritt. Ich bin jedes Mal kreidebleich geworden, wenn mich jemand darauf ansprach, in einem Monat im Marx zu spielen. Tatsächlich habe ich vor unserem ersten Konzert alle in einem kleinen Restaurant in der Schanze versammelt, um ihnen schweißgebadet meinen Austritt zu verkünden. Ich wäre ihnen doch nur eine Last und ohne mich würden sie schneller Fortschritte machen. Langes Schweigen. "Gut," meinte Dominik. "Wir akzeptieren deinen Entschluss. Aber dieses eine Konzert machst du noch! Als wäre es das letzte in deinem Leben." Ich wusste, dass er mich durchschaut hatte. Ich musste zustimmen. Ich bin ihm bis heute dankbar für seine fürsorgliche Tat. Mittlerweile liegt das alles fast sieben Jahre zurück und ich bin wesentlich ruhiger geworden. Im Gegensatz zu damals geradezu blasphemisch entspannt.

{image}Wie sehen die letzten Minuten vor einem Konzert bei euch aus?

Julian: Ich laufe auf und ab, stolpere über jedes Kabel. Wir gehen noch mal in uns. Es gibt eine Umarmung, wir labern nur Scheiße und gehen gemeinsam raus.

Wie seid ihr zu tapeterecords gekommen?

Julian: Über das Internet, tata! Wir hatten ganz klassisch Songs auf der Internetblase-"Ich platz gleich"-Plattform Vitaminic, die natürlich schon lange nicht mehr existiert, hochgeladen. Tapete hat sich den Scheiß tatsächlich reingezogen und bot uns einen Vertrag an. Wir waren zunächst skeptisch. Doch es war die beste Entscheidung, die wir hatten treffen können.

Dieses Jahr kam euer drittes Album Montag raus, 4 Jahre nach der Veröffentlichung von Sender. Wie kam es dazu, dass an diesem Album so lange gearbeitet wurde?

{image}Julian: Das Album entstand in einer verdammt wichtigen Zeit für mich. Ich hatte mich von einer bedeutsamen Beziehung getrennt. Wir haben gut zusammengepasst, aber alles was um uns herum passierte, wurde zur Belastung. Nach der Trennung war ich leer, merkte, dass ich eine Auszeit brauchte. Meine Mutter trat mir in den Arsch und ich fuhr mit Sack und Pack in ein Haus in Italien. Nach einem halben Jahr hatte ich sicherlich über die Hälfte der Songs von Montag geschrieben. Alle in einer Art Reflexionsmarathon. Mein Opa starb, ich musste zurück. Leider bin ich dann Hals über Kopf in eine Liebesbeziehung gerutscht, die nach einem halben Jahr in einer Katastrophe endete. Ich dachte, dass ich mein Herz für immer an den Nagel hängen könnte. Kein Wunder. Dieses Album geht jede dieser für mich essentiellen Einsichten wie in einem stringenten Fahrplan nach. Spannt so eine Art Erkenntnisbogen. Am Anfang noch voller Tatendrang, zum Ende hin elegisch, entspannt, und hinterlässt einen in einer versöhnlichen Leere. Das klingt jetzt so, als wäre das Album ein einziger Aufschrei und ich würde mich da komplett ausziehen. Das ist ganz und gar nicht der Fall. Es enttarnt viel mehr einzelne wichtige Einsichten. Zum Beispiel in dem Stück Was wir sagen, in dem ich darüber nachdenke, wie sehr man sich an Worten festhalten kann. Oder Part2, das eine Generalabhandlung über den Zufall ist. Jeder, der anmerkt, es gäbe doch noch andere Themen für ein Album außer "Liebe und Verlassenwerden", dem gebe ich Recht! Gleichzeitig verweise ich ihn aber auf eine Sendung, die spät in der Nacht durch die Privatkanäle spukt: Ein 3D-animierter Hase zieht aus einem Baum Briefe und liest SMS-Nachrichten mit einer absurden Computerstimme vor. Die Leute zahlen 1,50€, um ihrem Schatz dumpfe Liebeserklärungen zu machen. Noch Fragen?

{image}Ihr habt einen Song von Udo Jürgens gecovert. Warum gerade ein Lied von ihm, und warum dieses?

Julian: 1000 Jahre sind ein Tag war die Titelmelodie einer Zeichentrickserie mit dem Namen Es war einmal der Mensch. Die immer gleichen Charaktere mit langen Bärten und dicken Nasen erklären die Weltgeschichte von den Dinosauriern bis in die Neuzeit. Die ersten Zeilen "Weißt Du, wieviel Sterne stehen und wohin die Flüsse gehen? Sag warum der Regen fällt, wo ist das Ende dieser Welt?" haben mich nie wirklich losgelassen. Ganz davon abgesehen, dass ich Udo Jürgens als Solokünstler grandios finde, muss man immer wieder feststellen, dass er unterschätzt wird. Viele haben Schlager im Ohr und irgendwie taucht auch vor dem inneren Auge der Musikantenstadel mit Konsorten auf. Udo hatte mit denen überhaupt nichts am Hut, schrieb ziemlich zeitkritische Texte. Und gerade dieser Text ist doch recht ungewöhnlich für eine Zeichentrickserie. Ich könnte mir vorstellen, dass er von der Kritik der Studenten an den Hornbrillen-Politikern geprägt wurde und auch etwas dazu sagen wollte. Die sind jung, stellen Fragen, aber irgendwann seid ihr alt und abgesetzt und das geht schneller als ihr denkt. 1000 Jahre sind ein Tag eben. Ich versuchte mich fast über 5 Jahre an dem Stück, da es einen ziemlich komplizierten und unbequemen Aufbau hat, und im Laufe der Zeit wuchs mir das Stück immer mehr ans Herz. Ich habe heute überhaupt nicht mehr das Gefühl, einen Song zu covern. Und habe dahingehend auch keine Ambitionen in der Zukunft.

Welches sind eure weiteren Ziele? Was möchtet ihr gerne noch erreichen?

{image}Julian: Wir sind eigentlich glücklich so, wie es im Moment ist. Wir machen Musik zusammen mit den Leuten, die uns wichtig sind, und dann noch in so einer großartigen Familie wie der von tapeterecords. An der Seite von Dirk Darmstaedter, Bernd Begemann, Niels Frevert und Kolkhorst. Ich kann jedem nur das "Boot Boo Hook"-Festival in Hannover empfehlen: Die Entspannung und großartige Atmosphäre, die sich durch den Zusammenhalt verbreitet, ist einmalig. Wir können uns nur beschenkt fühlen. Nicht zuletzt durch unsere sagenhaften Fans!

Mit welchen Bands möchtet ihr gerne mal auf Tour gehen und warum?

Julian: Ich würde gerne mit Mika auf Tour gehen, ein paar Bierchen mit ihm trinken und in seinen spannenden Kopf gucken.

Vielen Dank, dass du dir für dieses Interview die Zeit genommen hast!

Ich habe zu danken! Grüße gehen an meine Mum und an alle, die auch mal drei Stunden ein Rinderfilet in der Röhre hatten. Schmeckt scheiße…!

Alles zum Thema:

montag