Björk (2020)

Björk (2020) © Santiago Felipe

Streicher sind in der Musik von Björk nichts vollkommen Neues. Auf der Berliner Waldbühne beweist die Isländerin, dass sie auch in einem solchen Gewand zu den spannenderen Künstlerinnen zählt. Ob ein großes Amphitheater für einen relativ intimen Auftritt der richtige Ort ist, darf jedoch guten Gewissens hinterfragt werden.

Einfach war Björk noch nie. Gerade dadurch hat sie sich in den vergangenen Jahrzehnten jedoch die Reputation einer der interessantesten Künstlerinnen am Musikhimmel erarbeitet. Leicht machen möchte es die Isländerin ihren Fans auch im Rahmen ihrer mit zwei Jahren Verspätung nachgeholten, aktuellen Konzerte nicht – obwohl die gesamte Inszenierung ihres einzigen Deutschlandauftrittes auf der Berliner Waldbühne sehr viel simpler daherkommt, als man es von Björk gewohnt ist.

Reduktion ist das Motto eines heißen Juniabends in der Bundeshauptstadt: Wo die Sängerin sonst gerne auf visuell Opulentes setzt, gibt sie sich trotz ihres einmal mehr ausgefallenen Kostüms derzeit bewusst zurückhaltend und bittet die Fans bereits vor der Show, auf Handyfotos und -videos zu verzichten. Beim Berliner Konzert von Björk kommen keine der üblichen Videoleinwände zum Einsatz. Dies sorgt jedoch auch dafür, dass die Zuschauer auf den oberen Rängen des Runds kaum mitverfolgen können, was auf der Bühne so vor sich geht.

The Sound Of Silence

Wahrscheinlich liegt genau hierin die Intention dieser Auftritte. Das Publikum soll sich rein auf die Klangkulisse konzentrieren, die das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (RSB) unter der Leitung von Bjarni Fríman Bjarnason auftischt. Die "Orkestral" – so der Name der aktuellen Tournee – arrangierten Songs wirken weicher, leiser und noch intimer als ihren ursprünglichen Fassungen. Dadurch entsteht ein interessanter Kontrast zu den mitunter schmerzhaften Texten gerade des im Set sehr präsenten 2015er Album "Vulnicura", auf dem sie die Trennung von Regisseur Matthew Barney verarbeitet hat.

Wie bereits auf der visuellen Ebene, kommt jedoch leider der Sound nicht im gesamten Amphitheater gleichmäßig an. Als Folge gehen sowohl die sanften Streicherklänge als auch Björks sirenenartiger Gesang mit dem markanten "r"-Laut mancherorts geradezu unter – speziell wenn der sicherlich gut gemeinte, aber teils völlig deplatzierte Jubel an einigen dezent gehaltenen Stellen einsetzt.

Gespaltene Reaktionen

In diesen Momenten zeigt sich dann auch, wie unterschiedlich das Konzert seitens des Publikums wahrgenommen wird: Hier der tosende Applaus der Massen, dort wiederum etliche Zuschauer, die die Aufführung vorzeitig verlassen, weil sie entweder nicht genug von dem Auftritt mitbekommen oder dem Ganzen generell nur wenig abgewinnen können.

All diejenigen, die es bis zum letzten Stück des Abends auf ihren Sitzen gehalten hat, werden von Björk vor der finalen Zugabe "Pluto" schließlich zum Tanzen aufgefordert. So ganz mag dieser Aufruf jedoch nicht zum Konzept des Abends passen, fehlen im Sinfonieorchester doch die gerade bei dieser Nummer so präsenten, treibenden elektronischen Beats und perkussiven Elemente. Vielleicht muss die Auflösung eines über weite Strecken melancholischen Auftrittes jedoch auch genauso funktionieren.

Setlist

Stonemilker / Aurora / Come To Me / Lionsong / I’ve Seen It All / History Of Touches / Black Lake / You’ve Been Flirting Again / Isobel / Hyperballad / Jóga / Quicksand / Bachelorette // Overture / Pluto

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