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Hania Rani (live in Frankfurt, 2023) © Leonard Kötters

Beim Konzert der polnischen Pianistin, Komponistin und Sängerin Hania Rani erleben die Zuschauer bei "Summer in the City" im Palmengarten Frankfurt, einen einfühlsamen, künstlerisch wertvollen Auftritt.

Die fehlende Wand des Arbeitszimmers

Völlig unprätentiös betritt Hania Rani die Bühne. Es ist eine halbe Stunde später als angekündigt. Ohne Umschweife und große Gesten begibt sie sich an ihren Arbeitsplatz, gebaut aus zwei Klavieren und einem größeren Keyboard, die im 90 Grad Winkel zueinanderstehen und ein offenes Rechteck ergeben.

Wer genauer hinschaut, entdeckt noch viele Mikrofone, einen Computer, noch ein weiteres Keyboard auf einem der Klaviere. Es ist die geordnete Unordnung. Und auch der Begriff "Keyboard" trifft es natürlich nicht richtig. Es sind Takt- & Impulsgeber. Es werden Midibefehle gesendet. Es wird geloopt. Es ist ein kreativer Ort auf der Bühne, der einem kleinen Arbeitszimmer mit 3 Wänden gleicht. Die punktuelle Beleuchtung unterstreichen den Anschein von Schreibtischleuchten in intimer Atmosphäre.

Die fehlende Wand ermöglicht dem Publikum der Künstlerin bei ihrem Schaffen teilzuhaben. Und der ausverkaufte Palmengarten schaut ihr die ersten langen Minuten sprichwörtlich über die Schulter, denn Hani Rani steht mit dem Rücken zum Publikum. Ihr Rücken ist die fehlende Wand und diese wird im Laufe des Abends abgebaut und der Raum öffnet sich.

Energie bricht sich ihren Weg

Nach einer guten halben Stunde ist die Künstlerin völlig in ihrem Element, hat sich freigespielt und nach der ersten Pause zwischen den Stücken, brandet tosender Applaus auf die muschelförmige Bühne des Musikpavillons zu.

Die Energie pausiert für einen kurzen Moment auf der Bühne und setzt jedoch sich im Publikum frei. Wirkte das Publikum vorher konzentriert und die vielzitierte fallende Stecknadel wäre hörbar gewesen, ist die Stimmung zwischen Hania Rani und den Menschen vor der Bühne nun endgültig gelöst. Die ersten Sätze werden gesprochen, es wird gelacht.

Das Ringen ums Licht

Das Publikum hat schon jetzt einen festen Platz in ihrem Herzen, denn sie bittet die Verspätung zu entschuldigen. Im Vorfeld hätten sich viele Menschen große Mühe gegeben, um mit den Mitteln der Technik, neben der Akustik auch mit den Scheinwerfern die Musik weiter zu transportieren, und dieser Mühe wollte sie mit einem späteren Beginn Rechnung tragen, in dem sie der Dämmerung eine Chance geben wollte.

Und so hüllt sich ganz langsam ihr kleines Arbeitszimmer in Dunkelheit und wird nun von innen erleuchtet.

Weltoffen und naturverbunden

Ihre Musik und das stimmige visuelle Konzept gehen an diesem Abend Hand in Hand. Reisend, weltoffen und geerdet sowie naturverbunden. Immer mit einem Hauch von Schwere und Dunkelheit gepaart. Eine Künstlerin, die viel auf Reisen ist und sich scheinbar in der Natur zu Hause fühlt.

So spielt Hania Rani trotz vieler Konzerttourneen, dank des wunderbar kuratierten Sommerprogramms des Mousonturms, das erste Mal in der Großstadt Frankfurt und erfreut sich zugleich daran, dass sich das Publikum eingebettet in viel Grün im Halbrund des Palmengartens befindet.

Nach einer Reise mit den Stücken aus ihren ersten beiden Alben "Esja" und "Home", einigen Werken aus ihren Filmkompositionen und mit "Don ́t break my heart" sogar einem bisher unveröffentlichten, neuen Stück, beendet sie nach etwa 90 Minuten ihr reguläres Programm.

Die Reise der Fledermäuse

Das Publikum akzeptiert das vorläufige Ende jedoch nicht und verleiht seinem Verlangen nach einer Zugabe deutlich Ausdruck und die Protagonistin des Abends spielt zugleich hinreißende fragil wirkende Stücke als Zugabe.

Erst als die Fledermäuse erwachen und ihre nächtliche Reise beginnen, endet ein künstlerisch wertvolles Konzert einer feinfühligen Musikerin, die mit "Ghosts" ihr neues Album angekündigt hat und damit die Hoffnung entfacht, dass sie diese Veröffentlichung erneut nach Frankfurt führt

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